Schopfheimer Bezirksamt Entscheidung vertagt

Anja Bertsch
Eine Rampe an der Front des ehemaligen Bezirksamts könnte künftig für einen barrierefreien Zugang auch von vorn sorgen. Die steht allerdings ebenso zur Disposition wie die gesamte Sanierung. Foto: Architekten

Skeptisches Nachhaken im Detail, Zweifel im Grundsätzlichen, eine Sitzungsunterbrechung und die Rede von einem „Schandfleck in bester Lage“: Die Entscheidung über die Sanierung des Bezirksamts war eine schwere Geburt – und fiel letztlich aus.

Überwiegend skeptische Stimmen aus dem Ratsgremium einerseits, die Verwaltung um Bürgermeister Dirk Harscher als klare Befürworter der Sanierung andererseits: So lassen sich die Lager skizzieren, die sich im Gemeinderat eine ausgiebige Diskussion lieferten. Letztlich wurde das Thema mit knappster Mehrheit (zehn zu neun Stimmen) vertagt.

Diese Entscheidung kam (einem Detail der Gemeinderats-Geschäftsordnung geschuldet) einem Antrag der CDU zuvor, der das Thema noch weiter in die Zukunft verschoben hätte: Die Maßnahme solle nicht weiter verfolgt werden, „bis wir wissen, wo wir mit dem Gebäude überhaupt hinwollen“, hatte Thomas Kuri gefordert; denkbar sei schließlich, dass die Stadt es in einigen Jahren verkaufe. Der Handlungsbedarf bei anderen Gebäuden – vor allem Schulen und Kitas –sei deutlich größer. Das für die Sanierung eingeplante Geld sei dort besser aufgehoben: Insgesamt sind 2,8 Millionen Euro veranschlagt; für die Stadt bleiben nach Abzug von Zuschüssen 1,5 Millionen .

Was ist geplant?

Martina Milarch vom städtischen Gebäudemanagement und Architekt Harald Klemm vom Büro Brüderlin + Klemm hatten zuvor skizziert, was an dem historischen Gebäude zu tun ist – und das ist vom Sockel bis zum Dach und von innen wie außen einiges: Die Sandsteineinfassungen der Fenster des älteren Gebäudeteils (von vorn: links) sowie dessen Sandsteinsockel sind stark sanierungsbedürftig, die Fassade soll restauriert und der Wärmeschutz der Büros verbessert werden. Das Dach ist undicht und soll nicht nur repariert, sondern energetisch saniert werden; aktuell entsprächen Räume weder der Arbeitsstättenverordnung in Sachen Hitzeschutz noch den Standards in Sachen energetischer Dämmung. Im Zuge der Arbeiten in der oberen Gebäuderegion soll zudem aktuell ungenutzter Raum unterm Dach zu Büros und WCs ausgebaut werden.

Weitere Maßnahmen unterm Energie-Aspekt sind der Bau einer PV-Anlage auf der Rückseite des Daches und die Umrüstung auf energiesparende LED-Beleuchtung; aktuell ist das Gebäude einer der größten Stromfresser unter den städtischen Gebäuden. In Zusammenhang mit der geplanten PV-Anlage steht die Angleichung der Höhe der Dächer von Lift und Treppenhaus auf der Rückseite des Gebäudes, die auch gleich noch für ein harmonischeres Aussehen sorgen soll, wie Klemm erläuterte. Auf der Vorderseite des Gebäudes wiederum soll der Eingangsbereich mit Tür und Treppenaufgang überarbeitet werden. Optional ist hier eine behindertengerechte Rampe. „Es bleibt das Gebäude wie Sie es kennen – soll aber nach der Sanierung einfach wieder richtig schön dastehen“, fasste Architekt Klemm zusammen.

Premium vs. Pflicht

Ob neue Räume im Dachgeschoss, neue Eingangstür oder Größe der geplanten PV-Anlage auf dem Dach: In der Diskussion hinterfragten die Gemeinderäte zahlreiche Einzelheiten der vorgestellten Planung und wünschten sich detailliertere Erläuterungen: „Was ist Pflichtprogramm, was ist Premiumvariante?“ Unter diesem Aspekt hätte er sich eine bessere Aufschlüsselung erwartet, merkte etwa Felix Straub (Grüne) an – und vermerkte auch nach den Erläuterungen der Verwaltung „gewisse Ungereimtheiten“, die ihn zum Vertagungsantrag veranlassten. „Wir können uns das momentan in der Form nicht erlauben“, flankierte Fraktionskollege Ernes Barnet.

„Das ist alles kein Luxus. Das ist einfach das, was wir machen müssen“, hatte zuvor der Technische Beiogeordnete Thomas Schmitz betont und auf das undichte Dach ebenso verwiesen wie auf „bröselnde Fensterleibungen“ und den Platzmangel im Rathaus: „Das einzige, was uns im Moment „rettet“, ist der Fachkräftemangel: Wenn alle Stellen besetzt wären, wüssten wir gar nicht, wo wir die Mitarbeiter hinsetzen sollen.“ Auch Kai Horschig (Freie Wähler) und Thomas Gsell (SPD) sprachen sich für die Sanierung aus und wollten die von Thomas Kuri ins Feld geführte ungewisse Zukunft in Sachen Besitzverhältnisse nicht gelten lassen: „Wir haben in zehn Jahren sicher kein neues Rathaus auf der grünen Wiese und dafür dieses Gebäude hier verkauft“, so Horschig. Die Sanierung sei immer wieder geschoben worden – „jetzt müssen wir mal ran. Das ist korrekt, richtig und wichtig.“

„Schandfleck in bester Lage“

„Das Gebäude wird mit großer Wahrscheinlichkeit noch ziemlich lang im Besitz der Stadt und Sitz der Verwaltung sein“, erklärte auch Bürgermeister Harscher. Und: Die Maßnahmen seien nichts anderes als Werterhalt, der ganz unabhängig von künftigen Besitzverhältnissen nötig sei: „Da muss was gemacht werden; das ist diskussionslos.“

Und ebenfalls ganz unabhängig von künftigen Besitzverhältnissen gelte: Das ehemalige Bezirksamt bleibt als stadtbildprägendes Gebäude an zentralster Stelle am Marktplatz stehen – und ist dort mittlerweile zum „Schandfleck in bester Lage“ verkommen, griff Harscher schließlich zu drastischen Worten, um die Gemeinderäte doch noch zum „Ja“ für die Sanierung zu bewegen. Letztlich vergeblich.

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