Mosbach

Im Jugendhaus wird mit VR-Brille, Konsole und PC gezockt

Das Zusammenspiel ist der Schlüssel. Immer freitags geht es ums Miteinander.

19.04.2024 UPDATE: 19.04.2024 04:00 Uhr 2 Minuten, 25 Sekunden
Auch der Oberbürgermeister durfte ans Steuer: Im Jugendhaus machten die Initiatoren Torsten Wunderlich (l.) und Tilo Bödigheimer (2. v. r.) deutlich, was hinter dem Konzept der Computerspielschule steckt. Foto: Ursula Brinkmann

Von Ursula Brinkmann

Mosbach. Computer, Spiele, Schule: drei Reizwörter, je nachdem, aus welchem Blickwinkel man schaut. Im Jugendhaus in Mosbach vereinen sie sich zur "Computerspielschule" (CSS), der ersten im Landkreis und erst siebten bundesweit. "Beim Konzept ‚Computerspielschule‘ handelt es sich um ein eingetragenes Zeichen", erklärte Torsten Wunderlich in der großen Halle des Jugendhauses.

Wunderlich ist Sozialarbeiter bei der Stadt Mosbach. In einer Nacht-Aktion habe er mit Hardberg-Schulleiter Tilo Bödigheimer ein Konzept für dieses neue Angebot verfasst, erzählte er einer Schar von Premierengästen. Dieses Konzept fußt auf der (alten) Erkenntnis, dass im Spiel Wissen und Kompetenzen mit Spaß erworben werden können.

"Der Austausch und die Interaktion mit den Mitspielern ermöglichen es uns darüber hinaus, wichtige Schlüsselkompetenzen wie beispielsweise Empathie, zielgerichtete Kommunikation, kritisches Denken, Kompromissfindung, Regeln und Absprachen des Zusammenseins zu erwerben." So wird’s im pädagogisch-didaktischen Konzeptpapier beschrieben.

So weit die Theorie. Am Premierennachmittag tummelten sich an fünf Spielstationen Jungen und Mädchen ab etwa zehn Jahren auf beiden Ebenen des Mosbacher Jugendhauses. Dazwischen – an ihren T-Shirts erkennbar – CSS-Begleiterinnen und -Begleiter, unter ihnen auch der zwölfjährige Elias Wunderlich, der die vielleicht interessanteste Station betreute: "Gran Turismo", ein Fahrsimulator, der mit Pedal, Lenkrad, Schaltknüppel, großer Leinwand und 3D-Sound ein wirklichkeitsnahes Rennfahrgefühl vermittelt. Elias kennt das Videospiel schon von zu Hause. "Doch das hier ist realistischer und deshalb so interessant." Ein junger Auerbacher windet sich aus dem Sitz und fordert den Rektor auf: "Komm, Herr Bödigheimer, zeigen Sie mal, wie man Auto fährt!"

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Die Hardbergschule hat sich inzwischen einen Namen gemacht im Umgang mit digitalen Medien – über Mosbachs Grenzen hinaus. Von hier kam der Anstoß, eine CSS im Rahmen der (schulischen) Sozialarbeit zu etablieren. "Ein kluger Gedanke", wie Oberbürgermeister Julian Stipp fand, bevor er sich selbst ans Steuer setzte. Klug findet er, was dem Konzept an erster Stelle zugrunde liegt: "Hier wird zusammen gekickt, gefahren, gespielt – statt allein zu Hause vor der Kiste zu sitzen." Sprach’s und gab Gas, pardon Strom.

Sebastian Hoeffgen, der sich als Kooperationspartner der kirchlichen Jugendinitiative "Real Life" engagiert, wünscht sich, dass die Kinder und Jugendlichen "über das gemeinsame Agieren an PC und Konsole coole Erfahrungen sammeln". Aus der eigenen Erfahrung mit vier Kindern zwischen vier und elf Jahren weiß er, wie wichtig ein guter Umgang mit Medien ist, das heißt "ohne erhobenen Zeigefinger".

Im Konzept werden daher "Spielbegeisterte" als erste Zielgruppe aufgeführt. Mit der will man "wertschätzend umgehen", wenngleich auch eine beratende Funktion eingenommen werde, vor allem hinsichtlich eines gesunden Umgangs mit digitalen Spielen und des Umgangs mit anderen Menschen im Kontext dieser Spiele. Als weitere Zielgruppen der Computerspielschule(n) sollen sich "Spieluninteressierte, Spielkritiker und pädagogische Fachkräfte" angesprochen fühlen. Denen, zum Beispiel Eltern, möchte man die Möglichkeit bieten, selbst Erfahrungen mit digitalen Spielen zu sammeln, um gegebenenfalls Vorurteile abzubauen.

"Gefahren bleiben nicht unbenannt", steht im Konzept, mit dem sich die Initiatoren zum einen um Kooperationspartner bemüht haben und diese bei der städtischen Abteilung Soziale Arbeit und ihrem Leiter Luis Kraus sowie beim Kreismedienzentrum auch fanden. Und dann hat man noch bei der Telekom-Stiftung angeklopft, die das Projekt mit 10.000 Euro unterstützt, etwa der Hälfte der Kosten insgesamt.

Das Zusammenspiel fürs Zusammenspielen habe bestens geklappt; das betonen alle Beteiligten. Die Computerspielschule öffnet zunächst freitags von 14 bis 17 Uhr in den Jugendhäusern an der Alten Bergsteige und in der Waldstadt. Das Equipment muss also mobil sein und ist es auch. In Koffern wird es verstaut und transportiert. Je nach Akzeptanz ist an eine Ausweitung der Spielzeiten gedacht.

Nach drei Stunden am ersten Spieltag, an dem sich auch drei Gemeinderäte im Gaming versuchten, begann die reguläre Öffnungszeit des Jugendhauses. Eine Gruppe Jugendlicher von der Gemeinschaftsschule Obrigheim war von dem neuen Angebot positiv überrascht und klemmte sich nacheinander hinters Gran-Turismo-Steuer. Serkan, Razvan, Rovan und zwei weitere Kumpels feuerten sich gegenseitig beim Autorennen an, denn: "In der Gruppe macht es einfach mehr Spaß!"

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