Ein Golf der ersten Generation
Ein Golf der ersten Generation: Mit wassergekühltem Frontmotor und großer Heckklappe überwand VW in den frühen Siebzigern seine Absatzkrise.
Volkswagen AG

Das wohl populärste Auto in Österreich wird dieser Tage 50 Jahre alt. Am 29. März 1974 lief der erste Golf im VW-Werk in Wolfsburg vom Band, im Juli darauf kam er in den Handel. Kein Automodell rollt bis heute häufiger über Österreichs Straßen.

Bei den Neuzulassungen liegt der VW-Golf seit ein paar Jahren aber nicht mehr vorne. Die Spitzenplätze in Österreich belegten 2023 der Škoda Octavia, gefolgt vom Tesla Model Y, erst danach kam mit 5.380 Stück der Golf. Im deutschen Heimatmarkt liegt der Golf noch auf Platz eins, allerdings dicht gefolgt von den anderen VW-Marken T-Roc und Tiguan. Es ist ein Bedeutungsverlust, wenn auch auf hohem Niveau.

Golf der ersten Generation von innen
Der frühe Golf war sparsamer und zugleich schneller als der Käfer.
Volkswagen AG

SUV-Anteil steigt und steigt

Im Gespräch mit dem STANDARD erklärt der deutsche Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer die Verschiebung. In der Automobilindustrie sei auf die Käfer-Jahre die Golf-Zeit gefolgt, und nun sei die Zeit der SUVs angebrochen. "Heute haben die Autos neue Karosserien, die SUVs haben den Markt erobert", sagt er.

Die Bedeutung des Golf war für den VW-Konzern lange Zeit enorm, und auch in der Pop-Kultur hinterließ der Kompaktwagen Spuren. Manche verbinden den Golf mit dem Freiheitsgefühl der Siebziger- und Achtzigerjahre, andere mit maximalem Pragmatismus. Der deutsche Autor Florian Illies beschreibt in dem Buch "Generation Golf", das im Jahr 2000 erschienen ist, eine Generation, die hedonistisch und unpolitisch leben wolle.

In den Siebzigern löste der Golf den Käfer auf Europas Straßen ab. Der letzte Käfer aus europäischer Fertigung lief 1978 vom Band. In Mexiko wurde er bis 2003 produziert.

Erster Golf war ein Wagnis

Zumindest baulich hatte der Golf durchaus Ecken und Kanten, vor allem wenn man ihn mit dem Vorgänger VW-Käfer vergleicht. Die Defizite des Käfer bereiteten indirekt der Neuerfindung des Volkswagen-Konzerns den Weg – dank des Golf. Denn in den frühen Siebzigern schien der Käfer allmählich aus der Zeit gefallen, etwa mit seinem luftgekühlten Heckmotor und dem eng begrenzten Stauraum. Im VW-Konzern musste ein neues Auto her. Der Golf war damals ein moderner Vierzylinder, eckiger, praktischer und zugleich schneller als der Käfer – und im Kofferraum konnte man nun auch große Einkäufe oder Reisetaschen verstauen.

Inzwischen baut VW den Golf in der achten Generation, mehr als 37 Millionen Stück haben die Wolfsburger in fünf Jahrzehnten verkaufen können. Die Modellreihe war in der Automobilindustrie so prägend, dass eine ganze Fahrzeugklasse nach ihr benannt worden ist. In der sogenannten Golf-Klasse spielen heute etwa auch die Konkurrenzautos Toyota Corolla, Ford Focus und Kia Ceed.

"Der Golf war ein klassenloses Fahrzeug. Der Generaldirektor, aber auch der Bandarbeiter oder der Hausmeister konnte Golf fahren. Jeder war mit dem Golf richtig angezogen", nennt Dudenhöffer einen der Gründe für den beständigen Verkaufserfolg in Europa. Wobei sich der Absatz nicht auf alle Kontinente übertragen ließ, sagt der Experte mit Blick auf die USA: "VW hat schon seit ewigen Zeiten ein Problem, so richtig auf dem amerikanischen Markt anzukommen. Auch der Golf passt nicht nach Amerika, denn die Amerikaner lieben große Autos."

Evolution des VW-Golf
Im Laufe der Jahrzehnte wurde der Golf – wie andere Automodelle– immer größer und schwerer.
DER STANDARD

"Golf-Gene"

Wie und ob man die Marke Golf in die Ära der Elektroautos überführt, ist für den VW-Konzern eine knifflige Frage. Zwar gab es 2014 einen Versuchsballon mit einem E-Golf, aber das richtungsweisende E-Auto aus dem Konzern ist der VW ID.3. Dieses Auto bekam eben nicht den Namen Golf. VW-Markenchef Thomas Schäfer sagte vor einem Jahr: "Klar ist, dass wir ikonische Namen wie Golf, Tiguan und GTI nicht aufgeben werden, sondern in die elektrische Welt überführen." Aber gerade beim Golf müsse "das zu den Genen passen". Es gehe nicht, "einfach irgendein Fahrzeug so zu nennen". Voraussichtlich im Jahr 2028 soll mithilfe der geplanten VW-Plattform SSP eine neunte Golf-Generation folgen – laut Schäfer ein vollelektrischer Golf.

VW will die Marke also bewahren – auch jenseits von Retrofahrzeugen in kleiner Stückzahl wie dem VW-Beetle. "Eine künftige elektrische Autogeneration 'Golf' zu nennen wäre nach meiner Einschätzung ein Fehler. Man muss zeigen, dass das eine neue Art von Auto ist", wendet Dudenhöffer ein. In Wolfsburg will man aber, dass der Golf noch weitere runde Geburtstage feiert. "Die nächste Generation wird elektrisch", sagte Schäfer kürzlich. Und sie werde wieder Golf heißen, nicht ID wie die E-Modelle bisher. "Dafür stehe ich." (Lukas Kapeller, 6.4.2024)