Die Angler vom Buchenbach Winnenden: Wie viele Fische sind pro Saison am Haken?
Viele verschiedene Fischarten tummeln sich in den Winnender Bächen: Flussbarsche, Aale, Grundeln, ... – und Forellen. Zu diesen hat der Angelverein „Früh Auf“ Winnenden ein besonderes Verhältnis. Jährlich setzt er neue Fische in den Buchenbach und den Zipfelbach ein. 80 Kilogramm, 300 bis 400 junge Bachforellen, waren es in diesem Frühjahr. Der Vorsitzende Oliver Kurz (51) berichtet, wie viele Fische die Angler im Gegenzug am Haken haben, was „waidgerechtes“ Töten ist, und wieso es ihm beim Angeln letztlich gar nicht so wichtig ist, ob nun einer anbeißt oder nicht.
Mitten in der Stadt – und einfach mal weg
Für das Treffen mit der Redaktion hat der 51-Jährige seinen Lieblingsplatz gewählt: ein idyllisches Plätzchen an einem Wehr, zwischen der vielbefahrenen Winnender Straße nach Leutenbach und dem Firmensitz der Weltfirma Kärcher. Hier, wo ein Mühlkanal vom Buchenbach abzweigt, plätschert das Wasser, rauscht der Wind durch die Blätter von Büschen und Bäumen am Ufer. „Dieser Ort ist für mich etwas ganz Besonderes“, sagt Oliver Kurz. „Hier bin ich schon in der Jugend gerne hingekommen. Es ist mitten in der Stadt – und du bist trotzdem einfach mal weg.“ Der Familienvater arbeitet in leitender Position bei Mercedes AMG in Affalterbach. Er hat beruflich viel zu tun. Umso mehr genießt er die Stille und Natur am Bach.
Und natürlich hat Oliver Kurz seine Angel dabei. Er befestigt den „Spinner“ am Haken, einen silbernen Kunstköder, der aussieht wie ein kleiner Löffel. Er dreht sich um den Haken und soll die Forellen anlocken. Um die 50 aktive Angler zählt der insgesamt 100 Mitglieder starke Angelverein. In der Angelsaison zwischen März und September haben sie im vergangenen Jahr rund 130 Fische gefangen. „Das hält sich in Grenzen“, sagt Oliver Kurz, „darum geht’s aber auch nicht. Ich komme auch gerne mal her und fange nichts. Angeln ist Abschalten.“ Wenn aber ein Fisch am Haken zappelt – und das ist ja doch der Hauptgrund dafür, dass die Angel überhaupt ausgeworfen wird (Oliver Kurz: „Da kommt der Jäger und Sammler raus“) –, dann landet er später auch bei Familie Kurz auf dem Teller, am liebsten geräuchert.
Denn „fish and release“, also das Fischen am Spaß an der Freude, bei dem die Tiere wieder zurück ins Wasser geworfen werden, ist im Angelverein verpönt. Das bedeutet wiederum: Der gefangene Fisch muss getötet werden. „Das liegt in der Natur der Sache. Aber mir liegt viel an einer waidgerechten Behandlung der Fische“, sagt Oliver Kurz. Ein Schlag auf den Kopf, wie er häufig praktiziert wird, betäube den Fisch nur. „Normalerweise muss man den Fisch gleich mit einem Kiemenschnitt töten. Das ist waidgerecht. Das heißt, dem Tier so wenig Leid wie möglich beizubringen.“
500 Euro zahlt der Verein pro Jahr
Angeln ist das eine, doch der Verein ist auch für die Hege der Winnender Bäche zuständig. Erst vor wenigen Wochen ist das Fischereirecht im Buchenbach und Zipfelbach von der Stadt Winnenden neu verpachtet worden an den „Früh Auf“. 500 Euro im Jahr zuzüglich Steuern zahlt der Verein in den kommenden neun Jahren dafür. Das Gebiet reicht in Bezug auf den Buchenbach von der Markungsgrenze Höfen bis zur Markungsgrenze Leutenbach und beim Zipfelbach von der Markungsgrenze Breuningsweiler bis zur Markungsgrenze Schwaikheim. Mit einbegriffen sind die „Nebenbäche, jedoch ohne Hambach“, hieß es in der Vorlage für den Verwaltungsausschuss. Der Buchenbach ist in diesem Bereich rund 2,3 Kilometer lang, der Zipfelbach rund 6,5 Kilometer.
Als Pächter ist der Verein verpflichtet, sich gemäß Fischereigesetz für Baden-Württemberg um die Bäche zu kümmern („Hegepflicht“).
Dass die Stadträte sich einstimmig dafür ausgesprochen haben, dem Angelverein das Recht bis Ende 2032 zu erteilen, war Formsache. Der Angelverein kümmert sich bereits seit 1970 um die Gewässer – und das mit großem Einsatz. So geht auf die Ehrenamtlichen unter anderem die Aktion „Winnenden putzt“ zurück. Jedes Jahr ziehen die Helferinnen und Helfer in einer gemeinsamen Putzete Fahrräder und anderen Schrott aus den Bächen. Im laufenden Betrieb sorgen sie zum Beispiel dafür, dass die Fischtreppen frei von Hindernissen bleiben.
Beim Angeln achtet der Verein auf die Schonzeiten für die Fische von Ende September bis Ende Februar. Und an seinem Biotop bei der alten Kläranlage unterhalb von Breuningsweiler, das nach dem früheren Stadtrat Frieder Keim benannt ist, auf die Brutzeiten der Enten und anderer Vögel.
Apropos Kläranlagen: Diesen sei es zu verdanken, so Oliver Kurz, dass die Wasserqualität sich im Vergleich zu früheren Jahren, als der Verein regelmäßig Hygieneartikel und anderen Unrat aus den Bächen fischte, stark verbessert hat. „Das sieht man nicht nur an den Fischen. Weiter oben gibt es den Eisvogel. Das ist eine Art, die sauberes Wasser und eine entsprechende Umgebung braucht. Und das gibt’s hier am Buchenbach, da sind wir stolz.“ Die ordentliche Wasserqualität bildet auch die Voraussetzung dafür, dass sich die Fische, die der Verein jährlich an drei verschiedenen Punkten einsetzt, eigenständig vermehren. Laichplätze sind die Kiesstrecken oberhalb von Winnenden in Richtung Höfen, an denen sich die Bachforellen wohlfühlen.
Forelle wie Verein: Standorttreu
Für diese Fischart hat sich der Angelverein übrigens entschieden, weil sie – anders als zum Beispiel die Regenbogenforelle – standorttreu ist. Das ist eine Parallele zu den Anglern, die am Buchenbach und Zipfelbach auf eine jahrzehntelange Tradition zurückblicken. Für die Zukunft des Angelvereins wird es jedoch wichtig sein, Nachwuchs zu gewinnen. Aktuell sind nur ein knappes Dutzend Jugendliche mit von der Partie. „Es ist schwierig, die Jugend bei der Stange zu halten“, sagt Oliver Kurz, da sei er selbst das beste Beispiel gewesen: „Wenn du flügge wirst, die erste Freundin hast, Geld verdienen willst, dann wird der Verein zweitrangig. Und irgendwann kommst du wieder zurück.“