Bundesliga:Ein Spagat als einsames Kunstwerk

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War selbst von seiner Beweglichkeit überrascht: Bielefeld-Torwart Stefan Ortega im eingesprungenen Spagat. (Foto: Christian Kolbert/kolbert-press/imago)

Beim 0:0 zwischen Augsburg und Bielefeld bündeln sich die Höhepunkte in einer Szene. Der FCA kommt dem Ligaverbleib zwar näher - doch die Kritik an der spielerischen Armut wächst.

Von Maik Rosner, Augsburg

Als die Augsburger über das Spiel sprachen, wirkten sie nicht, als hätten sie sich gerade ihrer größten Sorgen im Kampf um den Klassenverbleib entledigt. Dabei war ihnen das mit dem 0:0 gegen Arminia Bielefeld durchaus mit einiger Wahrscheinlichkeit gelungen, weil die Ostwestfalen auf Distanz gehalten werden konnten. Sechs Punkte beträgt weiterhin der Vorsprung auf den Aufsteiger, der sich vom Relegationsplatz auf Rang 15 vorschob. Der FCA rutschte wieder auf Platz elf vor - doch gefühlt war dieses torlose Remis für die Augsburger eher ein Rückschritt, jedenfalls in spielerischer Hinsicht.

Das Beste an dieser Partie sei es gewesen, "dass der Abstand zu Bielefeld gleich bleibt", sagte Stefan Reuter. Abgesehen davon konnte der Sport-Geschäftsführer wenig Gutes finden am Beginn der englischen Woche mit den weiteren Spielen am Dienstag in Frankfurt und am Freitag gegen Köln. "Wir haben spielerisch viel zu wenig gezeigt", kritisierte er, "es ist alles ein bisschen zu viel Krampf." Reuter fügte hinzu: "Wir erwarten uns einfach ein besseres Spiel unserer Mannschaft."

Auch die Bielefelder wussten, dass hinter ihnen eine kampfbetonte Begegnung lag, die "fußballerisch kein Feinschmecker" gewesen sei, wie es Trainer Frank Kramer formulierte. Zufrieden war er dennoch. "Wir schätzen jeden Punkt", sagte Kramer vor den Spielen gegen den Tabellenletzten Schalke am Dienstag und in Mönchengladbach am Sonntag.

Nur Schalke trifft seltener

Es war ohnehin ein Spiel gewesen, von dem man nicht viele Tore erwarten durfte. Gegenüber standen sich ja jene Mannschaften, denen 2021 nach Schalke die wenigsten Treffer gelungen waren. Außerdem fanden sich an den beiden Enden des Spielfeldes die Torhüter Rafal Gikiewicz und Stefan Ortega ein, die in dieser Saison mit meist überdurchschnittlichen Leistungen aufgefallen waren. Und schließlich sprach auch die Spielanlage der Augsburger und Bielefelder eher nicht für ein Offensivspektakel.

Dass sie beim FCA den Ball noch ein bisschen lieber dem Gegner überlassen als beim DSC, ließ sich auch am Samstagnachmittag beobachten. Der Aufsteiger bemühte sich fast schon gezwungenermaßen mehr ums Spiel nach vorne, die Augsburger warteten auf Konterchancen. Womöglich wählten die favorisierten Gastgeber diesen Ansatz bewusst, weil sie mit Ballbesitz jüngst bei der 0:1-Niederlage beim FC Schalke wieder einmal wenig anzufangen wussten. Diesmal wussten sie allerdings auch mit den sich bietenden Konterchancen wenig anzufangen.

Kein Glück im Abschluss: Bielefelds Andreas Voglsammer (r.) gegen FCA-Torwart Rafal Gikiewicz. (Foto: Matthias Balk/dpa)

Das lag zunächst daran, dass die Bielefelder die Bälle mit ihrem Gegenpressing schnell zurückeroberten. Auch bei den Torannäherungen aus dem eigenen Spielaufbau waren die Gäste vorerst erfolgreicher. Und bei ihrer bis dahin gefährlichsten Aktion nach einer knappen halben Stunde ließ sich sogar filigrane Kleinkunst bestaunen. Andreas Voglsammer legte Ortegas langen Pass mit der Brust zu Kapitän Fabian Klos, der mit der Hacke umgehend Voglsammer freispielte. Der Makel dieses hübschen Spielzugs betraf den Abschluss. Freistehend schoss Voglsammer aus 14 Metern über das Tor.

Augsburg fehlt die spielerische Entwicklung

Erst danach wurden die Augsburger aktiver im Spiel nach vorne und kamen kurz vor der Pause zu ihrer ersten nennenswerten Gelegenheit, als sich Marco Richters abgefälschter Schuss aufs Tornetz senkte. Doch erneut war es vom FCA ein sehr dezenter Vortrag, der sich ins Bild der ausbleibenden spielerischen Entwicklung fügte. Man habe sich in den vergangenen Wochen und Monaten mehr erhofft, hatte Geschäftsführer Michael Ströll bereits in der Halbzeit bei Sky gesagt und bestätigt, "dass der Prozess länger dauert als wir uns das gewünscht haben. Wir nehmen die Kritik an, wir sehen es ja auch".

Eine deutliche Steigerung stellte sich auch in der zweiten Halbzeit nicht ein. Die Bielefelder blieben zunächst aktiver, kamen aber nicht durch. Bei den Augsburgern fielen die Bemühungen zunächst noch dürftiger aus. Herauskam eine zweite Halbzeit, die so unterhaltend war wie stundenlanger Landregen. Jedenfalls bis zur 78. Minute, in der Augsburgs Ruben Vargas plötzlich vom eingewechselten Alfred Finnbogason freigespielt wurde. Ortega aber wehrte den Abschluss von Vargas mit der Ferse ab, nachdem er sich im Spagat auf dem Rasen gesetzt hatte. "Ich habe nicht damit gerechnet, dass ich soweit in den Spagat komme", scherzte der Bielefelder Torwart. Es war eine Szene, in der fast alle Höhepunkte des Nachmittags zusammenkamen - die artistischen und spielerischen.

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