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Diesel: Wer bezahlt die Nachrüstung?

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Ein Kfz-Mechaniker montiert einen Diesel-Rußpartikelfilter an ein Dieselmodell. Dieser Filter sollte idealerweise mit einem SCR-Katalysator ergänzt werden, damit die Abgase nahezu vollständig gereinigt werden können.
Ein Kfz-Mechaniker montiert einen Diesel-Rußpartikelfilter an ein Dieselmodell. Dieser Filter sollte idealerweise mit einem SCR-Katalysator ergänzt werden, damit die Abgase nahezu vollständig gereinigt werden können. © Ulrich Baumgarten (Ulrich Baumgarten)

Abgasreinigungssysteme für schmutzige Diesel können auch nachträglich in Autos gebaut werden – der ADAC hat das vor wenigen Tagen belegt. Auch die Deutsche Umwelthilfe hatte das nachgewiesen. Wie groß ist der Aufwand und welche Dieselmodelle kommen in Frage?

„Die Technik ist da, und sie funktioniert.“ Auf diese Formel bringt Piero Scazzi vom ADAC die Tests des Automobilklubs mit Nachrüst-Systemen für die Abgasreinigung älterer Dieselmodelle. Der ADAC hatte in der Praxis nachgewiesen, dass es möglich ist, ältere der Abgasnormen Euro 5 mit einem wirksamen Abgasreinigungssystem, einem SCR-Katalysator mit Ammoniak-Einspritzung (AdBlue), nachzurüsten. So könnte die Stickoxid-Belastung in Städten um durchschnittlich 25 Prozent gesenkt werden. Waren ursprünglich Kosten zwischen 1500 und 3300 Euro pro Nachrüstung im Gespräch, hält Scazzi einen Betrag zwischen 2000 und 3000 Euro für wahrscheinlicher. Allein für die 9 Millionen auf unseren Straßen rollenden Diesel mit Euro 5-Norm wären das 18 Milliarden Euro.

Sowohl Automobilklub als auch Umweltbundesamt und Deutsche Umwelthilfe fordern, bei den Nachrüstkosten die Hersteller in die Pflicht zu nehmen. Die Kosten dürften nicht beim Verbraucher hängenbleiben. „Hier muss es eine klare und rechtskräftige Nachrüstlinie geben“, sagte Cornelius Blanke vom ADAC im Gespräch mit dieser Zeitung. Das werde allerdings nicht schnell gehen. Zunächst sind juristische Fragen zu klären. Die Autohersteller müssen mitspielen, entweder selbst Nachrüstsätze anbieten oder Partnern die benötigten Daten für alle in Frage kommende Modelle zur Verfügung stellen. Viele Hersteller hatten bislang an der Machbarkeit einer Nachrüstung gezweifelt und das Fehlen von Langzeitstudien bemängelt.

Vier Testwagen

Der ADAC hatte testweise vier Fahrzeuge mit einem SCR-System zur Reduktion von Stickoxiden in Abgasen ausgestattet: einen Opel Astra mit 1,7 Litern Hubraum, einen Mercedes B 180 CDI, einen VW T5 2,0 TDI und einen Fiat Ducato mit 2,3 Liter Hubraum. „Wir wollten verschiedene Hubraumklassen testen und mit den größeren Modellen zum Beispiel Handwerkern zeigen, dass sie von der Nachrüstung profitieren können“, sagte Scazzi. Die Laufleistungen der Testwagen lagen zwischen 20 000 und 95 000 Kilometern, ihr Alter zwischen einem und fünf Jahren.

Ein SCR-Katalysator wird wie ein Dreiwegkatalysator für den Benziner verbaut. Er hat eine Beschichtung mit Titandioxid oder Vanadiumpentoxid. Durch Einspritzen ammoniakhaltigen Harnstoffs (AdBlue) werden aus Stickoxiden Wasser und Stickstoff. Mit diesem System konnte der ADAC den Ausstoß von NOX innerorts um bis zu 70, außerorts um bis zu 88 Prozent reduzieren. Zum Vergleich: Das Software-Update, das die Autohersteller als Alternative anbieten wollen, soll eine Verringerung von etwa 25 bis 30 Prozent bringen. Der ADAC prüfte bei den umgebauten Testmodellen auch Verbrauch und Fahrleistungen. Nur beim Verbrauch stellten die Tester Veränderungen fest. Demnach schluckten die Modelle zwischen einem und sechs Prozent mehr Kraftstoff – „das ist für mich überschaubar“, urteilt ADAC-Mann Scazzi.

Für alle machbar

Der Verbrauch des harnstoffhaltigen AdBlue habe bei 1,5 bis 2,8 Litern auf 1000 Kilometern gelegen. „Soviel ist notwendig, um die gemessenen Werte zu erreichen.“ Die Tanks seien entsprechend dimensioniert worden. Dafür muss dann genügend Platz in jedem umzurüstenden Wagen sein, doch seien die Techniker bei den Testmodellen sehr einfallsreich gewesen. Noch aber gibt es keine fertigen Nachrüstsätze. Und noch fehlen ausreichend Zapfsäulen für AdBlue, „aber auch die werden im Zug der Systemeinfuhr nachgerüstet“, sind sich die ADAC-Experten sicher.

Während die Technik für sauberere Dieselabgase also längst existiert, müssten nun Politik und Autohersteller alle Voraussetzungen für eine schnelle Umsetzung der Nachrüstung schaffen. „Die Hersteller können beim Autofahrer nun verlorengegangenes Vertrauen zurückgewinnen“, sagt ADAC-Mann Cornelius Blanke.

Und was ist mit den älteren Dieseln? „Wir haben noch kein Fahrzeug gefunden, bei dem keine Nachrüstung möglich ist“, sagt Axel Friedrich von der Deutschen Umwelthilfe, die ebenfalls schon Testmodelle mit Abgasreinigung bauen ließ. „Das ist alles eine Frage der Rentabilität.“

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