Im Grenzbereich: Golf GTI, Peugeot 308 GTi und mit dem Renault Mégane R.S

Diese drei Buchstaben haben nicht die Welt verändert. Aber im Straßenuniversum des Autos haben sie für immer breite Profilabdrücke auf den Asphalt gezeichnet. Wer jetzt an GTI denkt, ist schon auf der richtigen Fährte, und wer dazu noch entdeckt hat, dass es keine Bremsspuren sind, sondern die Reste von heißem Gummi als Zeugnis von Übermut beim zu scharfen Beschleunigen, dem liegt der richtige Begriff schon auf der Zunge: VW Golf GTI, ein Typenname, der zu einer neuen Fahrzeugklasse und zum Mythos des Davids im Umfeld der Goliaths wurde, der einst und noch immer die Leichtigkeit des Fahrens symbolisiert, seinen Charakter bewahrt trotz ungeahnter Leistungsspitzen bis etwa 300 PS in der Serienproduktion. Am Anfang war der Golf. Er startete 1974 und war ein Jahrhundertwurf. Für Volkswagen war er der entscheidende Rettungswagen, mit dem die Wolfsburger (durch Audi-Technik und NSU-Wissen) aus der luftgekühlten Heckmotor-Antriebs-Sackgasse gerade noch entkommen konnten. Giorgio Giugiaro von Italdesign hatte das radikal neu definierte Charakterkonzept vorgelegt: vorn quer eingebauter, wassergekühlter Vierzylinder mit Frontantrieb, guter Kofferraum im schrägen Heck mit Klappe. Vier Jahrzehnte später ist es noch immer das passende Layout für den VW Golf und alle seine stärkeren GTI-Derivate. Aus dem erstmals 1976 auf die Straßen rollenden VW-Einzel-David wurde der Klassenkämpfer, der „Kohlenkasten“, wie die F.A.Z. wegen des ungewohnten schwarzen Frontspoilers titelte, und er demokratisierte mit gut 180 km/h Spitze die Überholspur. Sein Konzept aus genialer Schlichtheit plus kalkulierter Auffälligkeit im Detail (roter Rahmen im Kühlergrill, Golfball am Schaltknüppel, breitere Radausschnitte, rotes Karo auf den Sportsitzen, Tacho bis 220 km/h) war wirtschaftlich erfolgreich, gründete nicht nur die GTI-Klasse und fand etliche Nachahmer (XRi, GSi, RS, GT, GTR, TC), sondern befeuerte über Jahrzehnte hinweg den Pulsschlag eines neuen automobilen Lebensgefühls. Leistung und Lebendigkeit beim Fahren wurden wichtiger als Größe, Chrom und Heckflossen. Vielleicht hat GTI doch die Welt ein bisschen verändert. Heute hat Volkswagen sogar zwei Versionen dieser würzigen Dreibuchstabensuppe im Angebot, jedenfalls theoretisch. Die noch etwas schärfere hört auf den Zusatz Performance und verdankt einer überraschenden Wendung derzeit eine Alleinstellung. Weil der Konzern mit der Umstellung auf den neuen Abgasmesszyklus WLTP nicht hinterherkommt, wurde der klassische GTI von der Bestellliste genommen. Allerdings: Auch das Performance-Modell ist zurzeit im Konfigurator nicht aufrufbar. So müssen wir hier von einem Phantom berichten, das es zwar gibt, aber doch nicht gibt. Könnte die Kundschaft einsteigen, erlebte sie im nach klassischem Karomuster und rotem Zierrat eingerichteten Kommandoraum einen Tacho bis 280 km/h, der nur insofern übertrieben ist, als die Elektronik bei 250 km/h einen Riegel vorschiebt. Was bis dahin geboten wird, lässt kaum Wünsche offen. Wer auch immer einsteigt, fühlt sich im Golf wohl, er ist auch in diesem Sinne klassenlos. Dem Performance-Model vorbehalten ist ein mechanisches Sperrdifferential an der Vorderachse. Wer kann, zaubert damit noch mehr Dynamik in Kurven hinein und aus ihnen heraus. Die präzise Lenkung trägt ihren Teil zur Fahrfreude bei, und meist geht dem Piloten der Mut früher aus als dem Auto. Der 245 PS starke 2,0-Liter-Vierzylinder erweist sich als munterer Geselle, der sich von Freunden traditioneller Rührtechnik in sechs knackig per Hand geschalteten Vorwärtsstufen oder über das bequemere 7-Gang-Direktschaltgetriebe sortieren lässt. So oder so verbünden sie sich zu einer fidelen Einheit, die wahlweise von 0 auf 100 km/h in 6,2 Sekunden entfesselt stürmt oder zickenfrei zum Getränkemarkt zockelt, um Kästen mit Apfelsaftschorle im gut zu beladenden Kofferraum aufzunehmen. Das Testprotokoll weist 8,2 Liter Konsum aus, Superbenzin, nicht Apfelsaftschorle. 32.950 Euro ruft Volkswagen für die Basisversion auf, und so es sie denn zu konfigurieren gäbe, wären mit einigen erforderlichen und einigen wünschenswerten Zutaten wohl 40 000 Euro ein aufrichtigerer Orientierungstarif. Man kann sein Geld schlechter anlegen. Der Golf ist auch als GTI einfach „Das Auto“, was Volkswagen werbeseitig als Slogan gestrichen hat, produktseitig aber unverändert stimmt, weshalb es der gute Rest schwer hat, wir ihn aber gleichwohl haben antreten lassen. Gut angelegtes Geld Es ist nicht alles Käse in Frankreich. Trotz der von Charles de Gaulle einst vermuteten Unregierbarkeit des Landes aufgrund von 246 Käsesorten haben Citroën und Peugeot eine veritable GTI-Historie. Besonders die wieder erstarkte Löwenmarke ruht sich nicht auf ihrer Vergangenheit aus. Mit dem jüngst renovierten 308 GTi aus der Peugeot-Sportabteilung sind die Franzosen im Kreis der neuen Kompaktrenner wieder munter dabei. Der Testwagen machte vorn Blau und trug hinten Schwarz, eine von zwei Sonderlackierungen, die es gegen sattes Aufgeld gibt: Beim Testwagen mit einem Grundpreis von 35.350 Euro kam die Kombination auf 1620 Euro, in Verbindung mit Rot sind sogar 1800 Euro fällig. Das ist jeweils gut angelegtes Geld, denn die Zweifarbigkeit reißt den 308 GTi schon auf den ersten Blick aus der unilackierten Phalanx der Gegner heraus, denen er technisch folgt: Auch der 308 GTi ist der Höhepunkt einer durchaus bourgeoisen Baureihe, und seine 1,6-Liter-Maschine wird in diversen Typen eingesetzt. Allerdings kommt sie im GTi mit Unterstützung durch den Twinscroll-Turbolader und einiger innermotorischer Veränderungen auf 272 PS bei hoch angesetzten 6000 Umdrehungen in der Minute. Zwar liegt das beste Drehmoment von 330 Newtonmeter schon bei 1800/min herum, aber richtig böse und bravourös geht es erst jenseits von 4000/min voran. Dann schnellen Drehzahl und Getöse miteinander um die Wette nach oben, und der Fahrer hat alle Hände und Füße damit zu tun, sein rund 1300 Kilo wiegenden Knallerbsen-Untersatz auf Kurs zu halten. Denn Peugeot setzt hier wohl mit Absicht auf ein Fahrverhalten, das den Menschen am ungewöhnlich kleinen und unten stark abgeflachten Volant deutlich in die Führungspflicht nimmt. Beim Beschleunigen unter höherer Last werden die Antriebskräfte auf den überforderten Vorderrädern mitleidlos und direkt in das Volant getragen, es zuckt zum Erbarmen in des Fahrers Händen, und bei Tempoaufnahme in Kurven verhärtet die Lenkung wie ein bockiges Wildpferd. Der 308 GTi ist auf schmalen Straßen mit engen, ansteigenden Kurven und schnellen Bewegungen ein anstrengendes Instrument. Beinahe glaubten wir auf unserer gewohnt-einsamen Prüfstrecke im Spessart, beim 308 GTi-Zusammenbau sei die Federung vergessen worden. Diese gnadenlose Federn-Dämpfer-Konzeption führt zu einem recht nervösen Verhalten des Fahrwerks. Schnelles Fahren ist hier keine Frage von Können, sondern von Konstitution und Körperlichkeit. Krachend knallen die 19-Zoll-Räder mit ihren flachen 235/35-Sohlen in sonst kaum bemerkte Unebenheiten. Die schlecht gedämpften Abrollgeräusche verbünden sich mit den Brumm-Heul-Knurr-Tönen aus dem Antrieb zu einem akustischen Inferno, das nur bei unerträglicher Langsamkeit von 120 bis 140 km/h auf der Autobahn beinahe verstummt und deshalb auszuhalten ist. Für die freie Strecke werden 250 km/h versprochen, und die sind laut Tacho unter höllischem Getöse durchaus zu erreichen, aber wir waren trotz eisig arbeitender Klimaanlage auf unserer 400-Kilometer-Nonstop-Distanz alsbald durchgeschwitzt. Wobei hier kaum Schaltarbeit anfiel, die auf der Landstraße durchaus lästig sein kann. Der etwas zu weit vorn plazierte Schalthebel des Sechsganggetriebes sollte technisch präziser und auf kürzeren Wegen geführt werden. Nur 53 Liter Super nimmt der Tank auf, im Schnitt kamen wir auf acht Liter für 100 Kilometer. Vor dem Ende unserer Fahrten durfte es ein krachendes Baguette mit leicht gesalzener Butter und intensivem Roquefort sein. So gekräftigt, wagte sich der vom Peugeot 308 GTi geschwächte Fahrer noch an die Beschleunigungsprüfung: In etwa sechs Sekunden kam er auf 100 km/h und war stolz, dabei die Vorderräder nicht verloren zu haben. Seine Besonderheit ist die Allradlenkung Ähnlich ergeht es dem Fahrer eines Renault Mégane R.S. Auch er schafft den Standard-Sprint in knapp sechs Sekunden und hat mitunter Probleme, die Leistung auf die Straße zu bringen. Erst recht, wenn die Straße mal wieder nass ist. Ein Umstand, der in diesen Monaten ja kaum noch vorkommt. Der Renault ist vom Namen her zwar kein GTI, gehört aber ganz klar auch in die Riege der kompakten Sportler à la GTI, die alle nebenbei als Viertürer ein knapp geschnittenes Familienfahrzeug sein könnten. Renault pflegt den Mégane R.S. in dritter Generation, unter der Haube steckt jetzt der gleiche Motor wie in der hoch beachteten, neuen Alpine: ein turbogestärkter 1,8-Liter-Vierzylinder. Hier hat er sogar eine Leistung von 280 PS bei 6000/min, in der leichteren Alpine sind es 252 PS. Das neu entwickelte Triebwerk hat ein maximales Drehmoment von 390 Nm bei 2400/min. Damit ist der R.S. nicht nur hurtig auf 100 km/h, er rennt auch bis 255 km/h in der Spitze. Trumpfen kann der R.S. jedoch nicht nur mit seiner Leistung und den schönen Sportsitzen für Fahrer und Beifahrer, seine Besonderheit ist die Allradlenkung. Diese bietet ein Höchstmaß an Agilität und Kurvenpräzision; Stoßdämpfer mit hydraulischem Endanschlag aus dem Rallyesport sorgen zudem auf schlechten Straßen für gute Bodenhaftung. Der Mégane ist hart, ja, aber ein gewisser Komfort ist schon vorhanden. Im Gegensatz zum Peugeot geht es im Renault eher ruhig zu, das Motorengeräusch ist kernig, aber nicht aufdringlich. Dazu war es eine Freude, mal wieder einen Wagen mit Schaltgetriebe zu fahren, zumal sich die sechs Gänge präzise dirigieren ließen. Natürlich gibt es auch ein Doppelkupplungsgetriebe mit Launch-Control-Funktion und Schaltwippen am Lenkrad (1900 Euro Aufpreis). Das Design des R.S. trägt nicht ganz so dick auf, da sind Andere größere Marktschreier. Ein netter Gag sind die LED-Tagfahrlicht-Klötzchen im Zielflaggen-Design, 19-Zoll-Felgen gibt es für 790 Euro extra, der Auspuff endet mittig im Heck, was nicht jeder schön findet. Gegenüber dem Mégane GT ist die Spur vorn um 5,1 und hinten um 2,7 Zentimeter verbreitert. Wer den Wagen nicht schont, muss im Durchschnitt mit 10 Liter Super auf 100 Kilometer rechnen, von wegen 7,2 Liter Normverbrauch. Der Motor atmet tief, nach dem Abstellen fächelt ihm der Lüfter noch minutenlang Frischluft zu. Es dauert halt, bis heiße Liebe abkühlt. Soll sie es überhaupt? Preislich geben sich alle drei Kompaktrenner nicht viel, der Renault Mégane R.S. kostet 33.690 Euro, und was darüber Richtung Peugeot, Volkswagen oder neuerdings Hyundai i30 N hinausgeht, ist Geschmacksache. Oder eine der Lieferfähigkeit. Denn auch der Mégane ist zurzeit in der WLTP-Warteschleife, er soll aber von Mitte November an wieder bestellt werden können.