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Gut für Alltag und Track Porsche 911 Turbo S Coupé - irre Performance unter dem Radar

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Von vorn wirkt der stärkste Elfer aus dem Porsche-Modellprogramm äußerst dezent.

Von vorn wirkt der stärkste Elfer aus dem Porsche-Modellprogramm äußerst dezent.

(Foto: Patrick Broich)

Ein unauffälliger Supersportler für alle Fälle im klassischen Gewand eines Porsche 911? Geht in Form des Turbo S. ntv.de war in dem Reiseschnellwagen unterwegs.

Der legendäre Porsche 911 war und ist ein besonderer Sportwagen. Aber nicht besonders im ureigentlichen Sinne von abgehoben oder versnobt. Der Elfer ist besonders, weil er so bodenständig ist. Bevor Sie jetzt erzürnt widersprechen: Ja, natürlich ist der Elfer keinesfalls preiswert. Seine Kurse sind selbst im günstigsten Falle sechsstellig (122.493 Euro, um genau zu sein). Und auch der Hinweis, dass der womöglich berühmteste Sportwagen der Welt ultrawertstabil sei, befreit den Käufer ja nicht davon, die Summe zunächst einmal vorfinanzieren zu müssen. Aber sei es drum.

Typisch 911. Diese Silhouette ist unverkennbar.

Typisch 911. Diese Silhouette ist unverkennbar.

(Foto: Patrick Broich)

Der Elfer ist nichtsdestotrotz eine unprätentiöse Fahrmaschine. Superschnell auf der Landstraße, superschnell auf dem Track. Supersolide, superhaltbar. Und bei zurückhaltender Fahrt nicht einmal gefräßig (unter neun Liter gehen immer bei ruhiger Fahrt). Und jetzt kommt's: Den Elfer empfinden so manche Kunden sogar als reisekompetent. Alltagstauglich ist er sowieso bis auf die lauten GT-Modelle.

Einige technische Schmankerl

Der Turbo-Spoiler mutet recht dezent an.

Der Turbo-Spoiler mutet recht dezent an.

(Foto: Patrick Broich)

Den Spagat zwischen profaner Unauffälligkeit und schriller Performance auf die Spitze aber treiben die Turboversionen. Und weil es Porsche gerade nicht kleiner hatte, handelt diese Geschichte von genau dieser Version. Sogar von einer Turbo-S-Ausgabe, quasi der Ausgabe für automobile Feinschmecker. Und weil die finanzielle Einstiegshürde besonders hoch hängt, verdient die Preisstruktur einen sorgfältigen Blick. Nicht nur die reine Motorleistung des 3,7 Liter großen Sechszylinders ist mit 650 PS überragend hoch. Der Turbo S bietet auch noch andere bei den Basismodellen aufpreispflichtige Schmankerl. Doch der Reihe nach.

Zunächst stellt sich die Frage, warum es überhaupt ein Turbo S sein muss statt eines Turbos ohne "S". Denn der kostet mit 214.242 Euro satte 32.606 Euro weniger. Dafür kommt die Turbo-Basis mit 70 Pferdestärken Minderleistung sowie ohne Keramikbremsen daher. Und der Spurt von 0 auf 200 km/h gelingt nicht ganz so feurig (9,7 statt 8,9 Sekunden). Außerdem liegt die Topspeed bei "nur" 320 statt 330 km/h.

Beim Kombiinstrument bleibt sich Porsche treu: Der große Drehzahlmesser in der Mitte gilt als gesetzt. Und er ist im Gegensatz zu den restlichen Instrumenten mechanisch.

Beim Kombiinstrument bleibt sich Porsche treu: Der große Drehzahlmesser in der Mitte gilt als gesetzt. Und er ist im Gegensatz zu den restlichen Instrumenten mechanisch.

(Foto: Patrick Broich)

Ja, richtig, Nonsens-Diskussion. Doch mehr ist eben mehr, eine Lebensweisheit, die auch die gerade verstorbene Stilikone Iris Apfel zu schätzen wusste. Und ein klitzekleines bisschen Prestige dürfte auch eine Rolle spielen bei der Wahl - allein der Schriftzug "Turbo S" macht schon etwas her. Übertrieben wirkt das Heck des Topelfers dann aber auch wieder nicht. Das Spoilerchen in eingefahrener Stellung ist winzig im Vergleich zum Riesengeweih eines GT3 RS.

Der Porsche 911 Turbo S ist sogar langstreckentauglich

Aber noch einmal zu den technischen Schmankerln: Kein Turbo-Modell verlässt das Band ohne Hinterachslenkung und Allradantrieb. Letzterer ist angesichts der Leistung auch eine wirklich gute Idee. Vor allem bei feuchter Straße wäre der Turbo mit bloß einer angetriebenen Achse nur noch schwierig beherrschbar. So verzeiht der 4,54 Meter lange 4x4 mit den 315er-Walzen hinten auch mal einen beherzten Gasstoß. Und dass die Hinterachse mitlenkt, schafft den 1,7-Tonner noch ein bisschen zackiger um die Ecke als sowieso schon. Der Fahrwerks-Schnickschnack ist im Falle lockerer Budget-Grenzen übrigens noch deutlich erweiterbar. Was darf Porsche Ihnen Gutes tun? Liftsystem gegen 2416 Euro? Vielleicht für verspielte Naturen. Oder zehn Millimeter Tieferlegung zu 1488 Euro Mehrpreis? Bloß nicht, denn hier und heute soll ja ausgelotet werden, ob der Spitzen-Elfer alltags- und vielleicht sogar langstreckentauglich ist.

Mit dem kleinen Stummel in der Mittelkonsole wird die Achtgang-Automatik (Doppelkupplung) bedient. Die beim Testwagen installierte Sportabgasanlage, bedienbar per Touchscreen, kostet selbst im Falle des Turbo S Aufpreis.

Mit dem kleinen Stummel in der Mittelkonsole wird die Achtgang-Automatik (Doppelkupplung) bedient. Die beim Testwagen installierte Sportabgasanlage, bedienbar per Touchscreen, kostet selbst im Falle des Turbo S Aufpreis.

(Foto: Patrick Broich)

Wichtig an dieser Stelle zu wissen wäre, dass der Turbo primär kein Tracktool ist, wenngleich er auf der Rennstrecke sicherlich alles andere als schlecht abschneiden würde. Also verzichtet auch der Testwagen auf Käfig oder Schalensitze. Stattdessen gibt es sogar recht bequeme Fauteuils mit Klimatisierung und vielfacher elektrischer Verstellung. Wenn man hier erst einmal hineingeplumpst ist (klar ist der Elfer tief), sitzt es sich nicht weniger bequem als in anderen Autos, die man eher als reisetauglich einstufen würde.

Und der Raumeindruck? Na ja, die Knie sind auf Tuchfühlung mit der breiten Mittelkonsole positioniert, aber ansonsten dürften sich mittelgroße Europäer nicht beengt fühlen.

Das 800-Newtonmeter-Biest beschleunigt urgewaltig

Viel Gepäck lässt sich in dem Supersportler nicht mitnehmen.

Viel Gepäck lässt sich in dem Supersportler nicht mitnehmen.

(Foto: Patrick Broich)

Und das Klangbild nach dem Motorstart (der natürlich auf der linken Seite erfolgt)? Jedenfalls nicht ohrenbetäubend und bei hoher Drehzahl immer mit Garantie auf Gänsehaut - also grummelig nach typischer Boxermanier. Aber jetzt wird es erst richtig spannend - denn wie fährt man den Turbo S eigentlich am besten? Je nach Laune entspannt bei niedrigem Drehzahllevel und dennoch hoher Elastizität. Oder mühelos mit dem ungeheuren Turbo-Biss, den die zweifellos faszinierenden GT-Elfer nicht bieten können (und wollen), weil ihr mit deutlich unter 500 Newtonmetern eher drehmomentschwacher Sauger einfach auf mörderische Drehzahlen ausgelegt ist. Hier kannst du die Urgewalt des 800-Newtonmeter-Biests schon im Ansatz erahnen, wenn du das rechte Pedal bloß wenige Millimeter in Richtung Bodenblech schiebst. Bei Volllast geht es dann infernalisch nach vorn.

Die dabei erzeugte Emotionalität kann übrigens auch ein bäriger elektrischer Antrieb nicht transportieren. Anschließend runter vom Gas und einfach mal bei 120 km/h und (aktivem) Tempomaten ein paar Hundert Kilometer lang entspannen. Geht das? Und wie das geht! Plötzlich entpuppt sich der stärkste Elfer als gechillter Langstreckler. Na ja, vielleicht besser gesagt: geschmeidiger Allrounder. Natürlich federt die Porsche-Legende nicht so sanftmütig wie eine S-Klasse von Mercedes, aber sie kann Kilometer fressen ohne Beschwerden.

Wer sich dem Turbo übrigens von vorn nähert, merkt nichts von Prollgehabe und Co. Zwar ist er fünf Zentimeter breiter als die Basis-Elfer, aber verzichtet auf unnötige Designspielereien am Karosseriekleid. Und es gibt exakt so viel Lufteinlass wie nötig. Beim Topmodell wird die Aerodynamik außerdem variabel modelliert mit aktiven Kühlluftklappen sowie einem ausfahrbaren Bugspoiler.

Also Langstrecke oder Track? Wie wäre es mit beidem. Oder damit, einfach nur zügig ans Meer zu fahren. Allerdings ist das Gepäckraumvolumen mit weniger als 400 Litern eingeschränkt, sodass sich die zwei Fahrgäste vorn (der Fond mit seinen beiden Notsitzchen wäre dann doch etwas zu strapaziös aufgrund der Enge) ebenfalls einschränken müssen bei der Mitnahme von Kleidung und Proviant. Mit dieser Beschränkung werden die Turbo-Fans ganz sicher leben können. Und die Mundwinkel dabei immer oben tragen.

Quelle: ntv.de

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