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Die Mär vom Aktien-Schnäppchen  Tiefer Fall schützt nicht vor tieferem Fall

Manche Anleger kaufen Aktien, weil sie denken, die Papiere könnten nicht weiter fallen, sondern nur wieder steigen. Dass dieser Ansatz meist zum Scheitern verurteilt ist, zeigt die Aktie der Deutschen Bank.
Deutsche Bank an der Börse: Seit Jahren geht es mit der Aktie abwärts

Deutsche Bank an der Börse: Seit Jahren geht es mit der Aktie abwärts

Foto: REUTERS

Es gibt Anleger, die glauben, es sei eine gute Strategie, eine Aktie zu kaufen, nur weil sie bereits stark gefallen ist. Nach dem Motto: Noch weiter runter kann es nicht mehr gehen. Und es gibt Aktien, an denen sich zeigen lässt, dass dies meist ein denkbar schlechter Investmentansatz ist. Zum Beispiel die Aktie der Deutschen Bank.

Rückblende: 2007. Der Deutschen Bank  geht es prächtig. Das Institut schreibt einen Rekord-Jahresgewinn von 6,5 Milliarden Euro, der seinerzeitige Vorstandschef Josef Ackermann ist mit rund 14 Millionen Euro Jahresgehalt Topverdiener im deutschen Leitindex Dax . Auch die Aktie des Instituts notiert auf einem Höchststand, bei beinahe 100 Euro. Dann platzt in den USA die Immobilienblase.

Was folgt, ist Geschichte: Lehman-Pleite, Finanzkrise, Weltwirtschaftskrise. Und mittendrin Deutschlands Geldhaus Nummer eins. Im Verlauf des Jahres 2008 verwandeln sich die schwarzen Zahlen der Deutschen Bank in tiefrote. Am Ende steht ein Milliardenverlust sowie ein Bankchef Ackermann, der viel zu hohe Risiken eingegangen ist und viel zu stark auf das Investmentbanking gesetzt hat.

Klar, dass sich dies auch im Aktienkurs der Bank widerspiegelt: Bis Januar 2009 fällt das Papier auf weniger als 20 Euro. Ein Kurssturz um 80 Prozent binnen weniger Monate - noch weiter runter kann es kaum gehen, konnte man da denken.

Irrtum Nummer eins, Irrtum Nummer zwei ...

Doch das ist Irrtum Nummer eins. Zwar klettert die Deutsche-Bank-Aktie bis Mitte 2010 wieder bis in die Nähe der 50-Euro-Marke. 2011 kocht die Finanz- und Schuldenkrise jedoch ein weiteres Mal hoch - und die Finanztitel gehören zu den Aktien, die davon am härtesten getroffen werden. Bad News also erneut für die Aktionäre der Deutschen Bank, deren Papiere allein im August 2011 beinahe 30 Prozent an Wert verlieren.

Damit stehen die Anteilsschein zu jener Zeit wieder knapp über 20 Euro, was manchem Schnäppchenjäger möglicherweise günstig erscheint. Aber Vorsicht: Wer zugreift, unterliegt Irrtum Nummer zwei.

Denn die Erholung der Bank lässt bis heute auf sich warten. Und schlimmer noch: Das Institut steckt weiter tief in der Krise, die Rechtsrisiken sind weiterhin nicht überschaubar. Der neue Chef John Cryan konnte bislang nicht überzeugend darlegen, wie er die Deutsche Bank zu alter Stärke führen will.

Die nächste Milliardenbuße steht ins Haus

Stattdessen beherrschen nun schon seit Jahren negative Schlagzeilen aus Frankfurt das Bild: Zinsmanipulation, Umsatzsteuerbetrug, Geldwäsche, Trickserei am Goldpreis, windige US-Immobilienkredite - die Liste der Skandale, in die Mitarbeiter der Bank verwickelt sein sollen, ließe sich scheinbar beliebig fortsetzen.

Die Bank muss deshalb Milliarden für Rechtstreitigkeiten aufwenden. Zahlen der Nachrichtenagentur Bloomberg zufolge hat die Deutsche Bank seit 2008 bereits neun Milliarden Dollar für Geldbußen und Vergleiche ausgegeben. Und das ist noch längst nicht alles.

Wie am Freitag bekannt wurde, steht der Bank die nächste Milliardenstrafe für den Verkauf fauler Kredit-Wertpapiere während des US-Immobilienbooms offenbar bereits ins Haus. Nicht weniger als 14 Milliarden Dollar will das US-Justizministerium für diese Vergehen von der Deutschen Bank haben. Eine Rekordbuße für eine ausländische Bank in den USA wäre das, und weit mehr als Deutschlands Branchenprimus aus seinen Rückstellungen stemmen könnte. Kein Wunder also, dass Bankchef Cryan postwendend wissen ließ, dass er diese Summe "auf keinen Fall" zahlen werde.

Der Aktie der Deutschen Bank hat Cryans Gegenwehr allerdings wenig geholfen. Im Gegenteil: Um mehr als 8 Prozent geriet das Papier am Freitag ins Minus. Zuletzt waren die Anteilsscheine Anfang 2016 einmal mehr stark eingebrochen, als an den Finanzmärkten zeitweise sogar die Kreditfähigkeit der Bank angezweifelt worden war.

Damit notiert die Deutsche-Bank-Aktie nun bei etwa 12 Euro. So günstig war sie nicht einmal auf dem Tiefpunkt der Finanzkrise im Jahr 2009. Die Marktkapitalisierung von Deutschlands einstiger Vorzeigebank ist von mehr als 50 Milliarden Euro im Jahr 2007 auf inzwischen weniger als 17 Milliarden Euro geschrumpft. Zuletzt flog das Unternehmen wegen des Kursverfalls sogar aus dem Index Stoxx Europe 50 der 50 größten Konzerne Europas.

Kurzum: Anleger, die eine Aktie kaufen wollen, die in den vergangenen Jahren so stark nach unten geprügelt wurde, wie kaum eine andere, und bei der es angeblich nun wirklich nicht mehr weiter nach unten gehen kann, sind bei der Deutschen Bank offensichtlich an genau der richtigen Adresse. Aber seien Sie gewarnt: Es droht Irrtum Nummer drei.

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Foto: Pablo Martinez Monsivais/ AP