No Man's Sky - Review

Micromanagement: The Game

No Man's Sky Review: Erwartungen vs. Realität
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18.446.744.073.709.551.616 Planeten. 18 Trillionen. Wenn ich diese Zahl, dieses plumpe PR-Versprechen, noch einmal höre, gibt es auf die Zwölf! No Man's Sky ist riesig, ja. Aber ist die Spielwelt des Space-Exploration-Games wirklich so groß, dass sie den Rest meiner Lebenszeit zum Erkundungs- und Forschungsobjekt wird? Wohl kaum.

Sei ein Forscher, haben sie gesagt

Doch lasst mich von Anfang an erzählen: No Man's Sky ist ein 4X-Game, das einem die totale Freiheit im Weltraum liefern will. Es soll so viele Planeten geben, dass derjenige, auf dem man sich gerade befindet, vermutlich noch nie zuvor betreten wurde.

Möglich macht das Hello Games' Engine, die Abermillionen von "einzigartigen" Planeten im prozeduralen Verfahren generiert hat. Sie sind unterschiedlich groß, haben zufallsgenerierte Flora und Fauna und alle verschiedene Effekte. Wo die eine Atmosphäre giftig ist, ist die andere verstrahlt. Auf einem Planeten gibt es Eisstürme mit minus 100 Grad - auf dem nächsten eine brennend heiße Lava-Oberfläche, auf der ich binnen Sekunden einen Hitzetod sterbe, wenn mein Schutzschild aufgibt.

Auf dem einen Planeten grün, auf dem nächsten gelb: No Man's Sky verkauft das als große Vielfalt.

Der Einstieg verläuft bei mir etwas stolperhaft. Hello Games gibt mir von Anfang an so gut wie keine Hilfe oder auch nur ein Anzeichen, was ich nun tun soll. Wie jeder Reisende beginne ich mit einem abgestürzten Raumschiff mitten im Nirgendwo - und muss dieses erst reparieren, bevor ich den Planeten verlassen kann.

Ein Tutorial, wie das geht, gibt es nicht. Stattdessen nur sehr knappe und nichtssagende Texteinblendungen unten rechts, die schneller verschwinden, als ich sie lesen kann. Daran muss ich mich gewöhnen. Fast alles, was ich in No Man's Sky mache, muss ich selbst rausfinden - ein bisschen wie damals in den Anfangstagen von Minecraft, als man seine Baurezepte noch selbst zusammengesetzt hat, anstatt aus vorgefertigten Optionen zu wählen.

Micromanagement aus der Hölle

Die kommenden Stunden verbringe ich damit, durch das Weltall zu fliegen und neue Planeten zu erkunden. Der Grund dafür ist nicht mein Forscherdrang, sondern das schrecklich eintönige Game Design von No Man's Sky: Weil mein Platz im Inventar so begrenzt ist, kann ich zu Beginn kaum mehr als eine Antriebszelle für meinen Hyperdrive bauen. Nach jedem Warp-Sprung muss ich zwischenlanden, Kleinkram wie Zink und Plutonium suchen und craften, um endlich weiterzukommen.

Richtig viel Spaß kommt dabei nicht auf. Schon nach dem dritten oder vierten Planeten ist das Gefühl, etwas Neues zu sehen, dahin. Denn die Welten unterscheiden sich nur geringfügig. Auf dem einen ist die zufallsgenerierte Fauna grün, auf dem nächsten gelb. Das Spiel verkauft einem das als unfassbar große Artenvielfalt – in Wirklichkeit sind mir die Entdeckungen relativ bald egal. Ich lade meine Erkundungen schon bald nur noch hoch, weil ich dafür Credits bekomme. Wie ein großer Forscher fühle ich mich nicht.

Das liegt auch daran, dass ich die meiste Zeit nicht damit verbringe, epische Abenteuer auf den Trillionen Planeten zu erleben, sondern mein Inventar zu sortieren. Um eine Warpzelle zu craften, muss ich zuerst eine Suspensionsflüssigkeit herstellen. Aus dieser und weiteren Ressourcen produziere ich Elektronendampf, daraus wiederum Antimaterie und daraus schlussendlich den "Kraftstoff" für meinen Hyperdrive. Vier Schritte manueller Arbeit für etwas, was andere Spiele automatisch machen – gewöhnungsbedürftig.

Viel zu wenig Platz im Inventar: Das größte Problem des Spiels.

Manchmal wünsche ich mir ein paar Automatismen herbei: Die Munition für meine Waffe kann ich nicht einfach mit Druck auf Viereck nachladen. Stattdessen muss ich – manchmal auch mitten im Kampf – ins Inventar und manuell wählen, welche Ressource ich reinladen will. Praktisch, damit ich nicht aus Versehen einen wertvollen Rohstoff vergeude. Aber wieso kann ich das nicht automatisch machen, beispielsweise durch einen separaten Munitions-Slot im Rucksack?

Weshalb kommt das Spiel nicht auf die Idee, Schildteile, die ich extra gecraftet habe, automatisch zu aktivieren, wenn ich in einem Dogfight im Weltall angeschossen werde? Weshalb muss ich – mitten in der Action – in das mega umständliche Inventar wechseln und auswählen, dass der Schild wieder aufgeladen werden soll? Während die Gegner natürlich weiter ballern.

Trostlos im All

Das klingt nach kleinen Details - das sind aber noch die kleineren Probleme, die No Man's Sky hat. Noch mehr stört mich, dass es zwar Millionen Planeten geben soll, aber kaum Handlung und Action. Keinen roten Faden durchs All. Der Weg ist das Ziel, und oh boy, der Weg ist ziemlich ereignislos.

Einmal habe ich ein Notsignal von Frachtern aufgefangen. Sie werden von Kampfschiffen angegriffen und brauchen Hilfe. Ich breche auf, besiege alle zwölf in drögen Gefechten - und das war's! Das Spiel gibt mir keine große Belohnung, keinen Funkspruch, kein Danke. Einfach nur die Meldung "Okay, flieg doch jetzt weiter".

Nach der Luftschlacht heißt es wieder: Von einem Planeten zum nächsten fliegen, "auftanken", weiter. Selbst mit prozeduraler Generierung sollte es möglich sein, so eine große Sandbox wie die von No Man's Sky mit Leben zu füllen.

Vieles in No Man's Sky könnte man einfach übersehen und daran vorbeifliegen.

Macken bei der Steuerung

Ganz allgemein fühlt sich No Man's Sky nie wie ein vollwertiges 4X-Game an. Die Steuerung der Raumschiffe ist relativ primitiv. Die Action-Szenen im Raumanzug auf den Planetenoberflächen sind geradezu lachhaft. Man merkt, dass Gefechte am Boden nie so recht geplant waren - dafür ist das Zielen viel zu behäbig und unpräzise.

Und vom Inventar will ich gar nicht erst anfangen: Wie Destiny benutzt No Man's Sky auf der Playstation 4 ein umständliches Cursor-System.

No Man's Sky: Users Reporting PC Launch Day Problems
Das Cursor-System auf der Playstation 4 wirkt wenig durchdacht.

Das große "Aber ..."

Bis hierhin klingt der Test vielleicht vernichtend - und dennoch ist No Man's Sky kein schlechtes Spiel. Jedes Mal, wenn ich meine Playstation 4 ausgeschaltet habe, wollte ich eigentlich mehr sehen.

Vor allem der stufenlose Übergang von einem Planeten zum nächsten ist beeindruckend. Ohne Ladezeiten von einem Planeten abzuheben, die Atmosphäre zu verlassen und auf einem anderen Planeten zu landen - alles ohne Ladezeiten - ist schon ziemlich einzigartig.

Und auch die Handelskomponenten haben mir gefallen. Ich bin ein Sammler und Feilscher. Hätte No Man's Sky ein Trading-System wie beispielsweise EVE Online oder meinetwegen auch ein Freelancer, könnte ich Wochen darin verbringen.

Aber leider ist selbst das vergänglich. Denn eine Mini Map oder auch nur Markierungen gibt es nicht. Habe ich einmal eine Goldader gefunden und ziehe ab, um mein volles Inventar zu verkaufen, finde ich sie nie wieder. Ähnlich geht es mir mit Schiffen, Wrackteilen oder Siedlungen.

Bin ich einmal losgeflogen, gibt es kaum mehr die Chance, zu einem bereits besuchten Ort zurück zu finden. Dadurch hat mein Weg durchs All, meine Erkundung und meine Erforschung fremder Welten überhaupt keine Bedeutung. Was zählt, ist der Weg nach vorn – schade, dass No Man’s Sky dabei so inkonsequent ist.

Pro

  • riesiges Universum
  • stufenloser Übergang von Oberfläche ins Weltall
  • toller Grafikstil

Con

  • leere, leblose Welt und nichts zu tun
  • hakelige Inventar-Steuerung und Micro-Management
  • so gut wie keine Story-Elemente
  • keine Karte, keine Markierungen

Fazit

Wer Micromanagement mag, wird in No Man's Sky völlig aufgehen. Hello Games' Blockbuster-Indie ist wie gemacht für Kontrollfreaks. Jedes noch so kleine Detail muss man selbst festlegen und auswählen. Das macht zumindest zeitweise Laune. Die Faszination des "unendlichen Weltalls" lässt leider viel zu schnell nach und weicht einem ziemlich unspektakulären, ereignislosen Spielverlauf. Technisch mag das beeindruckend sein – inhaltlich leider nicht.

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Hello Games | 10. August 2016
  • Platform
  • PS4
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  • NintendoSwitch
  • Macintosh

No Man's Sky Review: Erwartungen vs. Realität

6.5
Okay
No Man's Sky scheitert es an seiner wenig intuitiven Steuerung und der leeren, leblosen Spielwelt. Beeindruckend ist es dennoch!
No Man's Sky