"Shoppen kannst Du hier ja nicht"

Fast keine Leerstände, konstatiert die Pressestelle der Stadt in der Heppenheimer Innenstadt. Foto: Marius Blume
© Marius Blume

Der Onlinehandel macht Geschäften in der Heppenheimer Innenstadt zu schaffen. Was Wirtschaftsvereinigung und Stadt zur Situation sagen.

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HEPPENHEIM. Abgeklebte Scheiben, verbarrikadierte Türen, leer gefegte Straßen: Immer mehr Leerstände in Hessens Städten geben Anlass zur Sorge. Auch in Heppenheim hat man sich mit dem Thema beschäftigt und überlegt, wie die Kreisstadt neue Anreize für Wirtschaftstreibende und Händler schaffen könnte.

Die Corona-Krise hat den ohnehin stattfindenden Strukturwandel noch verstärkt. Während der Onlinehandel profitierte, meldet der Einzelhandel hohe Umsatzeinbußen. Die Starkenburg-Passage in der Fußgängerzone wirkt aktuell recht trostlos. Auch im Industriegebiet gibt es leere Objekte.

Die 15-jährige Emelie ist am Samstag mit ihren Freundinnen in der Kreisstadt unterwegs. Sie wünscht sich eine namhafte Modekette in der Innenstadt: "Zara oder H&M." Später wollen die jungen Frauen noch nach Mannheim. "Shoppen kannst du hier ja nicht", befindet die 15-Jährige. Diesen Anspruch habe sie aber an ihre Heimat nicht: "Dann lieber mal durch die Großstadt bummeln", sagt sie. Einmal im Monat fahren die jungen Hessinnen hinüber nach Baden-Württemberg.

Mit den Eltern gehe es ab und an nach Frankfurt. Meistens, wenn eine größere Anschaffung ansteht. "Neue Schuhe oder eine dicke Winterjacke", sagt die Schülerin. Ansonsten shoppe man online: "Das ist ja einfach und praktisch." Vom "Heimat shoppen" haben die Drei nach eigener Auskunft schon gehört, sagen sie. Kleinigkeiten würden sie auch hier einkaufen. Mal ein Buch, Lebensmittel, Drogerie-Artikel. Meist geht es aber nur zum Spazieren oder Essen in die Heppenheimer Stadt, erklären sie.

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Eine Tendenz, die sich schon länger abzeichnet, und bekannt ist. Christopher Hörst, Vorsitzender der Heppenheimer Wirtschaftsvereinigung, kennt die aktuellen Schwierigkeiten. "Belebungen, und das gilt für alle Bereiche der Stadt, können nur erfolgen, wenn Gründungen auch angenommen werden. Jedwedes Geschäft das laufen soll, muss Umsätze haben, sonst ist das Ende absehbar", sagt er. Prinzipiell wünscht sich Hörst, dass auch die Geschäftstreibenden etwas aktiver werden. "Das heißt dann beispielsweise, einfach bei Stadt-Aktionen mitmachen. Bei einem Fest die Ladentür öffnen, sich nicht selbst ausgrenzen." Denn so viel sei klar: Wenn das bestehende Angebot nicht oder nur unzureichend angenommen wird, wird auch niemand etwas Neues wagen. "Die Bürger entscheiden eigentlich mit ihren Füßen", meint Hörst.

Den Wunsch der Mädchen hat Christopher Hörst schon öfter gehört. Doch er sagt ganz klar: Es nutze nichts, sich einen H&M zu wünschen, seine Kleider aber gar nicht in Heppenheim zu kaufen. Erfreulich sei immerhin, dass die, die da sind, sich wacker halten.

Nora Langner von der Pressestelle der Stadt erklärt: "In der Innenstadt gibt es so gut wie keine Leerstände. Die Gebäude, die leer stehen, gehören privaten Eigentümern, die keinen Kontakt zur Stadt suchen." Das sei generell die Krux. Auch Hörst versichert, dass man seitens der Wirtschaftsvereinigung gerne als Vermittler fungiere. "Wenn jemand neue Mieter sucht, helfen wir da gerne mit unseren Kontakten." Doch dieses Angebot sei noch nie wahrgenommen worden.

"Wir helfen gerne, Menschen zu verbinden und Interessen zu kommunizieren. Auf die Zusammensetzung des Marktplatzes Heppenheim entscheidend Einfluss zu nehmen, können nur die 27.000 Heppenheimer. Das aber jeden Tag", so Hörst. Erste Downgrading-Effekte seien durchaus wahrnehmbar. Und oftmals frage man sich, wie manche Geschäfte überhaupt überleben können. Das Internet könne nicht wegdiskutiert werden.

Auf die Frage, ob sie sich vorstellen könnten, auf Online-Shopping zu verzichten, verneinen Emelie und ihre Freundinnen. Stattdessen antwortet die 15-Jährige sehr erwachsen und reflektiert: "Dass wir mal so zusammen chillen können, ist ja recht selten. Viel Zeit haben wir eigentlich gar nicht." Bis die Mädchen aus der Schule und den Vereinen kommen, bleibe wenig Zeit zum Einkaufen. "Da freu ich mich dann richtig, wenn ein Paket gekommen ist. Das ist wie so eine Belohnung", meint die Schülerin. Die Freundinnen nicken. Außerdem sei die Vielfalt im digitalen Bereich immer größer. So viele Geschäfte könne es in einer kleinen Stadt wie Heppenheim gar nicht geben.