Mysteriöses Objekt vor Stockholms Küste Das Rätsel um das Unterwasser-Motorrad
Viel ist es nicht, was auf dem Foto zu sehen ist. Das verschwommene Bild, veröffentlicht vom schwedischen Verteidigungsministerium, zeigt einen schwarzen Punkt auf dem Wasser, darunter eine weiße Linie. Sie wirkt wie eine Bugwelle oder ein Bootskörper, könnte aber auch etwas ganz anderes sein. Bemerkenswert ist die Interpretation von Anders Grenstad, immerhin Konteradmiral der schwedischen Marine. "Das ist ein fremdes Schiff", sagte er am Sonntag. Es könne ein U-Boot oder ein kleines U-Boot sein. Oder auch "Taucher, die ein motorradähnliches Unterwasserfahrzeug benutzen".
Ein Unterwasser-Motorrad? Möglicherweise wollte Grenstads einen Tauchscooter umschreiben. Solche Gefährte, auf Englisch auch "Diver Propulsion Vehicle" (DPV) genannt, finden unter Wasser breite Anwendung. Kleine Versionen von rund einem halben Meter Länge erleichtern Sport- und Forschungstauchern das Fortkommen. Im Grunde handelt es sich dabei um einen Elektromotor in wasserdichtem Gehäuse, der einen Propeller antreibt und den Taucher hinter sich herzieht.
Unterwassertaxi für Elitesoldaten
Beim Militär kommen auch größere DPV zum Einsatz. Schon im Zweiten Weltkrieg experimentierten die britischen und italienischen Streitkräfte mit bemannten Torpedos, in denen Taucher Platz nehmen konnten. In den darauffolgenden Jahrzehnten wurden die winzigen Unterwasserfahrzeuge - die unter anderem beliebte Requisiten in James-Bond-Filmen und diversen Hollywood-Actionstreifen waren - immer ausgefeilter.
Mini-U-Boote: Unterwasser-Taxis für Elitesoldaten
An der Grenze zwischen Unterwasserscooter und Mini-U-Boot bewegen sich die sogenannten Swimmer Delivery Vehicles (SDV), mit denen Spezialeinheiten unbemerkt ans Ufer gelangen können. Die Elitesoldaten der US-amerikanischen Navy Seals und des britischen Special Boat Service etwa verwenden ein SDV, das vier Taucher maximal zehn Kilometer weit tragen kann. Das Gefährt hat keine Druckkammer, die Taucher sitzen im Wasser und atmen mit Hilfe des bordeigenen Systems, um ihre eigenen Luftvorräte während der Fahrt nicht zu verbrauchen.
Noch einmal eine Nummer größer ist das "Advanced SEAL Delivery System" (ASDS), bei dem es sich bereits um ein kleines U-Boot handelt. In seinem 20 Meter langen Rumpf finden bis zu 16 Soldaten Platz. Sowohl die ASDS der US-Marine als auch die kleineren SDV gelangen huckepack auf größeren U-Booten an ihr Ziel. Ebenfalls aus den USA kommt das "Multi-Role Combat Craft" (MRCC) der Firma Stidd Systems, das sowohl über die Wasseroberfläche gleiten als auch tauchen kann.
Waren es die Niederländer?
Über Mini-U-Boote verfügen auch die Russen, die hinter dem mysteriösen Vorfall in Schweden vermutet werden. Die Tauchboote "Triton-1" und "Triton-2" stehen seit Mitte der Siebzigerjahre in Diensten der sowjetischen und heute der russischen Marine. Vom Zwei-Mann-Boot "Triton-1", fünf Meter lang und 1,40 Meter im Durchmesser, sollen 32 Stück gebaut worden sein. Vom neuneinhalb Meter langen "Triton-2", das sechs Männer aufnehmen kann, soll es 13 Exemplare geben.
Die beiden Bootstypen waren noch 2003 in einem Katalog von Rosoboronexport zu sehen, der russischen Staatsagentur für Rüstungsexporte. Demzufolge hat "Triton-1" eine Reichweite von 65 und "Triton-2" eine Reichweite von 110 Kilometern.
Sollte es sich bei dem Objekt, das in schwedischen Gewässern gesichtet wurde, also wirklich um ein solches Mini-U-Boot handeln, müsste es von einem größeren U-Boot zuvor in Küstennähe gebracht worden sein. Möglicherweise aber waren es auch gar nicht die Russen.
Glaubt man dem russischen Verteidigungsministerium, stecken die Niederländer hinter dem Vorfall: Das mysteriöse Ding auf dem Wasser soll die HNLMS "Bruinvis" sein, die inzwischen in den Hafen der estnischen Hauptstadt Tallinn eingelaufen sei. Allerdings müsste man sich dann von der Theorie vom Mini-U-Boot verabschieden: Die "Bruinvis" ist ein 68 Meter langes Jagd-U-Boot mit einer Verdrängung von gut 2400 Tonnen.