Pebble Beach/Berlin. VW stellt den E-Konzeptwagen I.D. Buzz von 2022 an in Serie her. Der Konzern will vom hippen Image des Klassikers VW-Bulli profitieren.

Ein klein wenig erinnert der Wagen an den ikonischen ersten VW-Bus, von Fans T1 genannt: die hohe Hüftlinie, die runden Kanten, das abgesetzte Dach. Mit dem I.D. Buzz genannten Konzeptfahrzeug punktete VW, schwer gebeutelt von der Dieselaffäre, dieses Jahr schon auf den Automessen in Detroit und Genf. Jetzt kündigte der Konzern an, den Kleinbus in Serie bauen zu wollen.

Nun wäre ein neuer Bus aus dem Hause VW noch keine große Nachricht, die Technik des Buzz hat aber wenig mit dem berühmten Vorgänger zu tun. Und der Konzern sieht in dem Fahrzeug mehr als nur ein weiteres Modell: „Er ist eine wichtige Säule in der Elektro-Offensive von Volkswagen und trägt das Bulli-Fahrgefühl in die Zukunft“, sagte VW-Markenchef Herbert Diess im kalifornischen Pebble Beach, wo jedes Jahr im August beim Concours d’Elegance historische Fahrzeuge und futuristische Konzeptautos gezeigt werden. Das Fahrzeug vereine Geschichte und Zukunft, behauptet Diess.

„Teil des kalifornischen Lifestyles“

Der klassische VW-Bus, vor allem die äußerlich etwas runderen Versionen T1 und T2 sowie der etwas kantigere T3, sind besonders unter Surfern beliebt – eine Zielgruppe, die als hip gilt. Von diesem Image möchte VW auch profitieren, ein Foto des Autos bei einer Testfahrt zeigt es mit Surfbrettern auf dem Dach. Einer der Hauptzielmärkte sind die USA. „Der Microbus, wie der Bulli in Amerika heißt, war immer Teil des kalifornischen Lifestyles“, formuliert Diess.

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    Außerdem ist in Kalifornien Umweltschutz hip, die Abgas-Grenzwerte sind streng, wie VW aus Erfahrung weiß. Der Konzern trickste bei seinen Dieselmotoren jahrelang, damit sie zumindest in Tests die Grenzwerte einhielten. Das flog im September 2015 in Kalifornien auf, kostete einen VW-Chef den Job und den Konzern bisher deutlich mehr als 26 Milliarden Euro.

    Keine Türgriffe, ein eckiges Lenkrad und 374 PS

    Jetzt will VW sich bei sauberen Fahrzeugen an die Spitze setzen; in Kalifornien zu punkten, ist da nicht schlecht. Zumal hier auch die Konkurrenz sitzt: Im Silicon Valley forschen Apple, Google und Uber an der Mobilität von morgen, Elektroautopionier Tesla sitzt hier.

    Anders als der klassische Bulli hat der Konzeptwagen, bisher ein Einzelstück, keine Türgriffe. Geöffnet wird das Fahrzeug per Knopfdruck. So startet der Fahrer es auch. Das Lenkrad ist viereckig. Derzeit eingebaut ist ein E-Motor aus dem Golf mit 136 PS. Das Serienfahrzeug, das von 2022 an auf dem Markt sein soll, wird deutlich stärker motorisiert sein: Zwei Elektromotoren mit zusammen bis zu 374 PS sollen den Wagen künftig antreiben.

    Reichweite von 600 Kilometern geplant

    Der Buzz soll eine Reichweite von bis zu 600 Kilometern haben. Bei Serienautos einsam an der Spitze liegt derzeit Tesla, dessen Model S auf 500 Kilometer kommt. Die deutsche Konkurrenz schafft deutlich weniger. Der Elektrowagen i3 von BMW kommt unter Alltagsbedingungen zum Beispiel nur auf weniger als 200 Kilometer.

    Weil der Elektroantrieb klein ist und beim Buzz die Batterien wie etwa im Tesla im Wagenboden eingebaut sind, gibt es im Innenraum enorm viel Platz. VW hat dem Einzelstück auch ein geteiltes Glasdach verpasst. Das Fahrzeug ist etwas länger, höher und breiter als das aktuelle VW-Bus-Modell T6, bleibt aber in der Länge unter fünf und in der Höhe unter zwei Metern.

    Das Lenkrad verschwindet auf Knopfdruck

    VW will in die Serienversion zahlreiche Designelemente des Prototypen übernehmen. So lässt sich das Lenkrad auf Knopfdruck im sonst instrumentenfreien Armaturenbrett versenken – Vorgriff auf das vollautomatische Fahren, für das der Buzz geeignet sein soll.

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      VW zufolge wäre das von 2025 an denkbar. Der Fahrer könnte dann seinen Sitz nach hinten drehen, sodass er den Mitfahrern auf der Rückbank gegenübersitzt. Stefan Bratzel, der das Auto-Institut in Bergisch Gladbach leitet, kann sich deshalb gut vorstellen, dass der I.D. Buzz in Zukunft als Robotertaxi in Städten unterwegs ist. „Das zeigt, wie sich die Branche ändert.“

      Einheitliche Bauteile sparen Kosten

      Den Durchbruch für die Elektromobilität in Deutschland wird der E-Bulli aber wohl nicht bringen, wie Bratzel sagt. Doch Modelle aus unterschiedlichen Fahrzeugsegmenten seien ein wichtiges Signal an Öffentlichkeit und Politik: „Wir meinen es ernst mit der Elektromobilität.“

      VW hat sich mit Elektromobilität bis zur Dieselaffäre eher zurückhaltend beschäftigt. Inzwischen hat der neue Chef Matthias Müller Europas größtem Autobauer ein ehrgeiziges E-Programm verpasst. Der Konzern plant bis 2025 mehr als 30 neue Modelle. Der kompakte I.D. soll bereits 2020 in Serie gehen. VW hat dafür einen sogenannten Modularen Elektrifizierungsbaukasten entwickelt – vereinheitlichte Teile und Fertigung für verschiedene Modelle, was die Kosten deutlich senkt.

      Günstige Preise wohl erst von 2020 an

      Auf der Hauptversammlung im Mai hatte Konzernchef Müller Elektroautos zum Preis eines vergleichbaren Dieselfahrzeugs versprochen. Bratzel rechnet für Anfang der 2020er-Jahre mit konkurrenzfähigen Preisen. Beim E-Bulli hält er eine höhere fünfstellige Stückzahl pro Jahr für nötig. Es gebe eine ganze Reihe interessanter Kundengruppen: Familien ebenso wie Gewerbekunden. Für Letztere will VW eine Transporter-Variante auf den Markt bringen: den I.D. Buzz Cargo, wie Nutzfahrzeug-Chef Eckard Scholz ankündigte.

      VW will die Entwicklung alternativer Antriebsmodelle in den kommenden Jahren mit Investitionen von neun Milliarden Euro forcieren. Gleichzeitig sollen früheren Angaben zufolge aber auch noch zehn Milliarden Euro in die Weiterentwicklung des Verbrennungsmotors investiert werden. Über dessen Zukunft ist in Deutschland gerade eine Debatte entbrannt.