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Altersheim-Gala Wo Kirk Douglas sein Vermögen verschenkt

Nicht jeder wird reich in Hollywood. Um die bedürftigen Senioren der Traumfabrik kümmert sich ein Spendenverein, der jetzt mit einer Gala für Hollywood-Greise sein 95. Bestehen feierte.

Kirk Douglas lässt sich nicht mehr oft blicken. Der gebrechliche 99-Jährige, eine der letzten noch lebenden Ikonen des alten Hollywoods ("Spartacus"), verbringt seine Tage abgeschieden in einer Villa in Beverly Hills.

Doch hier sitzt er also, in einem Rollstuhl, seine einst legendäre Statur in einer Strickjacke versunken, seine Knie unter einer Wolldecke. Nur die Augen versprühen weiter dieses Funkeln, das nicht nur die Frauen betörte.

"Dad, ich bin so stolz auf dich", sagt Sohn Michael Douglas, der mit 72 Jahren auch nicht mehr zur jüngsten Besetzung gehört. Ein Karren wird herbeigerollt, darauf eine enorme Torte, gekrönt von knisternden Wunderkerzen und einer Zahl: "100." Die Gäste beginnen sanft zu singen: "Happy birthday to you!"

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Hollywood-Altersheim: Gala für Greise

Foto: SPIEGEL ONLINE

Woodland Hills bei Los Angeles: Kirk Douglas wird zwar erst im Dezember 100 - aber es liegt nahe, diesen Anlass schon jetzt gemeinsam mit jenem anderen Geburtstag zu würdigen, zu dem sich Dutzende Stars in dieser lauen Nacht für ein VIP-Konzert versammelt haben.

Der Motion Picture and Television Fund (MPTF) - ein Wohltätigkeitsverein zugunsten bedürftiger Hollywood-Pensionäre, der sich aus brancheneigenen Spenden nährt - feiert sein 95. Bestehen. George Clooney, Hugh Jackman, Robert Downey Jr., Jane Lynch und viele mehr: Die erste Garde ehrt die alte Garde - ein denkwürdiger Abend, der die Hollywood-Generationen vereint.

Insiderwitze unter 99-Jährigen

Douglas macht diese Spannbreite deutlicher als sonst einer. Ein Schlaganfall hat seine Sprache schwer beeinträchtigt, trotzdem ringt er sich wacker ein paar Dankesworte ab: "Jennifer Lawrence, Chris Pine, Anna Kendrick, Kevin Hart", liest er von seinem Spickzettel. Pause. "Ich kenne diese Leute nicht."

Alle lachen: Natürlich kennt er sie. Und jeder weiß das auf dem Campus des MPTF-Seniorenheims am Mulholland Drive, wo die Gala stattfindet. Douglas ist vielmehr die Personifierung ihres Mottos, mit dem sie ihr Ego-Image Lügen strafen: "Taking care of our own." Wir sorgen für die Unsrigen - ein anachronistisches Motto in Zeiten, da Narzissmus und Selbstsucht florieren.

Dabei gehört Douglas zu denen, die gar keine Hilfe nötig haben: Er schaffte es vom bettelarmen Immigrantensohn zum Hollywood-Patriarchen. Seine Karriere kulminierte nicht nur in einem Ehren-Oscar und einer Presidential Medal of Freedom, sondern auch in einem 80-Millionen-Dollar-Vermögen.

Das wollen Douglas und Gattin Anne, die an diesem Abend neben ihm sitzt, komplett verschenken. Das meiste haben sie schon gespendet - an Unis, Schulen, Obdachlosenasyle, das Children's Hospital, dem sie einen 2,3-Millionen-Dollar-Operationsroboter kauften, sie tauften ihn Spartacus.

Allein 40 Millionen Dollar überwies Douglas an den MPTF. In dessen Alters- und Pflegeheim verbringen 1000 Hollywood-Senioren ihren Lebensabend: Studiobosse, Regisseure, Schauspieler, Kameraleute, Drehbuchautoren, Cutter, Masken- und Kostümbildner - die Fließbandarbeiter der Traumfabrik, deren Geschichten SPIEGEL ONLINE schon an anderer Stelle mal erzählte.

Klar, dass Douglas am Wochenende der Ehrengast ihrer Jubiläumsparty ist. Die Gärten des Motion Picture and Television Homes sind mit Laternen und Fotos alter Diven dekoriert: Lauren Bacall, Liz Taylor, Stummfilmlegende Mary Pickford, die den MPTF 1921 mit Ehemann Douglas Fairbanks und Charlie Chaplin aus der Taufe hob - sechs Jahre, bevor sie die Academy of Motion Pictures Arts and Sciences, die die Oscars vergibt, mitbegründeten.

Auf den Bänken sitzen weißhaarige Herrschaften, manche die Promis von einst, und warten auf die Promis von heute. George Clooney, ein MPTF-Vorstandsmitglied, ist der Conferencier des Abends. "Wir sind eine kleine Gemeinde", sagt er am Rande. "Wir müssen auf die Schwachen aufpassen."

"Es ist gut zu wissen, dass die Leute, die in dieser Industrie arbeiten, einen Ort haben, der sich um sie kümmert, wenn sie älter werden", sagt "Glee"-Star Jane Lynch zu SPIEGEL ONLINE. "Nicht jeder wird berühmt und reich."

Das können viele selbst unterschreiben. Bryan Cranston ("Breaking Bad") erzählt von seiner Mutter, die als Alzheimerpatientin im MPTF-Heim lebte, Chris Pine ("Star Trek") von seiner Großmutter, die hier 2003 verstarb.

"Egal, welche Rolle du spielst, wir sind eine Familie", sagt Hugh Jackman ("X-Men"). Später stimmt er auf der Bühne ein Medley aus seinem Film-Musical "Les Misérables" an, gekrönt vom Widerstandssong "One Day More".

Vor dem greisen Publikum, mit Kirk Douglas, dem König des alten Hollywoods, in der ersten Reihe, bekommt der eine ganz neue Bedeutung.

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