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Bau ist auf der Zielgeraden

Riesiges Verkehrsprojekt: Erbacher Querspange verbindet bald B311 und B30

Erbach / Lesedauer: 5 min

Die Verbindung von B311 und B30 wird den Verkehr in der Region verändern. Bis zur Umsetzung hat es Jahrzehnte gedauert. Ein Erbacher verbindet damit große Hoffnungen.
Veröffentlicht:08.04.2024, 05:00

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Es ist ein riesiges Verkehrsprojekt, das noch in diesem Jahr eingeweiht werden soll: der Neubau der B311 bei Erbach als Querspange zur B30. Damit verbunden ist die Hoffnung, dass der starke Durchgangsverkehr, darunter viele Lastwagen, durch Erbach ein Ende hat. Ulrich Adam, Sprecher der Interessengemeinschaft „PRO Querspange B311/B30 Erbach“ hat dafür seit mehr als 30 Jahren gekämpft.

Er kämpfte 30 Jahre für die Querspange

Schon zu Beginn der 90er-Jahre hat er eine Bürgerinitiative gegründet, um die Querspange auf den Weg zu bringen. In den 80er-Jahren sei eine solche bereits angedacht gewesen, erklärt Adam. Letztlich haben sich die Planungen aber ganz schön hingezogen, zeitweise sei auch Stillstand gewesen. „Bei so einem Projekt prallen Interessen aufeinander“, sagt der Projektbefürworter.

Die jetzige Variante ist eine gute Lösung mit Abständen zu allen Ortschaften.

Ulrich Adam

Letztlich wollte keine Ortschaft die Strecke zu nah bei sich haben, egal ob Donaurieden, Dellmensingen oder Gögglingen. Und so wurde Variante um Variante verworfen. Mit Mitte 30 hat Adam begonnen, sich für die Querspange einzusetzen und hat gehofft, dass das Projekt realisiert sein wird, wenn er Mitte 40 ist. „Das hat nicht geklappt“, sagt er. Heute ist er Mitte 60.

Der Erbacher Ulrich Adam freut sich, dass sich jetzt richtig was tut.
Der Erbacher Ulrich Adam freut sich, dass sich jetzt richtig was tut. (Foto: Prandl)

Es wurde Variante 3.6

Realisiert wird jetzt die Variante 3.6. Die Streckenführung findet man schon auf mancher gedruckten Karte oder in neuen Navigationsgeräten. Die Querspange startet kurz vor Donaurieden und führt südlich an Dellmensingen vorbei, bevor der Anschluss an die B30 erfolgt. Von hier kann der Verkehr etwa zur A7 und A8 weitergeleitet werden. „Die jetzige Variante ist eine gute Lösung mit Abständen zu allen Ortschaften“, sagt Adam.

In der Nacht kann man nicht das Fenster aufmachen

Ulrich Adam

Er steht auf der ausgehobenen Fahrbahn südlich von Dellmensingen. Es ist noch braune Erde und Schotter, worauf man hier läuft zwischen Erdwällen rechts und links. Aber die Strecke ist schon klar erkennbar und führt unter den errichteten Brücken hindurch. Manche der Bauwerke wurden sogar schon mit Graffiti besprüht. Und aus dem Boden wachsen bereits angelegte Verkehrsinseln.

Vor fast sieben Jahren erfolgte der Spatenstich

Der feierliche Spatenstich für die insgesamt sechs Kilometer lange neue Bundesstraße 311 erfolgte im August 2017. Seit 2019 wurden bislang zwölf Brückenbauwerke fertiggestellt, zwei weitere sind derzeit im Bau. Drunter sind Brücken über die Donau, über die Bahnstrecke und es wurden auch für Landwirte Brücken geschaffen, damit sie die Querspange ohne lange Umwege queren können. Parallel dazu läuft laut Regierungspräsidium bereits seit zwei Jahren der Straßenbau.

Über 250.000 Tonnen Bodenmaterial seien inzwischen zu Straßendämmen geschüttet worden. Nun geht das Projekt in eine neue Phase: Der Bereich der B311 südlich von Erbach ist an der Reihe, dafür muss die Bundesstraße nun zwischen Oberdischingen und Donaurieden zwei Monate lang voll gesperrt werden. 54 Millionen Euro soll das Projekt Querspange insgesamt kosten - so der Stand aus dem Jahr 2020. Es ist anzunehmen, dass die Kosten durch die Inflation noch etwas steigen werden.

Adam suchte Kontakt zu den Ministerpräsidenten

Zweimal mehr als 1000 Unterschriften hat Adam mit den Mitstreitern gesammelt, mehr als hundert Termine wahrgenommen und den Kontakt zu den Ministerpräsidenten in den vergangenen Jahrzehnten gesucht, um das Projekt voranzubringen. „Es ist unheimlich wichtig, dass man präsent ist“, betont er. Der Verkehr, der derzeit noch durch Erbach führt, sei einfach unerträglich. Adam wohnt selbst direkt an der B311.

„In der Nacht kann man nicht das Fenster aufmachen“, sagt er. 3000 bis 4000 LKW würden hier jeden Werktag vorbeifahren, auch nachts. Es seien viele internationale Lastwagen dabei, denn hier führe die Strecke aus Frankreich beziehungsweise Freiburg Richtung Osten weiter. „In den 70er-Jahren hat man noch über eine Autobahn als Verbindung nachgedacht“, sagt er, „die wurde aber nicht realisiert“. Dass im Erbacher Gemeinderat dann irgendwann die Querspange diskutiert wurde, sei eine Leistung der ursprünglichen Bürgerinitiative gewesen.

Auch Naturschutz ist mitgedacht

Die Vorfreude bei Adam und seinen Mitstreitern ist dann gestiegen, als der Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg die Klagen gegen die Pläne für die Querspange abgewiesen hatte. Bevor jedoch mit dem Brücken- und Straßenbau begonnen wurde, kümmerte man sich erst einmal um den Naturschutz.

Der Erbacher Ulrich Adam freut sich, dass sich jetzt richtig was tut.
Der Erbacher Ulrich Adam freut sich, dass sich jetzt richtig was tut. (Foto: Prandl)

So wurde etwa eine 5,8 Hektar große eingedeichte und eingezäunte Fläche unweit von Dellmensingen für Wasser-, speziell Watvögel errichtet. Durch eine Pumpe kann hier der Wasserstand bestimmt werden. Es hat den Anschein, als würde auch die eine oder andere Tierart von dem Infrastrukturprojekt profitieren.

Ende des Jahres soll die Freigabe erfolgen

Aktuell wird richtig geschafft auf den Baustellen. Die Verkehrsfreigabe für die Querspange ist für Ende dieses Jahres vorgesehen. Im kommenden Jahr werden laut Regierungspräsidium dann noch abschließende landschaftspflegerische Leistungen und andere Restarbeiten durchgeführt. 12.600 bis 15.600 Fahrzeuge am Tag werden ab dem kommenden Jahr bereits die Querspange nutzen, so die Prognose.

Die heutige B311 rund um Erbach soll dann zur Landesstraße zurückgestuft werden. „Natürlich wird es auch weiterhin Binnenverkehr geben“, sagt Adam, die Berufspendler aus dem Donautal etwa würden die Ortsdurchfahrt weiterhin nutzen. Doch mit dem internationalen Schwerlastverkehr soll es dann endlich ein Ende haben. Adam erhofft sich eine Verkehrsberuhigung in der Erbacher Innenstadt und eine höhere Lebensqualität.

Vom Regierungspräsidium heißt es aktuell nur, dass zwar eine Rückstufung zur Landesstraße, aber bisher kein Rückbau vorgesehen sei. Wenn nach Jahrzehnten endlich die Querspange fertiggestellt ist, wird das der nächste Punkt, auf den Adam ein Auge haben wird. „Es muss parallel zur Rückstufung ein Rückbau laufen“, sagt er. Aktuell verfolgt er noch gespannt die Bauarbeiten riesigen Ausmaßes, die dazu führen werden, dass sich der Verkehrsfluss rund um Erbach schon bald grundlegend verändern wird.