Der israelische Pavillon auf der Biennale in Venedig bleibt vorerst geschlossen. Das hätten die verantwortlichen Kuratorinnen Tamar Margalit und Mira Lapidot zusammen mit der Künstlerin Ruth Patir entschieden, berichtet die New York Times(NYT). Auf einem Schild an der Tür des Pavillons ist demnach zu lesen: "Die Künstlerin und die Kuratorinnen des israelischen Pavillons werden die Ausstellung öffnen, wenn eine Einigung über eine Waffenruhe und die Freilassung der Geiseln erreicht ist."

An diesem Dienstag öffnen die Pavillons der weltbekannten Kunstausstellung für Pressevertreter, offizieller Start ist am Samstag.

Die Biennale sei zwar eine große Chance für eine junge Künstlerin wie sie, zitiert die NYT Ruth Patir, die Situation in Gaza sei aber "so viel größer als ich". Sie habe das Gefühl, dass die Schließung des Pavillons die einzige Maßnahme sei, die sie ergreifen könne. "Ich hasse das, aber es ist wichtig", sagte Patir.

Israel-Kritiker fordern ebenfalls die Schließung

Die Teilnahme Israels an der diesjährigen Biennale ist unter Israel-Kritikern seit Längerem umstritten. Ende Februar argumentierte die sogenannte Art Not Genocide Alliance in einem Brief, es sei inakzeptabel, Kunst aus einem Staat zu präsentieren, der gegenwärtig "Gräueltaten" in Gaza verübe. Nach Angaben der Aktivistengruppe haben mehr als 20.000 Kunst- und Kulturschaffende die Petition unterschrieben. 

Israel reagiert mit seiner Militäroffensive im Gazastreifen auf den großangelegten Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober. Wegen der hohen Zahl ziviler Opfer wächst international die Kritik am Vorgehen der israelischen Armee. Die Art Not Genocide Alliance bezichtigt Israel des Völkermords. Ein Vorwurf, mit dem sich derzeit der Internationale Gerichtshof in Den Haag beschäftigt.

In der Debatte um den israelischen Pavillon hatte sich Patir bislang nicht geäußert. Nun sagte sie, das künstlerische Team habe darauf gehofft, dass die Situation bis zur Eröffnung der Biennale eine andere sei. Sie hätten sich nicht vorstellen können, "dass wir im April in Venedig sein würden, während die Geiseln noch in Gefangenschaft sind und der Krieg immer noch tobt".

In Tel Aviv hat Patir nach eigenen Angaben regelmäßig an Protesten teilgenommen, bei denen ein Geiselabkommen und der Rücktritt von Premierminister Benjamin Netanjahu gefordert wurden.

Kuratorin erwartet Kritik aus Israel

Kuratorin Tamar Margalit rechnet laut NYT damit, dass die Nichtöffnung des Pavillons Kritik israelischer Politiker auf sich ziehen könnte. So sei die israelische Regierung, die etwa die Hälfte der Kosten des Pavillons übernommen habe, nicht im Voraus über den Protest informiert worden, sagte Margalit der Zeitung.

In den Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas hatten sich zuletzt keine Fortschritte abgezeichnet. Patir ist dennoch optimistisch, dass ihre Bedingungen noch vor dem Ende der Biennale am 24. November erfüllt werden könnten. "Ich glaube daran, dass wir sie eröffnen werden", sagte Patir der NYT.