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Medikamentenmangel: Welche Wirkstoffe betroffen sind und warum

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PD Dr. med. Dominik Pförringer
Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie
Akademischer Direktor des TUM Venture Lab Healthcare
Gründer des Digital Health Summit
Autor und Unternehmer
MBA INSEAD
„Wir müssen Pharmakonzerne in Deutschland fördern“, sagt der Münchner Orthopäde PD Dr. Dominik Pförringer. © PD Dr. med. Dominik Pförringer

Lieferschwierigkeiten, Marktrücknahmen und Produktionsverlagerung – der Medikamentenmangel in Deutschland wird immer mehr zum Problem. Top-Arzt gibt Tipps für Patienten.

Ist es für eine gute Patientenversorgung nötig, dass Arzneimittel in Deutschland produziert werden? Diese Frage diskutierte jetzt der Gesundheits- und Pflegepolitischen Arbeitskreis der CSU in München. Michael Hennrich, Geschäftsführer des Bundesverbands der Arzneimittelhersteller, betonte, dass bürokratische Hürden abgebaut und regulatorische Erleichterungen geschaffen werden müssten. Wie betrifft die Abwanderung der Arzneimittelproduktion die Patienten und was kann der Einzelne tun? Susanne Sasse sprach für 24vita.de und die Ippen-Mediengruppe mit Privatdozent Dr. Dominik Pförringer, niedergelassener Orthopäde in München.

Immer wieder fehlen Medikamente – etwa Hustensäfte, Antibiotika und Antidepressiva. Kennen Sie solche Probleme aus Ihrer Praxis?

Es vergeht kein Tag, an dem mir nicht ein Medikament fehlt. Zum Beispiel Lokalanästhetika, an denen mangelt es uns laufend. So sind etwa verschiedene Dosierungen und Kombinationen seit geraumer Zeit nicht lieferbar. Diese Mittel braucht ein Orthopäde relativ regelmäßig, unter anderem, um muskuloskelettale Funktionsstörungen, sogenannte Dysbalancen, zu therapieren. Ich muss immer wieder auf Ersatzhersteller zurückgreifen oder auf andere Kombinationen, das schränkt den Alltag stark ein. Auch fehlen Basismedikamente wie Aspirin oder Zink als Infusions-Lösungen. Ich spreche regelmäßig mit den deutschen Herstellern, die mir berichten, dass sie Rohstoffe aus Asien auf unbestimmte Zeit nicht mehr erhalten.

Haben wir uns in Deutschland im Bereich Pharma das Heft aus der Hand nehmen lassen?

In vielen Bereichen ist das wohl so, zum Beispiel bei den Generika, hier dominiert der Preiskampf und in Deutschland ist es nicht mehr möglich, sie so günstig herzustellen, wie das anderswo möglich ist. Auch, weil es in anderen Regionen beispielsweise an Umweltschutzauflagen fehlt und kontaminiertes Abwasser weitgehend ungeklärt abgeleitet wird. Seit mehr als zehn Jahren wird kein Antibiotikum mehr in Deutschland hergestellt. Wir haben uns also global abhängig gemacht in dem klaren Wissen, dass beispielsweise ein Antibiotikum über Leben oder Tod entscheiden kann.

PD Dr. med. Dominik Pförringer
Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie
Akademischer Direktor des TUM Venture Lab Healthcare
Gründer des Digital Health Summit
Autor und Unternehmer
MBA INSEAD
„Wichtig ist auch die Vor-Ort-Apotheke, die kompetent berät und persönlichen und individuellen Service bietet“, sagt der Münchner Orthopäde PD Dr. Dominik Pförringer. © PD Dr. med. Dominik Pförringer

Deutschland ist ein 1A-Standort, an den es zu glauben und den es zu unterstützen gilt

PD Dr. Dominik Pförringer

Können auch Patienten hier etwas bewirken?

Ich ziehe folgenden Vergleich: Ich steige an einem Taxistand ausschließlich in deutsche Fahrzeuge. Als Arzt verschreibe ich vorzugsweise Produkte, die in Deutschland hergestellt und damit den hohen deutschen Standards gerecht werden. Auch Patienten können darauf achten, Produkte zu bevorzugen, auf die sie sich verlassen können, da sie in Deutschland hergestellt werden. Es geht um das Aufrechterhalten von Qualität, Verlässlichkeit und Zuverlässigkeit. In diesem Kontext darf man auch die Vor-Ort-Apotheken nicht vergessen: Es vergeht keine Woche, in der ich nicht mit der Apotheke persönlich zu Details in Medikation und Rezeptierung telefoniere. Dieser Service kommt meinen Patienten zugute, den gibt es bei einem Online-Anbieter in der Form nicht. Dieser persönliche Austausch ist wichtig. Eine Person am Apparat zu haben, die helfen kann, die kompetent beraten kann und die sich kümmert bis das Thema gelöst ist, das macht den Unterschied. Ein Mensch, der zum Beispiel, wenn ein Medikament nicht lieferbar ist, nach einer adäquaten Alternative sucht. Keine Warteschleife, keine anonyme Online-Suche.

Was ist Ihr Ausblick für die Zukunft?

Im Nachgang der pandemischen Situation und andere Krisen haben wir festgestellt, dass wir auf deutscher und auf europäischer Ebene zusammenhalten und -arbeiten müssen. Es geht um das Wissen, wer verlässliche Partner sind und nicht nur darum, ob ein digitaler Ansprechpartner kurzfristig den billigsten Preis bietet. Deutschland ist ein 1A-Standort, an den es zu glauben und den es zu unterstützen gilt. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen müssen so sein, dass es wieder interessant ist für Fachkräfte, hier zu arbeiten. Auch müssen die regulatorischen Rahmenbedingungen für Unternehmen verbessert werden. Zudem müssen die Energiekosten deutlich sinken, damit nicht noch mehr energieintensive Unternehmen abwandern.

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