Der Artemis-1-Mission der Nasa ist momentan alles andere jenseits der Erdumlaufbahn untergeordnet. Die unbemannte Orion-Kapsel hat am vergangenen Donnerstag den Mondorbit verlassen und war nun ein letztes Mal nahe am Mond vorbei geflogen. Nun befindet sie sich auf der Heimreise, ihre Ankunft wird für den 11. Dezember erwartet. Damit auf den letzten Metern nichts passiert, steht das Raumfahrzeug in engmaschigem Kontakt mit der Missionszentrale, der Kommunikationsaufwand dafür ist enorm. Er ist faktisch so groß, dass selbst für Prestigemissionen wie das James-Webb-Weltraumteleskop (JWST) die Kommunikationsressourcen knapp werden.

Das Orion-Raumschiff hat den Mond (rechts vorne) umrundet und befindet sich auf dem Rückweg zur Erde (im Hintergrund).
Foto: Nasa

Vielbeschäftigtes Netzwerk

Der Kontakt der Nasa mit ihren vielen Raumfahrzeugen im interplanetaren Raum wird über das sogenannte Deep Space Network (DSN) abgewickelt. Das Netzwerk besteht aus drei über den Erdball verstreuten Antennenanlagen: dem Goldstone Deep Space Communications Complex in Kalifornien (USA), dem Madrid Deep Space Communications Complex in Spanien und dem Canberra Deep Space Communication Complex im Südosten Australiens. Schon bisher waren die Kapazitäten des Netzwerks weitgehend ausgeschöpft, die Artemis-Mission hat das Kommunikationsproblem nun aber empfindlich verschärft.

Seit Orion den Erdorbit am 16. November verlassen hat, steht das Raumschiff via Deep Space Network praktisch in ständigem Kontakt mit der Zentrale. Die zusätzliche Belastung durch Artemis war der Nasa durchaus bewusst, weshalb es für einige Antennen im Vorfeld ein Upgrade gab. Außerdem sollen weitere Antennen errichtet werden. Dass das vor allem in der aktuellen Situation nicht reichen würde, war der Nasa ebenso bewusst gewesen.

Weniger Kontakt zum Webb-Teleskop

"Im Sommer wurde uns mitgeteilt, dass das Deep Space Network nach dem Start von Artemis 1 mehr oder weniger ausschließlich mit dieser Mission beschäftigt sein wird", sagte Mercedes López-Morales vergangene Woche während einer Sitzung des Board on Physics and Astronomy der National Academies of Sciences der USA. Die Astrophysikerin am Harvard Smithsonian Center for Astrophysics ist auch Vorsitzende des JWST Users Committee, bekommt die aktuellen Einschnitte beim Betrieb des Webb-Teleskops also hautnah zu spüren.

Forschende müssen sich mit weniger Kommunikationszeit mit dem James-Webb-Weltraumteleskop begnügen – Artemis 1 hat Priorität.
Illustr.: NORTHROP GRUMMAN

Für den Betrieb des Webb-Teleskops reicht es aus, einmal pro Woche Steuerungsbefehle zu schicken. Doch Astronominnen und Astronomen, die das bisher größte und leistungsstärkste Weltraumteleskop für ihre Forschungen nutzen dürfen, benötigen einen deutlich häufigeren Austausch, denn immerhin müssen die gesammelten Beobachtungsdaten nach Hause geschickt werden – nach Möglichkeit noch ehe die Speicher des Webb-Teleskops voll sind.

Bis zu dreieinhalb Tage kontaktlos

Das ist aktuell jedoch schwierig: "Momentan kann die Kommunikationspause wegen Artemis 1 rund dreieinhalb Tage dauern", beklagte López-Morales. Das sei zu lange, so große Datenmengen ließen sich nicht speichern und herunterladen, so die Wissenschafterin laut Space.com.

Um die Gefahr zu minimieren, dass der Computer des Webb-Teleskops voll wird, ehe wieder Daten verschickt werden können, hat das Space Telescope Science Institute der Nasa in Maryland (das sowohl das Webb- als auch das Hubble-Weltraumteleskop betreut) angesichts der Artemis-Mission die Beobachtungspläne angepasst: Die Beobachtungsphasen wurden verkürzt und die Datenmengen dadurch verkleinert.

Keine befriedigende Lösung

Doch die Forschenden sehen darin keine befriedigende Lösung. Für die künftigen bemannten Mondmissionen fordern sie eine dauerhaftere Strategie gegen den Kommunikationsstau. "Wir bitten die Nasa verzweifelt, einen Plan zu entwickeln, um irgendwie mehr Zugang zu Antennen zu erhalten", sagte López-Morales. (tberg, red, 6.12.2022)