Wilhelmshaven - An die 32:35-Niederlage im November 2023 in Emsdetten hat Duncan Postel keine Erinnerungen mehr. Dass der 27-jährige Kreisläufer des Wilhelmshavener HV damals keinen Treffer erzielt hat, spielt dabei keine Rolle. Seine allgemeine Einstellung schon. „Wenn ein Spiel vorbei ist, schaue ich nicht zurück, sondern auf das nächste Spiel, das ich gewinnen will.“
Den Blick schärft dabei sein Trainer Christian Köhrmann – und das empfindet der Niederländer als große Hilfe. „Ich brauche für ein Spiel ein, zwei klare Aufgaben – so wie gegen Aurich, wo ich wusste, wen ich in der Abwehr wann attackieren soll.“
Schnelle Entscheidungen
Übertragen lässt sich diese Verengung des Blickwinkels auch auf den Angriff. Postel: „Gerade am Anfang der Saison habe ich viele Freie verworfen. Aber ich finde es viel schwieriger, vor dem Tor dieses ganze Bild zu haben, diese 100 Optionen. Dann lieber ein Pass an den Kreis, eine schnelle Entscheidung und ein Wurf.“
Duncan Postel und klare Strukturen – das lässt sich beim 27-Jährigen auch auf das Krafttraining übertragen. „Ich trainiere heute noch dreimal in der Woche nach den Trainingsplänen von Total Movement, mit denen wir 2019 und 2020 zusammengearbeitet haben. Sie haben damals zu mir gesagt: Wir machen dich nicht zu einem guten Handballer, aber zu einem guten Sportler. Und fest steht: Es hat mir definitiv geholfen, wenig mit Verletzungen zu tun zu haben.“
Aus all dem wird klar, warum sich der 27-Jährige beim Wilhelmshavener HV wohlfühlt und der erste Anruf, als sich bei seinem Klub in Bordeaux eine Insolvenz abzeichnete, bei Christian Köhrmann erfolgte – und Postel in der Folge schnell (neben Tim Düren) zum Nachfolger von Alexander Coßmann avancierte.
Zwei Jahre in Frankreich
Duncan Postel und seine zwei Jahre in Frankreich – für den 27-Jährigen keine verlorene Zeit. Und kein Rückschritt, auch wenn damals der Wechsel vom Zweitligisten WHV zum Drittliga-Start-Up aus Bordeaux (Bruges Lormont) so hätte empfunden werden können. Im ersten Jahr sicherte sich der Club den Aufstieg in die 2. Liga. Anschließend war das Team auf einem guten Weg, nachdem aber bereits früh klar war, dass Insolvenz angemeldet werden muss, verpassten Postel & Co. die möglichen Playoffs.
Neben dem Handball hatte „Handwerker“ Postel aber auch eine Menge zu tun. Zusammen mit seinem Vater kaufte der Kreisläufer ein Apartment, das der Niederländer dann in Eigenregie renovierte. „Ich habe lange auf einer Baustelle gewohnt. Und als alles fertig war und ich das genießen konnte, war ich dann fast schon wieder weg.“
Westeuropäer Postel hatte 1000 Kilometer weiter südlich aber ein anderes Problem. „Bordeaux ist eine schöne Stadt. Dort lässt sich wunderbar Urlaub machen. Aber mir war es ein bisschen zu warm. Ich mag es etwas kälter und mache mich dann lieber richtig warm.“
Enttäuschende Saison
Dass der WHV (35:15 Punkte/sieben Saisonniederlagen) nicht einmal ansatzweise mit den Top-Teams aus Hildesheim (47:3) und Emsdetten (44:2) mithalten konnte und die Aufstiegsrunde zur 2. Liga klar verpasst hat, ist auch für Postel enttäuschend. „Das Potenzial der Mannschaft hätte für mehr gereicht. Aber wir haben vor allem im Angriff zu viel liegen gelassen. Aber da haben wir zuletzt auch in Aurich gezeigt, dass wir da schon einen Schritt weiter gekommen sind.“
Weil Postel, der als Kind auch Golf und Tennis spielte und auf der Judomatte Gegner bearbeitete, nach seinen zwei Jahren in Frankreich viele Mitspieler beim WHV aus seiner Zeit zuvor in Wilhelmshaven (2017 bis 2021) noch kannte, war die Integration kein Problem. „Mit Matej Kozul und Jonas Schweigart war das Timing im Angriff von Anfang an da. Und bei den No-Look-Pässen von Rene Drechsler weiß ich im Gegensatz zum Gegner, wo ich stehen muss, um einen Ball zu bekommen.“
Tischler-Ausbildung
In der Abwehr musste sich Postel mit dem Abgang von Sven Eberlein im Winter nach Vinnhorst noch einmal neu orientieren. Der Kreisläufer rückt seitdem häufig in den Abwehr-Innenblock – und fühlt sich auch gegen Angriffsriesen wohl. „Die traditionelle 6:0-Abwehrformation ist mit mir sicherlich etwas offensiver. Denn ich bin zwar nicht so groß wie sie, aber vielleicht etwas schneller auf den Beinen.“
Starten möchte Heimwerker Postel – Vertrag bis Juni 2025 – in Wilhelmshaven gerne eine Ausbildung zum Tischler. Den Backekasten für Auswärtsspiele hat Postel („Der Deckel klebt leider etwas“) bereits gebaut, ein „Zauberkasten“ gibt Besuchern Öffnungs-Rätsel auf – jetzt soll langfristig ein zweites Standbein neben dem Handball her. Das wären dann neue Strukturen ganz nach dem Geschmack von Duncan Postel.