Zum Inhalt springen

Unmut im Aufsichtsrat Deutsche Bahn soll mehr für Pünktlichkeit tun

Die Fernzüge unpünktlich, Regional- und Güterverkehr in der Verlustzone: Bei der Bahn wächst nach SPIEGEL-Informationen die Unzufriedenheit mit dem Vorstand. Vor allem Ronald Pofalla steht in der Kritik.
ICE

ICE

Foto: Martin Schutt/ dpa

Ein Grund war schnell gefunden, nicht gerade originell, sondern eher ein Klassiker: Das Wetter sei schuld für die vielen Verspätungen im Mai. Starkregen, Gewitter und Unterspülungen im Süden des Landes hätten die Züge aus dem Takt geworfen, so die offizielle Begründung. Doch im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn wächst nach SPIEGEL-Informationen der Unmut über die Arbeit des aktuellen Vorstands. Auf ihrer Sitzung vergangenen Mittwoch erhielten die Kontrolleure viele schlechte Nachrichten, allen voran zur Pünktlichkeit. Dort sei "noch keine Trendwende" zu erkennen, räumte Bahn-Chef Richard Lutz ein.

Im Mai kamen nur 75,8 Prozent aller Fernzüge pünktlich an, weniger als im Vorjahr. Der Vorstand müsse etwas tun, heißt es in Aufsichtsratskreisen, die bisherigen Maßnahmen reichten nicht aus. In ihrer Sitzung diskutierten die Kontrolleure unter anderem ein 140-Millionen-Euro schweres Maßnahmenpaket. Einen weitergehenden Beschluss gab es nicht, der Vorstand müsse noch in zahlreichen Punkten nacharbeiten.

Pofalla übernimmt Nebenjob

Zu Unmut führte wohl auch der Wunsch des Vorstands, eine Sonderabschreibung von einer Milliarde Euro im Bereich Güterverkehr vorzunehmen, weil Frachtzahlen und Produktivität immer weiter sinken. Auch im Regionalverkehr fährt die Bahn Miese ein.

In der Kritik steht zudem Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla, der einen zusätzlichen Job in der Kommission der Bundesregierung zum Kohleausstieg antritt, die in der kommenden Woche ihre Arbeit aufnimmt. Die Bahn-Aufseher nickten seine Nebenbeschäftigung zwar einstimmig ab, Pofalla hatte aber zusagen müssen, dass er in der Kohlekommission weniger Verpflichtungen übernimmt als seine dortigen Co-Vorsitzenden. In der Herbstsitzung muss er zudem darlegen, dass er seinen Hauptjob bei der Bahn nicht schleifen lässt.

Pofalla hat als Bahn-Vorstand alle Hände voll zu tun: Zu seinen Aufgaben gehört, ein digitales Signal- und Leitsystem zu etablieren, mit dem die Kapazität des Netzes um bis zu 20 Prozent erhöht werden soll. Auch handelt Pofalla derzeit mit der Bundesregierung die neue Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung für den Unterhalt der Bahn aus, ein Mammutprojekt. Zusätzlich muss Pofalla auch verzögerte Großbauprojekt wie Stuttgart 21 wieder auf Kurs bringen.