Trinkwasser ist ein kostbares Gut. In Bayern stammt es zu 92 Prozent aus Grundwasser, erklärt Juliane Thimet, Wasserexpertin beim Gemeindetag. Doch die Grundwasserpegel sinken – in den letzten 20 Jahren in Bayern um rund ein Fünftel. Damit ist die sichere Trinkwasserversorgung gerade im besonders trockenen Unterfranken auf Dauer in Gefahr, befürchteten gleich mehrere Wasserexperten bei einer Fachanhörung im Landtag.
"Wenn es viel regnet, wie derzeit, dann löst sich das Problem nicht auf", warnt Thimet in Richtung der AfD, die beim Grundwasserpegel nur "saisonale Schwankungen" erkennen will: "Das Problem verschärft sich aktuell nur nicht", so Thimet.
Mehr Regen ist gleich mehr Grundwasser? So einfach ist es nicht, warnen Experten
Mehr Regen ist gleich mehr Grundwasser? So einfach ist es nicht, erklärt auch der Augsburger Hydrologie-Professor Harald Kunstmann. Denn hinter dem Grundwasser-Schwund etwa in Unterfranken liegen aus seiner Sicht komplexe Prozesse, die längst noch nicht ausreichend erforscht seien.
Doch was kann man tun für mehr Grundwasser-Neubildung? Mehrere Experten stellten im Landtag den bisherigen "bayerischen Weg" beim Trinkwasserschutz in Frage, der unter anderem zu deutlich kleineren Wasserschutzgebieten führt. Früher sei dies völlig ausreichend gewesen, erklärt der Münchner Professor Karl Auerswald. Nun aber führten die kleinen Schutzgebiete zu falschen Begehrlichkeiten, weil auch das Grundwasser in den nicht geschützten Einzugsgebieten nicht mehr für kommerzielle Nutzung zur Verfügung stehen könne.
Müssen größere Wasserschutzgebiete eine Belastung für die Landwirtschaft sein?
Bedenken der Landwirtschaft vor größeren Wasserschutzgebieten seien zudem unbegründet, findet Auerswald: "Was dort nicht erlaubt ist, entspricht ohnehin nicht der guten fachlichen Praxis."
Stefan Köhler, unterfränkischer Bezirkspräsident beim Bauernverband, ist von der Notwendigkeit größerer Wasserschutzgebiete hingegen nicht überzeugt: "Brauchen wir etwa im Landkreis Würzburg wirklich ein derart großes Schutzgebiet?", fragte er mit Blick auf die heftig umstrittene Ausweitung des Schutzgebietes um die Zeller Quellen. "In jedem Fall müssen die Auflagen so gestaltet werden, dass jeder Betroffene damit leben kann", fordert Köhler.
Komplizierte Ausweisung: Rund 400 Wasserschutzverfahren aktuell anhängig
Denn schon jetzt stößt die Ausweisung auch kleinerer Wasserschutzgebiete auf massive Probleme: Rund 400 Verfahren sind derzeit in Bayern nicht abgeschlossen. Teilweise laufen die Genehmigungsprozesse seit Jahrzehnten. "Es sind beherzte Gesetzesänderungen nötig, um diese peinlichen Hausaufgaben abzuarbeiten", verlangt Kommunalvertreterin Thimet. Aus ihrer Sicht sollten etwa nur noch direkt Betroffene vor Ort angehört werden. Auch der Rechtsschutz müsse begrenzt werden, um das Kippen jahrzehntelanger Planung durch simple Verfahrensfehler zu beenden.
Dafür seien auch neue Gesetze nötig – was dem Ziel einfacherer Verfahren nicht entgehen stehe, wirbt Thimet: "Entbürokratisierung heißt ja nicht, keine Vorschriften mehr zu machen, sondern nur solche, die das Leben leichter machen."
Einig sind sich die Experten zudem, dass das Trinkwasserproblem alleine mit größeren Schutzgebieten nicht zu lösen sein wird: Wassersparen, Verbrauchskontrollen oder dezentrale Speicher werden als weitere Lösungsansätze genannt.
Die wichtigste Maßnahme liege aber in den Köpfen, findet der Bodenexperte Professor Auerswald: "Wir alle müssen unser Denken ändern." Dieses sei bisher geprägt von dem Gedanken, Wasser möglichst schnell wegzuleiten. Künftig müsse aber der Wasserrückhalt überall "die erste Priorität werden".