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Foto: DER SPIEGEL
Marco Evers

Elementarteilchen Das Allheilmittel, das leider keines ist – aber dazu werden könnte

Ein niederländischer Konzern baut Zaubermaschinen für die digitale Revolution, eine Frauenhand liegt in einer Kirche, und deutschen Forschern droht Gefängnis: Die Leseempfehlungen der Woche aus der Wissenschaftsredaktion des SPIEGEL.

»Ist dies das Allheilmittel, von dem die Menschheit seit jeher geträumt hat?« Das fragte die »New York Times« vor gut 75 Jahren. Sie bezog sich auf eine wundersam wirkmächtige Substanz, die einige Jahre zuvor entdeckt worden war. Sie ließ Schmerzen schwinden bei Menschen, die sich davon gemartert fühlten, sie half gegen Allergien, Gicht, Asthma, Rheuma, Schuppenflechte und noch viel mehr. Rollstuhlfahrer standen auf und tanzten.

Der Name dieser Substanz: Kortison. Dass es so wirksam war, hatten der Chemiker Edward Kendall und der Arzt Philip Hench entdeckt, sie bekamen dafür wenig später den Medizin-Nobelpreis. Bei dem Mittel handelt es sich um ein Hormon, das von der Nebenniere produziert wird und auch synthetisch hergestellt werden kann. In der Medizingeschichte stellt es einen Meilenstein dar, ähnlich wie die Entdeckung des Penizillins.

Von einem »Allheilmittel« spricht heute aber wahrscheinlich niemand mehr, denn längst ist bekannt, dass der mächtige Entzündungshemmer Kortison nicht für die dauerhafte Behandlung taugt. Die Liste seiner Nebenwirkungen ist lang: Hoher Blutdruck zählt dazu, Osteoporose, Diabetes, Magenbeschwerden, Haarausfall und Gewichtszunahme.

Warum das so ist, blieb Experten bisher verborgen. Alle Bemühungen scheiterten, ein Kortison ohne Nebenwirkungen zu entwickeln. Jetzt aber ist es einem Rheumatologen der Berliner Charité und seinem Team gelungen, Licht in das Dunkel zu bringen. Der Mediziner Gerhard Krönke geht davon aus, den Unterschied zwischen dem guten und dem nachteiligen Wirkmechanismus von Kortison erkannt zu haben – und hofft nun darauf, mit diesem Wissen eine Substanz zu entwickeln, die tatsächlich dereinst als »Allheilmittel« gelten kann. Den Bericht meines Kollegen Johann Grolle finden Sie hier .

Herzlich
Ihr Marco Evers


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Bild der Woche

Foto: Christophe Archambault / AFP

Flammen im Kampf gegen den Frost. Ein Kälteeinbruch hat auch die legendäre Weinbauregion von Saint-Émilion im Südwesten Frankreichs erreicht. Bauern zündeten Feuer und Fackeln an, um die jungen Triebe der Reben vor Minustemperaturen zu schützen. Vor drei Jahren erst hatte solch eine Maßnahme nicht geholfen: Damals war es in drei Aprilnächten so kalt geworden, dass die Pflanzen in weiten Teilen des Landes kaum Trauben produzierten.

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