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Ist das Teilen eines Netflix-Zugangs illegal?

Wirtschafts- und Finanzredakteur
Bob Odenkirk als Saul Goodman in der Netflix-Serie „Better Call Saul“ Bob Odenkirk als Saul Goodman in der Netflix-Serie „Better Call Saul“
Bob Odenkirk als Saul Goodman in der Netflix-Serie „Better Call Saul“
Quelle: Ursula Coyote for Netflix,Inc.
Warum Geld für ein eigenes Streaming-Abo ausgeben, wenn man sich den Zugang auch mit Freunden teilen kann? Bislang tolerieren die Anbieter diese „Share Economy“. Aber das dürfte sich ändern.

Worum geht es

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Die Diskussion nimmt einen unerwarteten Verlauf: Da fragt ein Nutzer in einem Internetforum, ob jemand einen Netflix-Zugang mit ihm teilen möchte. Er wolle das Passwort für den Streamingdienst aus den Vereinigten Staaten nicht einmal umsonst, sondern werde seinen Anteil an dem Abonnement bezahlen. Ein paar Interessenten finden sich schnell.

Doch noch mehr erntet der Fragesteller wüste Beschimpfungen. Vor allem eine gewisse „laura90x“ kann kaum noch an sich halten: „Der gesunde Menschenverstand sollte eigentlich jedem sagen, dass Klauen nicht okay ist. Trotzdem streamen und downloaden die Leute fröhlich weiter.“

Meiner Ansicht nach verstößt man nicht gegen die AGB, wenn man sein Passwort an Freunde oder Familienmitglieder weitergibt
Christian Solmecke, Rechtsanwalt

Menschen teilen sich heutzutage nicht nur reale Güter, wie Autos und Wohnungen. Auch in der virtuellen Welt greift die „Share Economy“ immer weiter um sich. Viele der Digital-Abos, für die mit exklusiven Serien und Filmen geworben wird, lassen sich gemeinsam nutzen. Man muss nur das Passwort kennen. Doch ist das wirklich Diebstahl?

Die Zahl der Fremdgucker ist mittlerweile groß. Eine Internetumfrage in Großbritannien ergab vor Kurzem, dass jeder vierte Internetkonsument einen seiner digitalen Verträge teilt. 50 Prozent davon nannten Netflix, bekannt durch Serien wie „House of Cards“ oder „Better Call Saul“ und seit einem Jahr auch auf dem deutschen Markt vertreten.

Jeder Fünfte guckt gratis zu

Der Videodienst von Amazon wird immerhin von 13 Prozent gemeinsam genutzt. Analysten der US-Bank Citigroup rechneten aus, dass in den Vereinigten Staaten zu den 46 Millionen zahlenden Netflix-Nutzern noch einmal 54 Millionen Menschen kommen, die selbst keinen Vertrag unterschrieben haben, aber trotzdem die Filme und Serien schauen. Das können Familienmitglieder, Freunde, Freunde von Freunden, Nachbarn oder auch Ex-Partner sein.

Gerade bei jungen Menschen ist die Scheu gering, sich unter falschem Namen kostenpflichtige Filme aus dem Internet zu ziehen und die Rechnung anderen zu überlassen. Laut einer Erhebung der US-Beratungsgesellschaft Parks Associates konsumiert in der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen bereits jeder Fünfte digitale Medien in der Kostenlos-Variante.

Die Regeln sind von Anbieter zu Anbieter verschieden
Die Regeln sind von Anbieter zu Anbieter verschieden

„Der Austausch von Zugangsdaten ist in der vernetzten Welt zu einer beliebten Form der Piraterie geworden“, schreiben die Experten. Unternehmen schenkten dem zu wenig Beachtung. Dabei gehe es um viel Geld: Die entgangenen Einnahmen für die Streamingdienste schätzen sie für 2015 weltweit auf eine halbe Milliarde Dollar.

Doch statt sich zu wehren, fördern viele Dienste den Gedanken des Teilens sogar noch. Bei dem Videoportal von Amazon beispielsweise können zwei Nutzer zeitgleich im Internet fernsehen. Bei der zum Vivendi-Konzern gehörenden Watchever-Plattform sind es drei, bei Netflix sogar bis zu vier. Bei Maxdome und Sky funktioniert dies dagegen nicht bei zwei Geräten zur gleichen Zeit.

Netflix bietet ein Jahr bezahlte Elternzeit

Kostenloses Essen, Massagen und ein Fitnessstudio auf dem Firmengelände – nichts außergewöhnliches bei den Tech-Konzernen im Silicon Valley. Um Mitarbeiter zu binden, geht der Netflix jetzt noch weiter.

Quelle: N24

Wer zum Kreis der Mitnutzer gehören darf, wird von einigen Unternehmen bewusst schwammig gehalten. Gerne wird der Begriff „Familie“ verwendet. „Netflix ist ein Videostreaming-Service für Familien und bietet unterschiedliche Abonnements an, damit Familien den Account innerhalb ihres Haushalts teilen können“, so Netflix auf Anfrage.

Kein explizites Verbot erkennbar

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Auf der eigenen Internetseite nimmt es das Unternehmen mit dem Familienbegriff nicht so genau. Als Erklärung für eine Fehlermeldung ist dort zu lesen: „Wenn Sie Ihr Netflix-Konto mit Freunden und Familienmitgliedern teilen, kann es sein, dass diese auch gerade Netflix nutzen, wenn Sie einen Titel ansehen möchten.“ Also sind Freunde auch willkommen.

Ein Blick in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ist zwar bei jedem Anbieter geboten, bringt den juristischen Laien aber nicht unbedingt weiter. Auch dies zeigt das Beispiel der Amerikaner. In deren AGB steht: „Der Kontoinhaber (...) sollte das Passwort niemand anderem zugänglich machen, um die exklusive Kontrolle zu behalten.“

Für einen Normalverbraucher klingt das nach einem Verbot. Der auf Internetrecht spezialisierte Rechtsanwalt Christian Solmecke sieht das anders: „Ein explizites Verbot, das Passwort an Dritte weiterzugeben, ist hier nicht erkennbar, sodass man meiner Ansicht nach nicht gegen die AGB verstößt, wenn man sein Passwort an Freunde oder Familienmitglieder weitergibt.“

Grundsätzlich gilt bei allen Diensten, dass die Sache im privaten Rahmen bleiben muss. So heißt es in den AGB an anderer Stelle: „Der Netflix-Dienst und sämtliche Inhalte, die über den Dienst angesehen werden, stehen ausschließlich für Ihre persönliche und nicht-kommerzielle Nutzung zur Verfügung“.

Bei dem Bezahlanbieter Sky, der mit Sky Go neben Filmen und Serien auch Live-Sport auf Abruf anbietet, lassen die AGB weniger Spielraum. Zwar können vier Endgeräte gleichzeitig registriert werden. Doch an anderer Stelle heißt es: „Die Nutzung der Dienste auf einem Endgerät schließt die gleichzeitige Nutzung auf einem anderen Endgerät aus.“ Hier müssten Mehrfachnutzer ihre Sehwünsche also gut abstimmen. Gleiches gilt für den kleinen Bruder Sky Snap.

Außerdem, so steht es weiter in den AGB, dürfe der Kunde seine Daten „ausschließlich zum Haushalt“ gehörenden Personen zur Verfügung stellen. Die Konsequenz aus Sky-Sicht: „Werden die Daten darüber hinaus weitergegeben, verstößt der Kunde gegen die AGB. Entsprechende Verstöße werden unsererseits nicht toleriert“, teilte man mit. Sie berechtigten Sky, eine Vertragsstrafe zu erheben.

Der Abonnent haftet

Gedroht wird mit maximal dem Doppelten der jährlichen Abonnementgebühr. Da es Sky Go nur in Verbindung mit einem Pay-TV-Abo gibt, das in der günstigsten Variante knapp 240 Euro pro Jahr kostet, liegt die Strafe bei mindestens 480 Euro. Ob eine solche Strafe bereits erhoben wurde und wie das Unternehmen einzelne Verstöße überhaupt feststellen will, verrät Sky nicht.

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Bei Watchever oder auch Maxdome gibt man sich beim Thema „Account Sharing“ entspannter. Wer dort im Callcenter anruft, erhält die lapidare Antwort, dass jeder wissen müsse, wie er mit seinen persönlichen Zugangsdaten umgehe. Aktiv zum Teilen der Zugangsdaten rufe man natürlich nicht auf.

Vieles bewegt sich in Zusammenhang mit Streaming-Diensten bislang in einem rechtlichen Graubereich. „Man kann Account-Sharing nicht grundsätzlich freizeichnen“, sagt Barbara Rudnick, Fachanwältin für IT-Recht. Schließlich nehme jemand eine Leistung in Anspruch, die er nicht bezahlt habe.

Bei der rechtlichen Beurteilung ist ein zentraler Punkt, ob durch die Weitergabe des Passworts Urheberrechte verletzt werden. „Das ist in Zusammenhang mit dem Streaming, also der gleichzeitigen Übertragung und Wiedergabe von Video- oder Audiodaten, noch nicht höchstrichterlich geklärt“, sagt Rudnick.

Anbieter können oder wollen Verstöße bislang offenbar nicht verfolgen. Rechtsanwalt Solmecke kennt keine Fälle, in denen ein Anbieter rechtlich gegen Account-Sharing vorgegangen ist. Er macht aber klar, wen es im Fall der Fälle treffen würde: „Es wird immer derjenige zur Rechenschaft gezogen, der den Vertrag mit dem Anbieter geschlossen hat, also der Account-Inhaber.“ Und nicht der Nutzer des fremden Passwortes.

Unerwünschte Nutzer herausfiltern

Der Anreiz der Unternehmen, wissen zu wollen, wie viele Menschen den gleichen Zugang nutzen, ist aus einem weiteren Grund wenig ausgeprägt. Zunächst gilt es für die jungen Streaming-Dienste, die Leute für ihr Produkt zu gewinnen. Der Verdrängungswettbewerb läuft. Die entgangenen Einnahmen durch Kostenlosgucker dürften unter Marketingausgaben laufen. Für strengere Kontrollen ist später immer noch Zeit.

Es gibt jedoch bereits technische Ansätze, um unerwünschte Nutzer herauszufiltern. KeyTrac, ein Zehn-Mann-Unternehmen aus Regensburg, will anhand des Tippverhaltens jenen Anwender erkennen, der tatsächlich bezahlt hat. „Es gibt ein eingeschliffenes Verhalten, das man beim Tippen nicht verändert“, sagt Geschäftsführer Thomas Wölfl.

So ruhe ein Finger etwa beim Eingeben des Passwortes oft noch auf einem Buchstaben, während ein anderer bereits den nächsten Buchstaben drücke. „Für die Eingabe eines Namens sind diese minimalen Verzögerungen beim Loslassen nicht interessant. Für uns schon.“

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