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Auto der Woche Plug-in-Hybrid

Durch halb Amerika im Mini Countryman

Mini hat mit dem Countryman Cooper S E den ersten Plug-in-Hybrid der Marke auf den Markt gebracht Mini hat mit dem Countryman Cooper S E den ersten Plug-in-Hybrid der Marke auf den Markt gebracht
Mini hat mit dem Countryman Cooper S E den ersten Plug-in-Hybrid der Marke auf den Markt gebracht
Quelle: Thomas Geiger
Von wegen, der Mini ist nur ein modisches Stadtauto für Hipster. Wer mit dem Countryman Plug-in-Hybrid quer durch das winterliche Amerika fährt, lernt den kleinen Briten als Langstreckenwagen kennen.

Was ist schlimmer: Zweimal 12 Stunden im Flieger oder fünf Tage im Auto? Natürlich hängt die Antwort dieser Frage auch von Buchungsklasse und von der Wahl des Wagens ab. Doch wenn man einen Autoliebhaber fragt, kann es da eigentlich nur eine Antwort geben. Und wenn es dabei durch unbekanntes Terrain geht, fällt die Antwort noch deutlicher aus.

Als ich daher in den vergangenen zwei Wochen erst zur CES nach Las Vegas und sechs Tage später zur Autoshow nach Detroit musste, bin ich einmal quer durchs Land gefahren. In einem Mini Countryman mit Plug-in-Hybrid.

Mit Mini habe ich eigentlich keinen rechten Vertrag. Bei aller Liebe zur Fahrfreude und zum Gokartgefühl, das die Briten irgendwie besser hinbekommen als VW oder Audi, sind mir die Autos zu verspielt, dem Namen längst entwachsen, und sie kosten obendrein viel zu viel.

Spitzentempo 198 km/h in den USA?!

In der Stadt lasse ich mir den kleinen Briten noch gefallen. Aber dass ich mal eine Langstrecke mit dem Mini machen müsste, das hätte ich mir nie träumen lassen.

Immerhin ist es ein Countryman und damit eines der größten Autos der vermeintlichen Kleinwagenmarke. Und als Plug-in-Hybrid sollte er erstens halbwegs sauber sein und zweitens mit der elektrischen Hinterachse einen Allradantrieb haben – was ja keine schlechte Idee ist, wenn man im dicksten Winter von Las Vegas aus erst einmal ganz in den Norden fahren, am Yellowstone-Nationalpark nach Osten abbiegen und dann quer durchs Land nach Detroit fahren will.

Dass man die beiden großen Rimowa nur in den Kofferraum bekommt, wenn man die individuell justierbaren Rücklehnen ein wenig nach vorne faltet? Geschenkt. Dass die Rückbank schon voll ist, wenn man zwei dicke Jacken, zwei Paar schwere Stiefel und ein bisschen Proviant darauf stapelt – vergessen.

Durch den Platzbedarf des Lithium-Ionen-Akkus schrumpft das Kofferraumvolumen um 45 auf 405 Liter
Durch den Platzbedarf des Lithium-Ionen-Akkus schrumpft das Kofferraumvolumen um 45 auf 405 Liter
Quelle: Thomas Geiger

Dass man den Wagen für 25 Dollar volltanken kann, nehme ich anfangs noch mit Freude zur Kenntnis. Die Route ist lang, der Himmel ist blau, und der Tag ist mein Freund – warum also sollte man sich selbst die Laune verderben.

Im Prinzip macht der Mini seine Sache auch gar nicht schlecht. Selbst zwischen Fullsize-SUV und gigantischen Pick-ups fühlt man sich nicht verloren, die Sitze sind auch noch bequem, wenn man 1000 Kilometer am Tag auf ihnen sitzt, an die harten Stöße des auf sportlich getrimmten Fahrwerks hat man sich irgendwann gewöhnt, die Lenkung ist nach wie vor eine der besten in dieser Klasse. Und wenn man sich mal ein bisschen eingerichtet hat im Countryman, dann könnte die Fahrt ewig so weitergehen.

Wenn da nicht der Plug-in-Hybrid-Antrieb wäre. In der Theorie und vielleicht auch in der Großstadt ist das Paket mit dem 136 PS starken Dreizylinder im Bug, dem 65 kW starken E-Motor an der Hinterachse und dem 7,6 kWh großen Lithium-Ionen-Akku ja gar nicht so schlecht. Immerhin verspricht Mini einen Sprintwert von 6,8 Sekunden, ein Spitzentempo von 198 km/h, eine elektrische Reichweite von 42 Kilometern, einen Normverbrauch von 2,1 Litern und vor allem einen elektrischen Allradantrieb.

Für Kurzzeitallradler sind die Winter hier zu lang

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Doch im echten Leben auf dem Land geht einem bei diesem Doppel nur selten das Herz auf. Das liegt am viel zu kleinen Tank und am zu hohen Verbrauch. Denn bei im Mittel etwas mehr als neun Litern auf 100 Kilometern reicht der zugunsten des Gewichts und des Kofferraums auf 38 Liter geschrumpfte Tank nur selten sicher für mehr als 300, 350 Kilometer; dadurch verbringt man gefühlt den halben Tag an der Tankstelle.

Und wenn es dem Elektroantrieb mal ausnahmsweise nicht zu kalt ist – was bei Temperaturen im zweistelligen Minusbereich auf dieser Tour eher selten der Fall war –, dann reicht der Akku in der Praxis für maximal 20 Kilometer.

Leider kommt man auch im Mischbetrieb mit der elektrischen Hinterachse nicht viel weiter, was vor allem dann zu einem Problem wird, wenn die Straße dick verschneit ist und man rund um den Yellowstone-Nationalpark gut die zusätzliche Traktion gebrauchen könnte. Für einen Kurzzeitallradler sind die Winter im Nordwesten der USA zu lang und die Schneeberge zu hoch.

Zuerst freut man sich, dass die Rechnung nicht so hoch ist. Doch dann stellt man fest, dass der Tank sehr klein ist
Zuerst freut man sich, dass die Rechnung nicht so hoch ist. Doch dann stellt man fest, dass der Tank sehr klein ist
Quelle: Thomas Geiger

Dass man dabei ein bisschen Geld spart, kann man zumindest in einem Land vergessen, in dem Benzin noch immer billiger ist als Cola und man selbst beim Volltanken nicht mehr als 25, 30 Dollar zusammenbekommt? Geschenkt! Und dass man unterwegs mittlerweile selbst im kleinsten Kaff eine Ladesäule findet und oft sogar kostenlos zapfen kann, wird irgendwann nebensächlich.

Vor allem wenn man auf einem Roadtrip ohnehin nur wenig Zeit hat und deshalb nicht mehr als drei Stunden um die Steckdose herumstehen möchte, um danach real vielleicht 15, höchstens 25 Kilometer zu stromern. Bleibt als einziger Vorzug die Ruhe und die Gelassenheit, mit der einen der Plug-in über den Strip in Las Vegas bringt, über die Magnificient Mile in Chicago oder die Woodward Avenue in Detroit. Aber zwischendrin ist der elektrische Hilfsmotor eher Last als Lust.

Das nächste Mal nicht mit Plug-in-Hybrid im Winter

Aber nicht alles, was elektrisch ist im Mini, ist eine Enttäuschung. Das Navi zum Beispiel ist eine Wucht. Und die Sitzheizung erst! Und das ist bei Temperaturen weit im zweistelligen Minusbereich am Ende doch viel wichtiger. Denn wenn schon der Akku vor Kälte aussteigt, sollten wenigstens die Passagiere fit bleiben.

So ist es mir mit dem Countryman am Ende der knappen Woche ergangen, wie es mir in der Regel mit Ferienwohnungen ergeht: Sie war ein bisschen zu klein, und man musste ein paar Kompromisse machen, aber sie konnte einem den Spaß am Urlaub nicht verderben.

Als ich den Mini nach fast genau 3000 Meilen in Detroit gewaschen und gewienert abgestellt habe, war es deshalb auch kein Abschied für immer. Ich komme wieder und fahre die Tour noch einmal in die andere Richtung. Nur vielleicht nicht noch einmal im Winter. Oder nicht mit einem Plug-in-Hybrid.

Der Mini Countryman ist mehr als ein hippes Stadtauto. Als Winterauto ist der Plug-in-Hybrid jedoch nicht die beste Wahl
Der Mini Countryman ist mehr als ein hippes Stadtauto. Als Winterauto ist der Plug-in-Hybrid jedoch nicht die beste Wahl
Quelle: Thomas Geiger

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