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Test: BMW iX xDrive50 So ein Schiff aber auch!

Nach dem glücklosen Frühstart mit dem i3 ins E-Zeitalter hat BMW seine Palette an Stromern kontinuierlich ausgebaut. Bei den SUV steht nun der iX an der Spitze. Der will alles bieten, nur nicht Standardkost.
06.04.2024, 06:00 Uhr
Lesedauer: 5 Min
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Oliver Matiszick
Von Oliver Matiszick

Die Frage, ob die E-Mobilität tatsächlich so eine große Sache wie gedacht ist – sie ist beim Blick auf den Nachfrageknick seit Wegfall der staatlichen Förderung oder die einbrechenden Preise für gebrauchte Stromer nicht unberechtigt. Einerseits. Denn andererseits zeigen die Hersteller, insbesondere die aus dem Premiumsegment, auf dem Weg ins E-Zeitalter vor allem Größe – im, wenig überraschend, beliebten SUV-Format. So folgte BMW dem Weg in die hochbeinige E-Oberklasse, weil es ja mal so gar nicht angehen konnte, zahlungskräftige Kunden mit solchen Typen wie Audi e-tron oder dem nochmals mächtigeren Tesla Model X allein zu lassen. Bayerns Antwort darauf ist der iX.

Schon die Namensgebung zeugt von Selbstbewusstsein. Denn anders als bei den Baureihen iX1, iX2 oder iX3 braucht es hier keine Ziffer. Der iX steht für sich. Auch deshalb, weil es in der Modellfamilie keinen direkten Verwandten gibt, von dem er abstammt; mit seinen 4,95  Metern ist er einen Tick länger als ein X5, zugleich aber bedeutend kürzer als der gigantische X7.

Seine Eigenständigkeit untermauert der iX auf vielfältige Weise, beginnend bei der zerklüfteten Frontpartie, die Meinungsverschiedenheiten geradezu provoziert. So wischt die vom Markenemblem bis hinunter zur Schürze maximal aufgezogene BMW-Niere mit Erfolg jeden Verdacht zurückhaltender Gestaltung beiseite. Damit hat es am anderen Ende auch die durch eine schwarze Dekoreinlage unterbrochene Hecksäule nicht so – eine Erinnerung an den i3, den inzwischen verblichenen elektrischen Erstling des Hauses. Ob das alles nun gefällt oder nicht, ist Geschmackssache; ein Mangel an Mut oder Konsequenz aber lässt sich dem Exterieurdesign jedenfalls nicht unterstellen.

Der Innenraum wiederum untermauert mit Vehemenz, weshalb dieses Auto den Ansprüchen der Oberklasse gerecht werden soll – und mit wenigstens 77.300  Euro für die Basismotorisierung namens xDrive40 (240 kW/326 PS) entsprechend ambitioniert eingepreist ist. Dazu passt, dass der Aufschlag zur hier getesteten, nächststärkeren Variante xDrive50 mit dem größeren 108-kWh-Akku nicht weniger als 30.000 Euro ausmacht. Immer aber erspart das iX-Interieur den Insassen den verstörenden Anblick einfacher Kunststoffoberflächen, die verwendeten Materialien sind fein aufeinander abgestimmt und wirken nicht nur hochwertig, sondern fassen sich auch genauso an.

Jeder Diskussion entzieht sich zudem das Raumangebot – alles andere als seine Üppigkeit wäre bei einem Radstand, der mit exakt drei Metern die Gesamtlänge etwa eines Smart Fortwo deutlich überragt, daher eine üble Überraschung. So genießen die Passagiere auf der Rückbank so viel Freiraum in alle Richtungen, dass über die 800 Euro Aufpreis für die beiden getrennt steuerbaren Klimazonen im Fond ruhig nachgedacht werden sollte. Wer sich nicht nur um die Erfrischung der Hinterbänkler, sondern zudem deren angemessene Beschallung sorgt, investiert weitere 1250 Euro in das Surroundsystem von Harman Kardon – mit Hochtönern, die in die äußeren Kopfstützen integriert sind. Das klingt außergewöhnlich? Genau. In jeder Hinsicht.

Und so geht es nahtlos weiter in einem Fahrzeug, dass alles bieten will, nur nicht das Standardprogramm. Selbst die klassischen Türöffner sind aus dem iX verbannt worden – wer ihn verlassen will, betätigt einen Knopf in der Zierleiste der Seitenverkleidung. Und wer den Fahrerplatz einnimmt, sieht sich einem Lenkrad gegenüber, das statt Rundungen sechs Eckpunkte verpasst bekommen hat.

Aber: Rund geht es mit dem xDrive50 dennoch immer. Dafür sorgt jener Antrieb, dessen 385  kW (523  PS) nur die mittlere Eskalationsstufe im Angebot darstellen. Gipfelstürmende 765 Nm Drehmoment erzeugen die beiden E-Motoren. Dies bedeutet, dass der iX nicht erst mit Nachdruck davon überzeugt werden muss, gen Horizont zu eilen. Wer den rechten Fuß auf dem Fahrpedal dennoch kräftiger senkt, bringt die beachtliche Masse von knapp 2,6 Tonnen in unter fünf Sekunden auf Tempo  100. Oder hakt den Zwischenspurt von 60 auf 100 km/ beim typischen Überholmanöver auf der Landstraße binnen 2,1 Sekunden ab.

Akustisch untermalt werden solche Sturm-und-Drang-Erlebnisse auf Wunsch von etwas, das die Toningenieure Iconic-Sound getauft haben – eine skurrile Klangkomposition, die man im Fahrzeugmenü alsbald leichten Herzens in den Ruhestand schickt. Das funktioniert, in Ergänzung der Touchfunktion des Zentraldisplays, zum Glück immer noch auch über jenen bewährten Dreh-Drück-Steller auf der Mittelkonsole, den BMW etwa beim 2er Active Tourer leichtfertig entrümpelt hat. Ärgerlich dagegen: Eine separate Bedienleiste für die schnelle und unkomplizierte Steuerung der Klimatisierungsfunktionen ist dem iX nicht geblieben.

Im Gegensatz zur weitgehenden Digitalisierung bei der Bedienung haben die Bayern der Versuchung widerstanden, aus diesem Schiff von einem Stromer (Wendekreis: knapp über zwölf Meter) mit der Brechstange einen verkappten Querdynamiker machen zu wollen. Dafür ist die Lenkung bei aller Agilität des iX einen Tick zu leichtgängig und die Karosserie mit nahezu zwei Metern Breite zu wuchtig, um im Kurvengeschlängel auf die Jagd nach Bestzeiten zu gehen. Passend dazu ist das luftgefederte Fahrwerk eher komfortabel denn sportlich ausgelegt, glättet Unebenheiten versiert und eliminiert fast jede Art von Querfugen. Keine Frage: Das hier ist einer für die große Reise.

Bei der sollte die Distanz zwischen zwei Ladepunkten jedoch nicht mehr als 450  Kilometer betragen. Denn selbst die mächtige Akkukapazität und ein gut abgestimmter adaptiver Rekuperationsmodus machen den xDrive50 nicht zum Reichweitenwunder – dafür ist sein Energiebedarf zu hoch. Im Testbetrieb zog der Allradler – wenn auch bei winterlichen und daher verbrauchsungünstigen Bedingungen – um die 25 kWh pro 100  Kilometer aus dem Speicher.

Gut: Der Nachschub fließt in Theorie wie Praxis schnell. Bis zu 195 kW Ladeleistung weist das Datenblatt aus – tatsächlich waren 150 kW an den entsprechenden HPC-Säulen fast immer erreichbar. Was bedeutet, dass schon 25 Minuten Standzeit Futter für knapp 200  Kilometer neuer E-Abenteuer bringen. Keine große Sache also. Ganz im Gegensatz zum souveränen Auftritt dieses Autos mit all seinem gesundem Selbstbewusstsein zum, ach ja, selbstbewussten Preis.

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Info

Modell: BMW iX xDrive50

Motor: 2 E-Motoren (Allrad)

Leistung: 385 kW/523 PS

Drehmoment: 765 Nm

Höchstgeschwindigkeit: 200 km/h

Beschleunigung (0–100 km/h): 4,6 s

Batteriekapazität: 108 kWh (nutzbar)

Verbrauch (ø nach WLTP): 19,5 kWh/100 km

Reichweite (nach WLTP): bis zu 587 km

Abmessungen (L/B/H): 4,95/1,97/1,70 m

Kofferraumvolumen: 500 Liter

Testwagenpreis: 121.630 Euro

Basispreis: 107.900 Euro

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