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Kampf gegen trübes Trinkwasser: Lässt das Wasserwirtschafts-Amt Polling hängen?

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Polling nutzt Tiefengrundwasser - aktuell ohne Genehmigung. Denn das Wasserwirtschaftsamt lässt einen Antrag seit 15 Monaten liegen.
Polling nutzt Tiefengrundwasser – aktuell ohne Genehmigung. Denn das Wasserwirtschaftsamt lässt einen Antrag seit 15 Monaten liegen. © Robert Wagner, picture alliance/dpa/Patrick Pleul

Polling möchte etwas gegen sein trübes Trinkwasser tun. Dafür braucht es weiterhin Tiefenwasser. Doch die entsprechende Genehmigung ist seit drei Jahren ausgelaufen und das Wasserwirtschaftsamt lässt sich mit einer neuen Zeit. 

Polling – Niemand möchte trübes Trinkwasser – selbst wenn es ungefährlich ist. Doch die Pollinger müssen weiter damit leben, obwohl die Gemeinde längst eine Lösung in petto hätte. Denn das Wasserwirtschaftsamt (WWA) Rosenheim lässt sich Zeit, viel Zeit. Es lässt Polling hängen. 

Polling hat drei Brunnen; einer davon für Tiefengrundwasser, erläutert Bernhard Wieslhuber, Bereichsleiter Bau- und Umweltrecht im Landratsamt Mühldorf, auf Nachfrage der OVB Heimatzeitungen. Das Wasser der oberflächennahen Brunnen habe in den 1990er Jahren die Grenzwerte für Nitrat, Atrazin und Desethylatrzin überschritten. „Durch die Beimischung des Tiefengrundwassers können die Grenzwerte eingehalten werden“, so Wieslhuber.

Zwei Probleme sind zu lösen

Doch es gibt zwei Probleme. Problem Nummer eins: Das Tiefenwasser ist sehr eisenhaltig und führt zu braunen Verfärbungen. Dem wollen die Gemeinderäte längst mit einer Enteisenungsanlage begegnen. Doch ehe das geschehen kann, muss Problem Nummer zwei gelöst werden: Polling darf das Tiefenwasser seit 2021 eigentlich nicht mehr nutzen; seitdem ist die entsprechende Genehmigung abgelaufen. Und für eine neue lässt sich das Wasserwirtschaftsamt Zeit, sehr viel Zeit. 

Bis Juni 2023 hatte das WWA „aufgrund nicht vorhandener Antragsunterlagen der Gemeinde“ zunächst ein kurzfristiges Wasserrecht bis Juni 2023 erteilt, erklärt der für Mühldorf zuständige Abteilungsleiter im WWA, Michael Holzmann, auf Anfrage der OVB Heimatzeitungen. „Damit konnte während der Erstellung der Antragsunterlagen weiterhin eine Rechtssicherheit für die Gemeinde gewährleistet werden.“ 

Nutzung von Tiefengrundwasser nur geduldet

Dieses Wasserrecht ist aber seit Juni 2023, also seit inzwischen zehn Monaten abgelaufen. Seitdem drückt das WWA ein Auge zu, so Wieslhuber vom Landratsamt: „Die weitere Nutzung wird derzeit geduldet, um die Wasserversorgung der Gemeinde Polling sicherzustellen.“

Lorenz Kronberger (UWG) ist trotzdem nicht gut auf das Wasserwirtschaftsamt zu sprechen: Seit 15 Monaten liege der Antrag für eine neue Genehmigung beim WWA, so der Bürgermeister vor den Gemeinderäten. 

„Wir stehen seit einem Jahr auf dem Schlauch“

Eine Entscheidung ist aber immer noch nicht absehbar. „Wir stehen seit einem Jahr auf dem Schlauch“, so Kronberger. Das WWA habe erklärt, es könnte „so schnell keine Entscheidung fällen“.

„Zuerst heißt es, wir sollen sofort handeln. Jetzt pressiert es nicht mehr. Kann mir das jemand erklären?“

Lorenz Kronberger, Bürgermeister von Polling

In dem laufenden Verfahren prüft das Landratsamt zusammen mit dem Wasserwirtschaftsamt unter anderem, ob durch die Nutzung der Grundwasserkörper gefährdet werde und die Wasserversorgung durch die beiden anderen Brunnen sichergestellt werden könne, erläutert Bereichsleiter Wieslhuber. „Die Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis ist nur möglich, wenn alle wasserrechtlichen und sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorgaben erfüllt werden. Dies prüft in wesentlichen Teilen das Wasserwirtschaftsamt.“

Empfehlung des Gesundheitsamtes

Aktuell sei das kein Problem, erklärte Kronberger auf Anfrage von Lena Koch (Grüne): „Wir überschreiten keine Werte und müssen kein Tiefenwasser zuführen.“ Allerdings würde das Gesundheitsamt eine Beimischung empfehlen.

Andreas Maierhofer (CSU) sagte mit Blick auf die geplante Enteisenungsanlage: „Es wäre wichtig, dass wir die Planungshoheit bekommen.“ Das WWA müsste die Entscheidung zur Chefsache machen, „dann könnten wir planen.“

Wolfgang Schweiger (parteilos) wollte dem WWA dafür gerne Fristen setzen. Dafür sahen Bürgermeister Kronberger und Geschäftsleiterin Gabriele Springer wenig Erfolgsaussichten. Springer: „Wir haben schon mehrere Schreiben geschickt, auch über das Landratsamt.“

Gutachten des Wasserwirtschaftsamtes lässt auf sich warten

Für die Genehmigung verweist Wieslhuber vom Landratsamt auf Rosenheim: „Im Fall der Gemeinde Polling ist noch keine Entscheidung gefallen, da das Gutachten des Wasserwirtschaftsamtes noch aussteht.“

Und das kann noch dauern. Abteilungsleiter Holzmann: „Aufgrund anderer prioritärer Verfahren konnte bislang noch nicht mit der Begutachtung begonnen werden.” 

Rückt Polling auf der Liste nach oben?

Immer wieder würde das Amt intern eine „Vielzahl an offenen Wasserrechts- und Wasserschutzgebietsverfahren“ priorisieren. „Andere dringende Anträge mit fixen Terminen – zum Beispiel Brenner-Nordzulauf – oder diverse anhängende Klageverfahren müssen jedoch immer wieder vorgezogen werden, unter anderem auch die Bearbeitung kurzfristiger Wasserrechte durch nicht frühzeitig eingereichte Antragsunterlagen.“

Die Genehmigung für das Tiefengrundwasser ist seit Juni 2023 ausgelaufen und nicht mehr verlängert.
Die Genehmigung für das Tiefengrundwasser ist seit Juni 2023 ausgelaufen und wurde nicht mehr verlängert. © Robert Wagner

Allerdings hat Holzmann einen kleinen Hoffnungsschimmer für Polling: „Wir werden beim in Kürze stattfindenden Priorisierungs-Termin versuchen, die Begutachtung des Antrages vorzuziehen; zulasten anderer offener Verfahren.“

Bürgermeister Kronberger brachte die Situation so auf den Punkt: „Zuerst heißt es, wir sollen sofort handeln. Jetzt pressiert es nicht mehr. Kann mir das jemand erklären?“

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