Versunkenes Ferienparadies Villa Epecuén taucht wieder auf

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Villa EpecuénErst Ferienparadies, dann versunkene Geisterstadt und auf einmal wieder da

Viele Jahrzehnte war Villa Epecuén Sehnsuchtsort vieler Argentinierinnen und Argentinier. Doch 1985 kam es zur Katastrophe. Ein Damm brach und der Bade- und Kurort wurde geflutet. Nach und nach kommen die Ruinen nun wieder zum Vorschein.  

Darum gehts

  • Der Bade- und Kurort Villa Epecuén hat seine besten Zeiten lange hinter sich.

  • Ein brechender Damm besiegelte im Jahr 1985 seinen – im wahrsten Sinne des Wortes – Untergang.

  • Mittlerweile sind ganze Strassenzüge wieder aufgetaucht und Villa Epecuén zieht wieder Touristinnen und Touristen an. 

  • Die kommen allerdings aus gänzlich anderen Gründen als damals. 

Kaum 600 Kilometer von der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires entfernt, ereignete sich im Jahr 1985 eine Katastrophe. Die veränderte nicht nur das Leben der rund 1500 Einwohnerinnen und Einwohner von Villa Epecuén schlagartig und dauerhaft, sondern auch das vieler Argentinierinnen und Argentinier. Denn seit seiner Gründung im Jahr 1921 war das Städtchen neben dem an der Atlantikküste gelegenen Mar del Plata einer der beliebtesten Urlaubsorte der Menschen im Land: Hierher kamen sowohl die Wohlhabenden, als auch Gäste, die am Rande des Lago Epecuén, einem Salzsee, ihre Neurodermitis, ihre Schuppenflechte oder ihr Rheuma kurieren wollten (siehe Box). 

Doch ausgerechnet der See, der die Region über 60 Jahre florieren liess, setzte den guten Zeiten ein plötzliches Ende: Sintflutartige Regenfälle folgten auf eine Reihe sehr nasser Winter. Am 10. November 1985 preschte ein heftiger Sturm über die Region, der die Dämme zum Einbrechen brachte. Der See überflutete die Strassen der Stadt. Hals über Kopf stürzten die Menschen aus ihren Häusern, innert weniger Tage stand ganz Villa Epecuén bis zu zehn Meter unter Wasser.

Die kurze Erfolgsgeschichte von Villa Epecuén

Fehlentscheidung und Dauerregen führten zum Untergang Villa Epecuéns

Verantwortlich für die Katastrophe waren das in der Gegend unberechenbare Klima und die Experimentierfreude der Regierung der zuständigen Provinz Buenos Aires. So waren die 1930er- und 1940er-Jahre von einer starken Trockenheit geprägt: Es regnete so gut wie nie. Das führte dazu, dass der Lago Epecuén – so wie auch das Tote Meer – zusehends schrumpften. Das Wasser im See ging teilweilse soweit zurück, dass an den Promenaden und Stegen der Ferienressorts kaum noch Wasser war. 

Um einen weiteren Rückzug des Tourismusmagneten zu verhindern, entschieden die Regierenden im Jahr 1975, den See über einen Kanal zu versorgen und beschlossen den Bau eines Damms und des 25 Kilometer langen Ameghino-Kanals. Dieser sammelte Wasser aus weiter entfernten Seen und Flüssen und leitete es in ein System von sechs grossen Seen, deren letzter der Lago Epecuén war. Dadurch sank zwar der Salzgehalt im See, der Hauptgrund für den Besucherstrom, aber das erschien gegenüber der weiteren Verlandung des Sees als das kleinere Übel. So dachte man.

Doch nach Jahren der Trockenheit stiegen in den 1980er-Jahren die Niederschlagsmengen plötzlich wieder stark an. Im Schicksalsjahr 1985 regnete es fast dreimal so viel wie in den trockensten Jahren. Am 10. November konnte der Damm, der Villa Epecuén seit dem Jahr 1980 schützte, die aufgestauten Wassermassen nicht mehr halten. Er brach – und der einst strahlende Tourismusort ging unter, ausgerechnet in dem See, der eigentlich die Basis des Erfolgs war. 

Heute zieht Villa Epecuén erneut Touristinnen und Touristen an

Doch seit einigen Jahren taucht das «real-life Atlantis», wie britische Medien Villa Epecuén in Anlehnung an das vom Philosophen Platon beschriebene mythische Inselreich getauft haben, wieder auf. Auch dafür ist das Klima verantwortlich: Denn so, wie zur Zeit des Untergangs des Kurorts der Regen ohne Unterlass fiel, fällt er heute so gut wie gar nicht mehr. Seit rund zwei Jahrzehnten gibt es immer wieder lange Trockenperioden – und der Wasserspiegel des Sees ist wieder deutlich gesunken.

Seit etwa Mitte der 2000er-Jahre geht das Wasser des Sees wieder zurück und bringt die versunkenen Gebäude langsam zum Vorschein. Mittlerweile ist ein grosser Teil der Stadt sichtbar. Es ist eine Szenerie wie aus einem apokalyptischen Endzeitfilm und zugleich eine Momentaufnahme des 10. Novembers 1985. Überall sind die verrosteten Skelette von Autos und verwitterte Gebrauchsartikel zu entdecken. Und obwohl der Badeort nicht wieder aufgebaut wurde, zieht er erneut Besucherinnen und Besucher an. Statt sich wie einst zu sonnen und zu erholen, klettern sie heute durch die Ruinen der Geisterstadt. 

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