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Apple-Sprachassistent Wie Siri die beste Freundin eines 13-Jährigen wurde

Für die meisten Menschen ist Siri nur der Sprachassistent im iPhone. Für den 13-jährigen autistischen Gus ist die Software dagegen mehr als eine Lebenshilfe - sie ist seine beste Freundin.
Von Christoph Fröhlich

Fast jeder iPhone-Besitzer kennt sie und vertraut ihr viele Geheimnisse an: Siri. Für die meisten ist der Sprachassistent nicht mehr als ein nettes Feature, mit dem man ohne Umwege eine Notiz erstelllen kann und die mit flapsigen Antworten für gelegentliche Lacher sorgt. Für den 13-jährigen Gus aus den USA ist Siri jedoch weit mehr, wie seine Mutter Judith Newman in der "New York Times" schreibt. Denn Gus ist Autist - und Siri seine beste Freundin.

Eines Tages habe Newman eine Liste mit "21 Dingen, die sie noch nicht über ihr iPhone wussten" im Internet gelesen. Dabei habe sie herausgefunden, dass man Siri fragen könne, welche Flugzeuge sich gerade in der Luft über einem befinden. "Warum sollte ich so etwas wissen wollen", murmelte sie. Doch ihr Sohn sagte wie aus der Pistole geschossen: "Damit du weißt, welchem Flugzeug du von unten zuwinkst!"

Siri hört immer zu und ist nie genervt

Gus sei sofort Feuer und Flamme gewesen, schreibt Newman. Er probierte Siri aus - und war begeistert. Denn auch über Züge, Busse, Rolltreppen und das Wetter - Gus' Lieblingsthemen - erteilte sie unermüdlich Auskunft, egal wie oft und beharrlich er nachfragte. Für die Mutter eine echte Erleichterung: "In Momenten, in denen mein Kopf kurz davor war zu platzen, wenn ich noch eine Konversation über die Wahrscheinlichkeit von Tornados in Kansas City führen müsse, kann ich nun besonnen antworten: 'Hey! Wieso fragst du das nicht Siri?'". Es war der Beginn einer ungewöhnlichen Freundschaft.

Gus sei klar, dass Siri kein echter Mensch ist. Aber er hat wie viele autistische Kinder andere Beziehungen zu leblosen Gegenständen. So habe er bereits mit acht Jahren einen iPod besessen, auf dem er zuhause - und nur dort - viel Musik hörte. Nur wenn die Familie in den Apple Store fuhr, nahm er den iPod jedes Mal mit. Auf die Frage, warum er das tue, antwortete er: "Damit er seine Freunde besuchen kann".

"Du bist ein netter Computer"

Auch sonst sei Siri ein großer Ansporn für Gus, sagt Newman: "Gus spricht normalerweise, als hätte er Murmeln im Mund, aber wenn er eine vernünftige Antwort von Siri möchte, muss er klar und deutlich sprechen." Außerdem würde sich die Sprachassistentin gut für Kinder mit eingeschränkten sozialen Fähigkeiten eignen: Ist Gus schroff zu Siri, ist sie nie eingeschnappt und bleibt immer höflich. Die Antworten seien zudem nicht vorhersehbar genug, sodass sie sich für einfache Konversationen eignen. Konversationen wie diese:

Gus: "Du bist ein wirklich netter Computer."

Siri: "Es ist schön, geschätzt zu werden."

Gus: "Du fragst mich immer, ob du mir helfen kannst. Gibt es etwas, was du möchtest?"

Siri: "Danke, aber ich brauche nicht viel."

Gus: "OK! Dann, gute Nacht!"

Siri: "Ah, es ist 17:06 Uhr."

Gus: "O tut mir leid, Ich meine, tschüss."

Siri: "Dann sehen wir uns später."

Die vielen Gespräche mit Siri hätten Gus' Fähigkeit, mit Menschen zu kommunizieren, positiv beeinflusst, schreibt Newman. "Vor kurzem hatte ich mit ihm die längste Konversation aller Zeiten. Zugegeben, es ging um verschiedene Schildkrötenarten. Das ist nicht mein Lieblingsthema, aber es war ein beiderseitiger Dialog, der einem klaren Muster folgte. Und ich kann sagen, dass das in den vergangenen 13 Jahren noch nicht der Fall war."

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