Chemisches Recycling könnte den Anteil an nachhaltig hergestellten Teilen im Auto signifikant erhöhen. Audi will deshalb mit dem Thinktank am KIT als Partner die technische Machbarkeit des chemischen Recyclings nachweisen.
Zahlreiche Bauteile in Autos werden aus Kunststoffen gefertigt. Für sie gelten hohe Anforderungen an Sicherheit, Hitzebeständigkeit und Qualität. Besonders intensiv beanspruchte Kunststoffbauteile in Autos sind daher bislang nur aus Materialien auf Erdölbasis herstellbar. Diese können meist nicht wiederverwertet werden. Während sortenreine Kunststoffe oft mechanisch recycelt werden können, ist das Recycling von gemischten Kunststoffabfällen eine große Herausforderung.
Der Thinktank Industrielle Ressourcenstrategien am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) startet mit Audi deshalb das Pilotprojekt »Chemisches Recycling von Kunststoffen aus dem Automobilbau«, um solche Kunststoffmischfraktionen zurück in einen ressourcenschonenden Kreislauf zu führen.
Chemisches Recycling ist bisher die einzige Methode, mit der es möglich ist, gemischte Kunststoffabfälle wieder in Produkte mit Neuwarenqualität umzuwandeln. Durch das Recycling kann eine größere Bandbreite an Kunststoffen wiedergewonnen werden.
»Der verantwortungsvolle Umgang mit Rohstoffen ist die gemeinsame Verantwortung von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Im Thinktank bündeln wir alle Kompetenzen, um uns dieser großen Herausforderung im Dienste von Gesellschaft und Umwelt zu stellen«, so Professor Thomas Hirth, Vizepräsident des KIT für Innovation und Internationales und Sprecher des Thinktanks. »Das chemische Recycling kann einen ganz wesentlichen Baustein für ein umfassendes Kunststoffrecycling bilden. Das macht es so interessant für die Automobilindustrie. Der Thinktank und Audi gehen gemeinsam ein zentrales Thema an, zukünftig Automobile unabhängig vom Antrieb nachhaltiger und umweltfreundlicher zu gestalten. Der ganzheitliche Blick auf Rohstoffkreisläufe steht im Fokus des Thinktanks«, so der Geschäftsführer des Thinktanks, Dr. Christian Kühne.
Audi zählt zu den ersten Automobilherstellern, der diese Recyclingmethode in einem Pilotprojekt mit Kunststoffen aus der Automobilproduktion testet. »Wir wollen intelligente Kreisläufe in unseren Lieferketten etablieren und Ressourcen effizient einsetzen«, sagt Marco Philippi, Leiter Beschaffungsstrategie bei Audi. »Chemisches Recycling birgt hierfür großes Potenzial: Wenn Kunststoffbauteile ohne Qualitätsverlust anstatt aus Erdöl aus Pyrolyseöl hergestellt werden können, wäre es möglich, den Anteil an nachhaltig hergestellten Teilen im Auto signifikant zu erhöhen. Auf lange Sicht kann das Verfahren auch im Altfahrzeugrecycling eine Rolle spielen.«
Das Pilotprojekt »Chemisches Recycling von Kunststoffen aus dem Automobilbau« zielt darauf, intelligente Kreisläufe für Kunststoffe zu schaffen sowie diese Methode als Ergänzung für mechanisches Recycling und anstelle energetischer Verwertung zu etablieren. Mit dem Thinktank am KIT als Partner will Audi zunächst die technische Machbarkeit des chemischen Recyclings testen und das Verfahren auf Wirtschaftlichkeit und Umweltauswirkung bewerten.
Das Unternehmen stellt dafür nicht mehr benötigte Kunststoff-Bauteile wie Kraftstofftanks, Radzierblenden oder Kühlerschutzgitter aus Audi-Modellen zur Verfügung, die beispielsweise aus dem deutschen Händlernetzwerk zurückkehren. Diese Kunststoff-Bauteile werden durch chemisches Recycling zu Pyrolyseöl verarbeitet. Mittelfristig können Bauteile aus Pyrolyseöl erneut in Automobilen verwendet werden. Gelingt es, die technische Machbarkeit nachzuweisen, will Audi das Verfahren industrialisieren und dann sukzessive auf mehr und mehr Teile anwenden.
Der Thinktank Industrielle Ressourcenstrategien ist eine gemeinsame Initiative von Politik und Industrie mit Unterstützung der Wissenschaft. Er berät Politik und Industrie auf wissenschaftlicher Basis in den zentralen technologisch-strategischen Fragestellungen zu Ressourceneffizienz, Ressourcennutzung und Ressourcenpolitik. Den Thinktank hat die baden-württembergische Landesregierung gemeinsam mit der Industrie und mit Unterstützung der Wissenschaft am KIT eingerichtet.