Spurensicherung am Tatort Stöckachstraße Foto: 7aktuell.de/Sven Franz

Das Gewaltverbrechen in einem Miethaus in Stuttgart, bei dem zum zweiten Mal binnen neun Monaten eine Beziehungstat tödlich endete, ist wohl geklärt. Der Tatverdächtige kann nicht mehr zur Rechenschaft gezogen werden.

Stuttgart - Das Gewaltverbrechen an einer 39-jährigen Frau in einem Mietshaus im Stuttgarter Osten ist für die Polizei geklärt: Die Sonderkommission Stöckach ermittelte den Ex-Freund des Opfers als dringend Tatverdächtigen. Der 41-Jährige wurde am Dienstagnachmittag in Münster von der Polizei gefunden – er war jedoch bereits tot. Er hatte sich unter ungewöhnlichen Umständen das Leben genommen. Der Mann soll unter psychischen Problemen gelitten haben, heißt es in Ermittlerkreisen.

Die 39-Jährige Frau war am Montagnachmittag tot in ihrer Wohnung gefunden worden. Das sechsgeschossige Wohnhaus an der Stöckachstraße ist ein besonderer Tatort: Erst vor neun Monaten, am 20. Dezember 2017, hatte es dort ein Tötungsdelikt gegeben, bei dem ein 54-jähriger Bewohner von einem 28-jährigen Bekannten umgebracht wurde. Im jüngsten Fall hatte die Mutter der 39-Jährigen nichts mehr von ihrer Tochter gehört und nach dem Rechten geschaut. Dort fand sie die Leiche – die Frau war erstochen worden. „Nach den bisherigen Feststellungen könnte sich die Tat bereits am Sonntag abgespielt haben“, sagt Polizeisprecher Martin Schautz.

Fahndung nach dem Ex-Freund

Die Ermittlungen der Mordkommission führten bald zu dem Ex-Freund der Getöteten. Die Frau hatte ihre Beziehung zu dem 41-Jährigen offenbar im Februar beendet. Dass dieser die Trennung offenbar nicht verwunden hatte, war zumindest über die polizeilichen Eintragungen nicht zu erahnen. Der Mann aus Münster war wegen Gewaltdelikten bisher nicht aufgefallen, auch wegen möglichen Stalkings lagen keine Erkenntnisse vor. Vor vielen Jahren soll gegen ihn wegen Drogendelikten ermittelt worden sein.

Am Dienstag startete die Polizei eine Fahndung nach dem 41-Jährigen. Zeitweise wurde überlegt, mit Fotos auch die Öffentlichkeit in die Suche mit einzubeziehen. Der Gesuchte galt überdies als suizidgefährdet – weshalb die Fahndung besonders dringlich war.

Trauer bei Kollegen des Opfers

Derweil herrschte am Dienstag im Arbeitsumfeld der Getöteten große Betroffenheit. Bei der 39-Jährigen handelte es sich um eine Gewerkschaftsmitarbeiterin, die wegen ihres großen Engagements im Bezirk, der für Stuttgart und die Landkreise zuständig ist, sehr beliebt war. Die Bezirksgeschäftsstelle der Gewerkschaft ist aus diesem Grund noch bis Mittwoch geschlossen.

Für die Polizei spielen Gewaltstraftaten in Beziehungen eine immer größere Rolle. Dies zeigt sich allein bei der Zunahme der Anzeigen wegen Nachstellung – in Stuttgart stieg die Zahl im vergangenen Jahr von 67 auf 78 Fälle. Und die Alarmfälle in den vergangenen Wochen häufen sich.

Die Fährte führt zu einer Baustelle

Im Stuttgarter Osten etwa herrschte Anfang Juli große Aufregung, als die Polizei einen einschlägig bekannten 29-Jährigen verhaften musste. Er hatte seine 36-jährige Freundin verprügelt und ihr schwere Hämatome an Kopf und Körper zugefügt. In Heumaden gab es eine größere Polizeiaktion, als ein 40-Jähriger an der Wohnungstür seiner Ex-Frau klingelte und, als diese die Polizei alarmierte, in einem Linienbus flüchtete. Der Bus wurde spektakulär von der Polizei gestoppt. In Botnang kam ein 47-Jähriger in Haft, als er in einer Wohnung mit seiner 56-jährigen Bekannten in Streit geriet und diese mit einem Messer schwer verletzte.

Auf der Suche nach dem mutmaßlichen Mörder der 39-Jährigen setzte die Polizei am Dienstag auch Spürhunde ein, die im Wohnort des 41-Jährigen die Fährte aufnahmen. Die Spur führte schließlich in den Bereich Schussengasse in Münster auf das Gelände einer Baustelle. Der Gesuchte befand sich allerdings in 35 Meter Höhe – auf einem Baukran. Der Ex-Freund war nach oben geklettert – und hatte dort seinem Leben ein Ende gesetzt. Der Tote wurde um 14.39 Uhr von der Feuerwehr geborgen.