Nahverkehr bei der Fußball-WM in Doha:Die Katarer sind U-Bahn-Amateure

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"Wäjufrom?" Unverkennbar: Diesmal sind es U-Bahn-Reisende aus Mexiko, die durch Doha pendeln. (Foto: Manu Fernandez/AP)

Vielleicht sind die Deutschen gerade nicht mehr die Besten im Fußball. Aber am besten Bescheid wissen sie natürlich immer noch. Zum Beispiel übers U-Bahn-Fahren.

Glosse von Philipp Selldorf, Doha

Bekanntlich sind die Deutschen gern bereit, anderen Leuten und Ländern mit wertvollen Ratschlägen hilfreich zu sein. Sie müssen nicht darum gebeten werden, sie machen das ganz von selbst. Vielleicht sind die Deutschen im Moment nicht mehr die Besten im Fußball, aber am besten Bescheid wissen tun sie natürlich schon. Deswegen erfolgt an dieser Stelle kostenfrei und wie üblich ungebeten ein Hinweis an die Benutzer der Untergrund-Bahn von Doha: Bitte erst dann in den Waggon eintreten, wenn die aussteigenden Passagiere ihn verlassen haben. Danke.

Technisch ist die U-Bahn exzellent gelungen. Tüchtige Ingenieure haben die Katarer beim Bau beraten, namentlich die Leute von DB Engineering & Consulting, Tochter der Deutschen Bahn AG. Die Worte "Oberleitungsschaden" und "Stellwerkstörung" gibt es glücklicherweise im Arabischen noch nicht. Aber es gibt ein anderes Problem: Die Bewohner Dohas sind U-Bahn-Amateure. Erst im Jahr 2019 wurde die erste der drei Linien in Betrieb genommen. Knappe drei Jahre U-Bahn-Erfahrung - Katar steht in Fragen der Metro-Assimilation noch auf einer unteren Evolutionsstufe.

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Im katarischen Alltag mag das kein Problem sein, die Zahl der Passagiere bleibt dank des regen oberirdischen Automobilverkehrs überschaubar. Aber zurzeit sieht die Lage anders aus: Bisweilen finden in vier Stadien vier WM-Spiele hintereinander statt, Abertausende Fans aus aller Welt strömen durch die Gänge, dirigiert von uniformierten Helfern, die in ihren Heimatländern in riesenhafter Anzahl engagiert wurden, um während des Turniers als Platzanweiser zu fungieren.

Freundlich lächelnd zeigen sie einem den Weg, den man allerdings sowieso schon geht. Doch dorthin, wo es wehtut, wagen sie sich nicht: An die Zugänge der Züge, wo sich Aus- und Einsteigende im ebenso unerbittlichen wie urtümlichen Kampf um Austritt und Zutritt begegnen.

Dafür zeigen die netten Hilfskräfte aus Afrika oder vom indischen Subkontinent viel Interesse an den fremden Kulturen, die derzeit in Doha zusammenkommen. Woher man denn stamme, wäjufrom?, wollen sie wissen. Und wenn sie das zauberhafte Wort "Germany" hören, nennen sie sofort ein paar berühmte Deutsche. Besonders häufig zählen sie Neuer, "Muller", "Kross" oder "Rudiger" auf. Der Name DB Engineering & Consulting findet hingegen keine Erwähnung. Gern ist der Besucher aus Germany mit Nachdruck behilflich, die Wissenslücke zu schließen.

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