Mercedes A-Klasse Plug-in-Hybrid
Wie fahren sich über 200 Öko-PS?

Auf der IAA präsentierte Mercedes seinen ersten Plug-in-Hybriden in der Kompaktklasse. Mit dem bekannten 1,3-Liter-Benziner, einer 75-kW-E-Maschine und 8-Gang-Automatik. Wie geschmeidig das geht, zeigt die erste Fahrt.

Mercedes A-Klasse Plug-in-Hybrid A250 e
Foto: Daimler AG

Jetzt ist es dann soweit: Das Plug-in-Hybrid-Konzept erhält beim Daimler Einzug in die Kompaktklasse, was für das Äußere der A-Klasse (und B-Klasse) kaum Konsequenzen hat. Auf den vorderen Kotflügeln kleben „EQ Power“-Plaketten, hinten steht A 250 e drauf und auf beiden Seiten gibt es einen Tankdeckel: hinten rechts für den Strom, links für den Dinosaft der Sorte Super 95.

An einer 7,4-kW-Wallbox dauert es 105 Minuten, bis das 15,6-kWh-Batteriepaket geladen ist. Der auf 35 Liter verkleinerte Benzintank ist in den Bauraum der Hinterachse gequetscht, damit die Akkus am Fahrzeugboden unter die Rückbank passen. Dafür auch notwendig ist eine Abgasanlage, die auf Höhe der B-Säule endet: Das Endrohr ist nicht etwa zur Seite, sondern auf den Boden ausgerichtet – was nur geht, weil der 1,33-Liter-Vierzylinder im Stand immer ausgeschaltet ist.

Unsere Highlights

Komplexes Packaging

Mercedes A-Klasse Plug-in-Hybrid A250 e
Daimler AG
Volle Hütte: Den Motorraum teilen sich Verbrenner, Achtgang-Doppelkuppler und E-Maschine.

Grundsätzlich ist das nicht gerade simpel, einen Kompaktwagen als Plug-in auszurüsten: Der Motorraum ist so vollgestopft, das muss jedem Mechatroniker ein absolutes Fest sein, wenn da mal was Größeres ansteht. Der quer eingebaute Renault-Motor sitzt weit nach links versetzt, daran angeflanscht ist ein Achtgangdoppelkuppler, der sich mit der permanenterregten Synchronmaschine ein Gehäuse teilt. Der Verbrenner liefert 250 Newtonmeter und 160 Pferdestärken, auf 300 Nm und 102 PS bringt es der E-Motor. Unter dem Strich steht eine Systemleistung von 218 PS und 450 Newtonmeter, womit 100 km/h in 6,6 Sekunden anliegen sollen.

Wir starten zunächst jedoch im E-Modus, in dem der A-Benz laut Bordcomputer gute 50 Kilometer weit kommt (NEFZ: 74 Kilometer, 15,0 kWh kombinierter Verbrauch). Darin ist der kleine Benz zwar nicht sonderlich schnell, wohl aber sehr antrittsstark. Im Stadtbetrieb bist du ergo zackig, mühelos und auch geschmeidig unterwegs.

Im Sinne der Geschmeidigkeit reagiert das Fahrpedal auf Bewegungen minimal verzögert, damit kleine Änderungen im Pedaldruck nicht gleich zur Hoppelei eskalieren. Wenn du vom Fahrpedal gehst, gilt das selbst im stärksten Rekuperationsmodus für das Einsetzen der bis zu 0,2 g starken Verzögerungsleistung.

Smarter Rekuperationsmodus

Die Modi reichen von der stärksten Rekuperationsleistung in „D--“ bis zu „D+“, in dem der Wagen beim Lupfen des Fahrpedals mit weniger Widerstand weiterrollt, als das in einem herkömmlichen Wagen mit Ottomotor der Fall ist. In vielen Situationen reicht die Bremswirkung bei der Energierückgewinnung aus, um den Mercedes überwiegend nur mit dem Fahrpedal zu bewegen, wobei die Rekuperation ab circa 20 km/h stark zurückgefahren wird – ein richtiger „One Pedal“-Betrieb ist ergo nicht möglich.

Ein zuverlässig funktionierendes Komfort-Feature ist der „D-Auto“-Modus, in dem die Frontkamera und Radarsensorik genutzt wird, um die Software entscheiden zu lassen, wann wie stark rekuperiert wird. Wenn der Vorfahrende etwa abbremst, spürst du beim Reduzieren des Fahrpedaldrucks eine deutliche Verzögerungsleistung, die wieder schön geschmeidig und dennoch rechtzeitig einsetzt. Solange jedoch kein Hindernis vor dir ist, reagiert die A-Klasse beim Pedallupfen meist wie ein Auto mit Verbrenner.

Weniger geschmeidig wird’s stellenweise beim Bremsen. Dabei ist im Regelfall nicht so sehr der Übergang von der Rekuperation auf die Hydraulikbremse das Problem, sondern den Daimler an der Ampel absolut ruckfrei zum Stehen zu bringen ist schlicht oft schwierig. Auf der rund einstündigen Testfahrt ist vor allem abruptes Verzögern fast immer eine hoppelige Angelegenheit, denn das Bremspedal ist dabei extrem sensibel und reagiert gefühlt nicht immer gleich. Laut Mercedes ist auf dem Testwagen noch nicht die aktuellste Software installiert, die den Übergang („Brake-Blending“) regelt: Wie der A-Hybrid in der Serie bremst, wird dann unser erster Test zeigen.

Komfortabler Kompakthybrid

Mercedes A-Klasse Plug-in-Hybrid A250 e
Daimler AG
Selbst auf der Autobahn schaltet der Verbrenner sich im E-Modus nur dann zu, wenn der Kickdown-Knopf gedrückt wird

Abseits der Abstriche bei der Bremsmodulation ist der kleine Benz ein komfortabler Wagen, der etwa auch vorklimatisiert werden kann. Auch der Abrollkomfort hinterlässt einen guten Eindruck, wenngleich er den auf unseren vertrauten Testrouten im Stuttgarter Raum noch bestätigen müssen wird. Insbesondere ist der Wagen im E-Betrieb natürlich extrem leise, was immer dann noch offensichtlicher wird, wenn der 1,3-Liter beim Kickdown oder im Comfort-Modus anspringt. Der bei Mercedes als M 282 geführte Motor ist insbesondere in Sachen Geräuschentwicklung nicht übermäßig kultiviert – und das wird beim Anlassen aus dem leisen Stromern heraus eben fett unterstrichen. Das bewerkstelligt übrigens der E-Motor, denn ein separater 12-Volt-Anlasser ist nicht verbaut. Das klappt zügig, zudem wird die Leistung des Verbrenners weich beigemischt, und sobald der Motor einmal läuft, passt’s auch mit den Geräuschen wieder viel besser.

Bleibt zu klären, wie stark das zusätzliche Gewicht die A-Klasse querdynamisch einschränkt, schließlich wiegt sie über 1,7 Tonnen; allein das Batteriepaket bringt 150 Kilogramm auf die Waage. Für Querdynamikexperimente ist die gewählte Testroute in und um Frankfurt ungeeignet, Autobahnauffahrten durchfährt der A 250 e bei mittelhohem Tempo allerdings unauffällig und sauber.

. Die Fahrleistungen mit dem E-Motor reichen aus, um in der Rush Hour mitzuschwimmen, was sogar bis 140 km/h rein elektrisch geht (Vmax System: 235 km/h). Einen Auflade-Modus gibt es nicht, wohl aber einen, der möglichst wenig Energie aus dem Akkupaket zieht. Zusätzlich ist eine Option anwählbar, die bei aktivierter Routenführung den Antriebsstrang so einsetzt, dass im Stadtgebiet genügend Energie fürs elektrische Fahren vorhanden ist.

Testfahrt mit B 250 e

Auf der Fahrveranstaltung sind wir auch die B-Klasse mit dem gleichen Antriebsstrang gefahren. Der größte Unterschied in Sachen Fahrerlebnis ist hierbei die deutlich höhere Sitzposition: Darüber hinaus fahren sich die beiden Autos weitestgehend identisch, lediglich der Federungskomfort scheint im B etwas höher. Neben der grundsätzlich unterschiedlichen Positionierung der B-Klasse ist das ein weiteres Indiz dafür, dass die A-Klasse querdynamisch wohl etwas sportlicher unterwegs sein wird.

Fazit

Der Hybridantriebsstrang funktioniert im A-Benz harmonisch, zudem beschränken sich die Abstriche im Alltag auf einen kleineren Benzintank, die weniger präzise Bedienung der Bremse und einen etwas kleineren Kofferraum. Vor allem ist der A 250 e in der Kompaktklasse derzeit der Hybrid, der über Details das futuristischste Fahrgefühl vermittelt. Da wäre zum einen das breite Bildschirmgehäuse, in dem zwei hochauflösende Displays den Tacho und das Infotainment darstellen: In beiden Fällen ist die grafische Darstellung modern gestaltet, wenngleich sie von den Verbrenner-Modellen nur hier und da abweicht. Dazu gibt’s ein Head-up-Display und Augmented-Reality-Navigation (Pfeile und Schilder werden auf Kamerabild eingeblendet). Beim Einstiegspreis von 36.943,55 Euro bleibt es mit der Ausstattung freilich nicht.

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AUTO MOTOR UND SPORT 09 / 2024
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Erscheinungsdatum 11.04.2024

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