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Schnelleres Wurzelwachstum Pflanze entsorgt TNT aus Böden

Acker-Schmalwand-Pflanzen als Modellorganismus im Gewächshaus.

Acker-Schmalwand-Pflanzen als Modellorganismus im Gewächshaus.

(Foto: Claudia Vojta, MPIZ Köln)

Sie ist unscheinbar und weit verbreitet: die Acker-Schmalwand, auch Gänserauke oder Schotenkresse genannt. In Zukunft könnte die Pflanze zu neuen Aufgaben kommen und verseuchte Böden entgiften.

Der Sprengstoff Trinitrotoluol – besser bekannt als TNT – ist hochgiftig und verseucht Böden dauerhaft. Britische Forscher haben nun einen Stoffwechselmechanismus aufgespürt, mit dem Pflanzen das Gift nicht nur besser tolerieren, sondern sogar abbauen können. Auf diese Weise könnten künftig möglicherweise TNT-verseuchte Böden renaturiert und saniert werden, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal "Science".

Große Mengen des Stoffes lagern weltweit als Altlasten in der Nähe herstellender Fabriken und Rohstoff-Minen sowie auf Kampfschauplätzen in den Böden. Zudem wird TNT nach wie vor für militärische und gewerbliche Zwecke eingesetzt. Allein in den USA gebe es schätzungsweise 10 Millionen Hektar – also 100.000 Quadratkilometer – mit Munitionsresten verseuchtes Militärareal, heißt es in der Studie.

Versuche mit verschiedenen Pflanzen

Pflanzen gedeihen auf solchen Böden je nach TNT-Konzentration meist sehr schlecht. Daher müssen betroffene Flächen aufwendig und teuer mit physikalischen und chemischen Methoden saniert werden. Eine Alternative sind bestimmte Pilze und Bakterien. Auch Ansätze mit genetisch veränderten Pflanzen wie etwa Tabak gibt es bereits.

Die Forscher um Emily Johnston und Elizabeth Rylott von der University of York prüften nun verschiedene Linien der in Biolaboren häufig eingesetzten Acker-Schmalwand (Arabidopsis thaliana). Die Pflänzchen keimten in Böden mit unterschiedlich hohem, realistischem TNT-Gehalt; auf Truppenübungsplätzen kann die Konzentration bei mehr als 100 Milligramm TNT je Kilogramm Erde liegen. Bei einer der untersuchten Linien wuchsen mit Trinitrotoluol im Boden sowohl die Wurzeln als auch der Keimling schneller.

Enzym funktioniert glücklicherweise nicht

Als Ursache fanden die Wissenschaftler eine Veränderung des Erbguts beim Gen für die sogenannte Monodehydroascorbat-Reduktase 6, kurz MDHAR6. Dieses Enzym führt in Pflanzen dazu, dass die Aufnahme von TNT aus dem Boden hochreaktive und damit zerstörerisch wirkende Superoxide entstehen lässt. In der aufgespürten Linie von A. thaliana funktioniere das Enzym nicht, erläutern die Forscher.

Verseuchte Böden von speziell gezüchteten oder gentechnisch entsprechend angepassten Pflanzen, Pilzen oder Bodenbakterien reinigen zu lassen, könnte für viele Gifte eine ebenso kostengünstige wie umweltfreundliche Lösung sein, hoffen Experten.

Für den MDHAR6-Mechanismus sehen die britischen Forscher noch eine weitere Verwendungsmöglichkeit: die Herstellung einer neuen Klasse genau darauf abzielender Herbizide. Sie könnten, ähnlich wie TNT, zur Freisetzung schädlicher Sauerstoffradikale in unliebsamen Pflanzen führen – ohne für andere Organismen giftig oder krebserregend zu sein, erläutert Graham Noctor von der Université Paris Sud in einem begleitenden Kommentar.

Quelle: ntv.de, jaz/dpa

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