Weniger Nebenwirkungen: Deutsche Mediziner forschen an Super-Kortison

Schmerzen bei Rheuma können durch Kortison gelindert werden

Schmerzen bei Rheuma können durch Kortison gelindert werden

Foto: peterschreiber.media - stock.ado

Eins gegen alles: Kortison wird nicht nur gegen Rheuma eingesetzt. Es hilft auch gegen Allergien, Gicht, Asthma und Multiple Sklerose. Selbst bei vielen Haut-, Darm- und Augenkrankheiten wie etwa Schuppenflechte und im Kampf gegen Krebs wird es eingesetzt.

Das Problem des Wundermittels: Seine schweren Nebenwirkungen. Doch deutsche Forscher wollen ein Super-Kortison entwickeln, berichtet der „Spiegel“. Es soll helfen, ohne zu schaden.

Doch dafür mussten die Wissenschaftler von der Berliner Charité erst einmal verstehen, wie Kortison überhaupt funktioniert.

Wie funktioniert Kortison?

Die vielen Leiden, bei denen Kortison eingesetzt wird, haben etwas gemeinsam, berichtet der „Spiegel“: „Bei allen kommt es zu einer gefährlichen Überreaktion des körpereigenen Immunsystems. Das Kortison ist fähig, eine derartige Überreaktion zu besänftigen, es hemmt entzündliche Prozesse.“

Doch für dauerhafte Behandlungen eignet sich das Mittel nicht. Der Grund: schwerwiegende Nebenwirkungen wie hoher Blutdruck, Diabetes, Magenbeschwerden, Haarausfall, Gewichtszunahme oder Schlaf- und Gedächtnisstörungen.

Nur die guten Effekte des Kortisons sollen abgegriffen werden

Körpereigenes Kortison (Kortisol) ist ein Stresshormon. Es wird bei Gefahr, psychischer Belastung und großen Herausforderungen ausgeschüttet. Effekte: die Immunabwehr fährt runter, der Stoffwechsel aber rauf. Auf dem ersten Effekt beruhe die therapeutische Wirkung, der zweite dagegen sei verantwortlich für die schädlichen Folgen.

Das Problem: Niemand konnte die beiden Wirkmechanismen des Kortisons bis jetzt einzeln und nur für sich erklären. Was Voraussetzung wäre, um nur die guten Effekte des Kortisons abzugreifen.

Doch das ist laut „Spiegel“ dem Charité-Forscher Gerhard Krönke und seinem Team nun gelungen. „Seit Langem ist bekannt, dass das Kortison im Zellkern wirkt“, sagt der Rheumatologe. „Dort aktiviert es Gene und mobilisiert Ressourcen im Körper, der immunsuppressive Effekt aber lässt sich damit nicht ausreichend erklären.“

Karte: Schmerz-Atlas Deutschland (in Prozent) - Infografik

Einfluss von Kortison auf das Immunsystem spielt eine wichtige Rolle

Denn aufs Immunsystem wirke das Kortison noch auf andere Weise, erklärt der Forscher: „Die Waffenfabriken der Zelle werden in Kraftwerke verwandelt.“

Es gehe dabei um die sogenannten Mitochondrien, die normalerweise dafür zuständig sind, Zellen mit Energie zu versorgen. Im Fall einer Infektion und im Verlauf einer Autoimmunreaktion würden die Abwehrtruppen dagegen in den Angriffsmodus versetzt:

„Die Mitochondrien der Immunzellen stellen dann die Energieerzeugung ein und produzieren stattdessen Giftstoffe, mit denen sich Angreifer abwehren lassen. Kortison kehrt diesen Prozess um. Das Hormon sorgt dafür, dass die Mitochondrien in ihren Normalmodus zurückkehren und Energie statt Abwehrstoffe herstellen.“

Das sei eine ausreichende Erklärung für die entzündungshemmende Wirkung des Arzneimittels. Krönke glaubt, dass dieses neue Wissen hilft, ein neues Super-Kortison zu entwickeln, das nur auf die Mitochondrien, nicht aber im Zellkern wirkt.

Dafür habe er laut Bericht mit Kollegen ein Start-up gegründert, die Firma Metaimmune Therapeutics.

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