Die Biogasanlage der KBA Hard läuft stabil

Daniel Jung | 
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Der geplante Verkauf der Biogasanlage der KBA Hard wurde im April abgebrochen. Die Stromproduktion konnte aber in letzter Zeit konstant gesteigert werden.

Seit Anfang 2017 läuft die Biogasanlage der KBA Hard in Beringen recht stabil. In den Jahren seit der Inbetriebnahme im Herbst 2012 konnte die Leistung gesteigert werden. Im Produktionsjahr 2017 wurden insgesamt 5,1 Millionen Kilowattstunden Strom produziert. Damit kann der Jahresbedarf von rund 1300 Haushalten gedeckt werden. «Nach dem Rheinkraftwerk in Schaffhausen sind wir der grösste Produzent von erneuerbarer Energie im Kanton», sagt Betriebsleiter Markus Franz, der neben der KBA Hard auch die Abwasserreinigungsanlage (ARA) Röti in Neuhausen und die Deponie Pflumm in Gächlingen leitet. Alle drei Betriebe gehören zum Kläranlagenverband der Gemeinden Schaffhausen, Neuhausen, Feuerthalen und Flurlingen.

«Wir haben einen Vertrag über die kostendeckende Einspeisevergütung des in der Anlage produzierten Stroms. Dieser läuft noch bis 2031.»

Seit Ende Mai ist klar, dass die Biogasanlage der KBA Hard nicht verkauft wird. Ein Bieterverfahren, das im Sommer 2017 angekündigt wurde, wurde ohne Zuschlag abgeschlossen (siehe Interview unten).

Kein Standardmodell

Erbaut wurde die Biogasanlage der KBA Hard im Rahmen des gescheiterten Erneuerungsprojekts, bei dem insgesamt 23,5 Millionen Franken nicht werthaltig investiert wurden. Zwischen 2009 und 2014 sollte in Beringen ein neues Abfallbearbeitungssystem installiert werden. Hauptziel war, verschiedene Abfallstoffe maschinell zu sortieren und getrennt zu verwerten. Hätte dies funktioniert, so wären die organischen Bestandteile vergärt worden – in der heute bestehenden Biogasanlage. Diese Nassvergärungsanlage unterscheidet sich von anderen Biogasanlagen in der Schweiz. So wird etwa bei den 15 Kompogasanlagen der Axpo das System der Trockenvergärung ­eingesetzt: Die Bioabfälle werden dort in fester Form vergärt. Dabei ist holziges oder sandiges Material relativ unproblematisch.

Im Gegensatz zu anderen Nassvergärungsanlagen, die etwa in der Landwirtschaft verbreitet sind, wurden in der KBA Hard hohe, stehende Gär­silos (Fermenter) installiert. Dies hat die Mitarbeiter der KBA Hard in den letzten Jahren immer wieder vor Probleme gestellt, wenn sich etwa am Boden sandiges Material abgelagert hatte. Deshalb wurde im Jahr 2016 ein Bodenräumer installiert. Auch wurden damals ein Fein-Zerkleinerer für Bioabfälle in Betrieb genommen und ein neues Rühr­gerät im Fermenter eingebaut.

Nach diesen Umbauten kam es im Herbst 2016 zu einem Problem: Der Fermenter wurde «überfüttert», die Gärflüssigkeit wurde zu sauer, und es bildete sich Schaum. Deshalb kam es 2016 zu einem zweimonatigen Produktionsausfall (siehe Grafik). Danach mussten die Bakterienkulturen im Fermenter wieder aufgebaut werden. Seither konnte die Produktion auf einem hohen Niveau stabilisiert werden.

Speisereste rein, Gärgülle raus

Primär werden in der Biogasanlage flüssige Speisereste vergärt. Diese werden von zwei Orten angeliefert: Ein Teil stammt von den städtischen Abfallbetrieben der süddeutschen Stadt Freiburg im Breisgau. Die Lebensmittelreste werden dort in Kantinen, Heimen und in Supermärkten gesammelt. Die Freiburger betreiben selbst keine eigene Biogas­anlage. Dies ist beim zweiten Hauptlieferanten anders, der Recycling Energie AG aus Nesselnbach im Kanton Aargau. Diese Firma produziert selbst viel Biogas, liefert aber regelmässig Speisereste aus der Stadt Zürich nach Beringen. Auch hier stammt das Gärsubstrat aus Grossküchen und von Grossverteilern.

Beide Lieferanten sind jeweils rund 80 Kilometer entfernt. Pro Woche fahren im Schnitt zwölf Lastwagen mit Speiseresten in die KBA Hard. Während des Gärprozesses wird nur ein geringer Gewichtsanteil in Methan umgewandelt. Die Reste werden als Gärdünger im Klettgau auf landwirtschaftlichen Feldern ausgebracht. Dieser Dünger wird benötigt, weil im Klettgau relativ viel Getreide angebaut und vergleichsweise wenig Viehwirtschaft betrieben wird.

Zugleich wird die Abwärme des Blockheizkraftwerks – wo das Biogas zu Strom gemacht wird – zur Trocknung des Klärschlamms aus der ARA Röti verwendet. Durch diese Trocknung kann das Gewicht des Klärschlamms um zwei Drittel reduziert werden, was die Transporte des Klärschlamms, der letztlich als Brennstoff in Zementwerken verwendet wird, erleichtert. Insgesamt ist Markus Franz daher überzeugt, dass der Betrieb der Biogasanlage der KBA Hard nicht nur ökonomisch sinnvoll ist, sondern auch ökologisch einen Mehrwert darstellt.

«Wir sind im Abfall- und auch im Energiemarkt tätig»

Katrin Bernath, Baureferentin

Der Kläranlagenverband wollte die Biogasanlage verkaufen: Warum wurde im letzten Sommer ein ­Bieterverfahren aufgegleist?

Katrin Bernath: Ein Grund ist die ­Tatsache, dass die Anlage nicht zur Kernkompetenz des Kläranlagenverbands gehört. Sie dient nur in geringem Mass der Entsorgung der Abfälle, die in unseren Gemeinden anfallen. Die Verwaltungskommission hat das Bieterverfahren gestartet mit dem Ziel, dass die Anlage von ­einem spezialisierten Unternehmen betrieben wird. Zwar haben wir das Glück, in Beringen Mitarbeiter zu haben, die das nötige Know-how besitzen, es ist aber von Vorteil, wenn ein Betreiber mehrere ähnliche Biogasanlagen hat, weil es sehr vielseitiges Fach­wissen braucht. Man muss den Markt für Gärsubstrate kennen, es braucht technisches Wissen und ein Händchen für die biologischen Abläufe im Fermenter. Das gehört alles zusammen.

Das Bieterverfahren wurde Ende Mai ohne Verkauf abgeschlossen. Wieso?

Bernath: Wir haben letztlich kein ­Angebot erhalten, das nur schon formal unseren Anforderungen genügt hätte. Wir konnten daher nicht einmal in eine vertiefte Prüfung einsteigen. Wir waren erstaunt und auch enttäuscht, dass nicht mehr Angebote eingegangen sind. Dort, wo ein Preis geboten wurde, lag dieser klar unter unseren Erwartungen. Für das Land hatten wir einen Fixpreis von knapp 700 000 Franken angesetzt, für die Anlage und die Gebäude keinen Schätzpreis angegeben. Klar ist aber, dass wir sie nicht einfach verschenken wollen.

Welchen Betrag hätten Sie denn für die Anlage erwartet?

Bernath: Neben der Biogasanlage und dem Blockheizkraftwerk war auch das Betriebsgebäude ausgeschrieben. Dafür wollten wir ein ­Angebot. Gleichzeitig wollten wir weiterhin unseren Klärschlamm trocknen lassen und gewisse Räumlichkeiten nutzen. Wir wollten also auch eine Offerte für die Klärschlammtrocknung. Daher ging es nicht nur um den Preis für die Anlagen und Gebäude, sondern es ging um das Gesamtpaket, das nicht ­gestimmt hat.

Wie erklären Sie sich das geringe ­Interesse an der Biogasanlage?

Bernath: Es gab verschiedene Interessenten, welche die Anlage besichtigt haben. Man kann mit der Anlage, wie sie derzeit läuft, Erträge ­erwirtschaften. Wir glaubten, das könnte für jemanden, der gewisse Synergien nutzen kann, attraktiv sein. Ernste Angebote gingen letztlich aber nur drei ein, was vermutlich auch damit zu tun hat, dass die Anlage nicht dem heutigen Stand der Technik entspricht.

Ist dieser Nichtverkauf ein Problem für den Kläranlagenverband?

Bernath: Kurzfristig nicht. Die Anlage läuft derzeit gut. Natürlich hat der Bieterprozess eine gewisse Un­sicherheit bei den Mitarbeitern und den Vertragspartnern ausgelöst. Wir haben aber das Glück, dass trotzdem alles weiter besteht. Mittelfristig bleibt allerdings die Frage: Was passiert, wenn einmal grössere Investitionen anfallen? Und was tun wir, damit wir hier nicht unangenehm überrascht werden? Dieses Risiko möchten wir minimieren.

Wie kann man dieses finanzielle Risiko minimieren?

Bernath: Es geht natürlich um den guten Unterhalt der Anlage. Die Mitarbeiter sind sehr nahe dran und stellen dies mit ihrem grossen Know-how sicher. Bevor aber der Zeitpunkt für grössere Investitionen kommt, müssen Zahlen auf dem Tisch liegen und Entscheidungen getroffen werden.

Kann man also sagen, dass die Biogasanlage keine sehr langfristige Perspektive hat?

Bernath: Was heisst «sehr langfristig»? Wir haben einen Vertrag über die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV) des in der Anlage produzierten Stroms. Dieser läuft noch bis 2031, also noch ­relativ lange. Noch vor dem Ende dieses Vertrags gibt es aber Änderungen im System der KEV, und auch die Vorschriften des Bundes für die Klärschlamm­entsorgung werden sich ändern – ab 2026 muss man etwa den Phosphor zurückgewinnen. Das heisst: Die Biogasanlage befindet sich in einem sehr dynamischen Umfeld. Wir sind sowohl im Abfall- als auch im Energiemarkt tätig. Hier ändern sich auch die politischen Rahmenbedingungen immer wieder. Daher ist es kein Gebiet, bei dem in den nächsten 20 Jahren alles gleich bleibt. Ob diese Veränderungen mehr Risiko oder mehr Chance sind, das müssen wir nun sauber analysieren. Die Ausgangslage ist für uns nun eine neue, seitdem klar ist, dass die Anlage nicht verkauft wird.

Gibt es im Kläranlagenverband sehr unterschiedliche Grundsatzpositionen zur Biogasanlage?

Bernath: Das einzuschätzen, ist für mich schwierig. Ich bin erst seit 2017 bei den Diskussionen mit dabei. Letztlich ist es allen Trägergemeinden ein An­liegen, eine finanziell gute Lösung zu finden, denn leider befinden wir uns mit der KBA Hard noch in einer finanziellen ­Sanierungssituation. Deshalb möchten alle eine finanzielle Zusatzbelastung vermeiden. Gleichzeitig ist es aber auch für alle wichtig, dass die Grünabfälle sinnvoll verwertet werden. Wir teilen also die Ziele und suchen gemeinsam nach Lösungen. Ich bin überzeugt: Solange die Anlage stabil läuft, ist es sinnvoll, sie weiterzubetreiben, auch weil dort erneuerbarer Strom erzeugt wird.

Für die Mitarbeiter der KBA Hard brachten der geplante Verkauf und die dazugehörenden Diskussionen ­Un­sicherheit. Wie hat sich das auf den ­Betrieb ausgewirkt?

Bernath: Das ist natürlich eine ganz schwierige Situation. Die Mitarbeiter haben sehr viel Arbeit und Herzblut in die Anlage gesteckt. Es ist aber klar, dass sich Unsicherheit nicht positiv auf die Stimmung auswirkt.

Wie geht es der Biogasanlage der KBA Hard derzeit?

Bernath: Im Moment läuft sie sehr gut. Die Biogasanlage ist ein Teil aus dem im Jahre 2007 gestarteten Erneuerungsprojekt, und dieser Teil funktioniert. Es ist dem Betriebsleiter und den Mitarbeitern der KBA Hard zu ver­danken, dass die Anlage heute läuft – auch wenn es sich technisch nicht um ein Standardmodell handelt. Die ­Anlage produziert heute zuverlässig Strom. Im Geschäftsjahr 2016/17 waren es rund 4,3 Millionen Kilowattstunden. Seither wurde die Leistung nochmals gesteigert. Zudem wird die Abwärme genutzt, um Klärschlamm zu trocknen, was uns ebenfalls finanziell zugutekommt.

Womit wird sie heute betrieben?

Bernath: Rund drei Viertel der Gärstoffe sind Speisereste. Dazu kommen verschiedene weitere Stoffe. Im Berichtsjahr 2016/17 lag der Anteil aus der kommunalen Grünabfallsammlung nur bei etwa fünf Prozent. Dieser Anteil wird derzeit aber erhöht. Neu wird der Grünabfall in Beringen sortiert, sodass mehr davon in die Bio­gasanlage eingebracht werden kann. Es ist das Ziel, dass bis zu einem ­ Drittel der angelieferten Grünabfälle künftig in der Biogasanlage verwertet werden.

Woher kommen die Speisereste?

Bernath: Wir beziehen die Speisereste aus zwei Quellen. Einerseits über die Firma Recycling Energie AG, die im Kanton Aargau selbst eine Biogasanlage betreibt und uns Speisereste aus dem Raum Zürich liefert. Andererseits erhalten wir Speisereste aus Freiburg im Breisgau. Wir sind ein interessanter Abnehmer, weil wir konstant relativ grosse Mengen verarbeiten.

Ist die Biogasanlage derzeit rentabel?

Bernath: Ja. In den letzten Jahren konnten die laufenden Kosten und die Abschreibungen dieses Anlageteils gedeckt werden. Bei solchen Anlagen ­stehen aber auch immer wieder einmal grössere Ersatzinvestitionen an. Das ist für uns eine wichtige Frage: Wann kommen diese Investitionen, und was ­machen wir dann?

Aus heutiger Sicht: War es richtig, wie das Bieterverfahren aufgegleist wurde? Hätte man etwas anders machen ­müssen?

Bernath: Die Frage, wie es bei einem ­anderen Vorgehen herausgekommen wäre, ist hypothetisch. Es ist schwierig, zu ­erklären, warum wir nicht mehr und ­attraktivere Angebote erhalten haben. Das Verfahren war transparent. Alle Interessenten wurden gleich behandelt. Das Ergebnis hat nun gezeigt, dass das Interesse im Markt nicht besonders gross ist.

Wie läuft es derzeit mit der Grünabfallsammlung in den Vertragsgemeinden? Seit 2016 werden die Grünabfälle ja nicht mehr in Plastiksäcken gesammelt.

Bernath: Es ist sicher ein Vorteil, dass nun ein grösserer Anteil in der Biogasanlage verwertet werden kann. Der Rest wird kompostiert. Hier arbeiten wir wie beim Schwarzabfall mit dem Verein für Abfallentsorgung in Buchs SG zusammen. Eine regionale Lösung würde ich aufgrund der Transporte bevorzugen. Allerdings können wir Leerfahrten vermeiden, denn auch bei der Lieferung von Grünabfällen kommt Kehrichtschlacke zurück. Das ist sinnvoll. Diese Schlacke wird in die Deponie Pflumm in Gächlingen gebracht. Solche Deponien sind sehr gesucht. Die Erträge, die wir hier erwirtschaften, helfen uns dabei, aus der Verschuldung herauszukommen. Die Zusammenarbeit mit Buchs ist eine lange und gute Partnerschaft.

Interview: Daniel Jung

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