Aufruhr im Autoland Deutschland: Zunächst erschütterte der Dieselskandal um manipulierte VW-Motoren die Öffentlichkeit. Später gerieten weitere Hersteller ins Visier der Ermittler und müssen sich nun vor Gericht verantworten. Wir liefern Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Autos sind Deutschlands Exportschlager par excellence. Und da in Deutschland das Auto erfunden wurde, gehört es zum nationalen Kulturgut wie Schokolade und Uhren zur Schweiz. Entsprechend entgeistert war man im Land, als der Skandal um manipulierte Dieselmotoren bei VW aufflog. Doch auch bei Autofirmen, die nicht zu illegalen Mitteln griffen, stossen die Fahrzeuge auf der Strasse deutlich mehr schädliche Stickoxide aus als auf dem Prüfstand.
Deutschland sollte seit 2010 die einschlägigen EU-Grenzwerte für Stickstoffdioxid einhalten. Dass dies mancherorts nicht der Fall ist, hat auch mit der Diskrepanz zwischen gemessenen Abgasen auf der Strasse und solchen im Labor zu tun. Kürzlich hat ein Bundesgericht entschieden, dass die Städte Fahrverbote für Dieselautos aussprechen dürfen, sofern sich nur so die Luftqualität rasch verbessern lässt. Dies drückt auf die Dieselverkäufe in Deutschland. Gleichzeitig haben aber deutsche Ingenieure für die neuste Generation von Dieselmotoren eine Lösung ausgetüftelt, bei der die Stickoxidemissionen stark gesenkt werden können und kein grosses Problem mehr sein sollten.
VW hat Abgastests seiner Autos mithilfe einer Software manipuliert. Die Autos stiessen im Labor viel weniger Stickoxide aus als auf der Strasse. Diese Abweichungen wurden in Dieselmotoren gefunden, die in rund 11 Mio. Fahrzeugen auf der ganzen Welt verbaut sind. Betroffen sind die Marken VW, Audi und Porsche. Die VW-Ingenieure haben die Motoren mit einer elektronischen Steuerung ausgestattet, welche die Leistung des Motors reduziert und allenfalls eine Reinigungsstufe im Auspuff aktivieren kann. Die Fahrzeuge registrierten dank ihren Sensoren, zum Beispiel in der Lenkung, im Antiblockiersystem oder im Getriebe, dass sie im Labor auf dem Prüfstand stehen. In diesem Fall schaltete die Motorsteuerung den Schadstoffsparmodus ein und liess die Fahrzeuge sauberer erscheinen, als sie tatsächlich waren.
Der Skandal flog auf, als die amerikanische Umweltbehörde (EPA) dem VW-Konzern am Freitag, dem 18. September 2015, öffentlich vorwarf, Abgastests manipuliert zu haben. Dies gab der damalige Vorstandschef, Martin Winterkorn, im Namen des Konzerns am Sonntag, dem 20. September, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur zu. Die erste Ad-hoc-Mitteilung zum Thema machte VW jedoch erst am Dienstag, dem 22. September. Am Montag dazwischen war der Aktienkurs schon um 18,6% eingebrochen, und er gab am Dienstag selbst nochmals 19,8% nach. Diese verspätete Mitteilung an die Finanzmarktteilnehmer sowie Zweifel daran, dass niemand aus dem Topmanagement früher über die Angelegenheit Kenntnis hatte, brachten VW Untersuchungen der Strafverfolgungsbehörden wegen Marktmanipulation und Schadensersatzklagen von Aktionären ein.
In den USA hat sich der VW-Konzern in einem Strafverfahren auf einen Vergleich in Höhe von 4,3 Mrd. $ geeinigt. Untersucht wird jedoch weiterhin die Schuld einzelner Personen. Ein langjähriger VW-Manager wurde wegen der Verschwörung zum Betrug und des Verstosses gegen Umweltgesetze zur Höchststrafe von sieben Jahren Haft und zu einer Geldstrafe über 400 000 $ verurteilt. Zudem hat VW den Mann inzwischen entlassen. Weitestgehend abgeschlossen ist die Abwicklung von Zivilklagen von Besitzern betroffener Dieselautos. Für Fahrzeuge mit 2-Liter-Motor einigte sich der Konzern auf einen Vergleich über 14,7 Mrd. $. Ein weiterer Vergleich für 3-Liter-Motoren hat VW nochmals 1,2 Mrd. $ gekostet.
Im Rahmen des Dieselskandals gibt es in Deutschland inzwischen Ermittlungen wegen Marktmanipulation gegen mehrere Spitzenleute von VW:
Es besteht der Anfangsverdacht, dass die Beschuldigten den Anlegern unter anderem die finanziellen Konsequenzen aus der Software-Manipulation bei Dieselautos bewusst verspätet mitgeteilt haben.
Im Zusammenhang mit dem Vorwurf der verspäteten Information der Aktionäre laufen zudem zahlreiche Schadenersatzklagen gegen VW, deren Volumen bereits in die Milliarden gehen soll. Darüber hinaus gibt es in Deutschland strafrechtliche Ermittlungen gegen Vertreter des VW-Konzerns wegen des Verdachts auf Betrug im Rahmen der Manipulation von Stickoxidwerten bei Dieselfahrzeugen. Die Staatsanwaltschaft hat 37 Beschuldigte identifiziert, darunter den ehemaligen Konzernchef Winterkorn. Gegen sechs weitere Verdächtige laufen Untersuchungen im Zusammenhang mit falschen Angaben zum CO2-Ausstoss.
Zudem wollen auch Verbraucherschützer die Autofirmen zur Rechenschaft ziehen. Stellvertretend für Dieselfahrer reichen sie am 1. November eine Musterfeststellungsklage gegen Volkswagen ein.
Nicht nur der VW-Konzern soll bei verschiedenen seiner Marken Dieselabgaswerte manipuliert haben. Gegen weitere Hersteller und Zulieferer laufen Ermittlungen:
Die neue Verbrauchs- und Emissionstestreihe WLTP (Worldwide Harmonized Light Vehicles Test Procedure) ersetzt seit September 2017 für neu zu zertifizierende Fahrzeuge den noch laufenden Europazyklus NEFZ (Neuer Europäischer Fahrzyklus). Ab September 2018 gilt das neue Testverfahren für sämtliche Neuzulassungen.
Der NEFZ wurde 1970 kreiert, um dem Autokäufer herstellerübergreifend vergleichbare Verbrauchswerte anzugeben. 1992 wurde der Zyklus über den Stadtverkehr hinaus erweitert. Weil der Test auf dem Rollenprüfstand mit geringem Motorleistungsbedarf zu absolvieren war, ergaben sich jedoch Verbrauchswerte, die bei normaler Fahrt im Alltagsverkehr kaum oder gar nicht zu erreichen waren. Zudem förderten Untersuchungen von unabhängigen Testorganisationen zutage, dass die Schadstoffemissionen im Alltagsverkehr deutlich über den Labormessungen lagen – selbst in jenen Fällen, in denen der Hersteller nicht unter Verdacht stand, die Abgasreinigung manipuliert zu haben. Deshalb wurden schon zwischen 2009 und 2011 unter dem Dach der Wirtschaftskommission für Europa der Uno verschiedene Arbeitsgruppen gebildet, um ein neues Abgasmessverfahren zu entwickeln. Daran haben auch Experten des Schweizer Bundesamts für Umwelt, des Bundesamts für Strassen sowie der Berner Fachhochschule und der Empa mitgearbeitet.
Der nun realitätsnähere WLTP-Fahrzyklus ist mit einer Länge von rund 23 km mehr als doppelt so lang wie der NEFZ. Zudem umfasst er grössere Beschleunigungen, eine Maximalgeschwindigkeit von 131 km/h (NEFZ: 120 km/h) und ein Durchschnittstempo von 46 km/h (34 km/h). Das führt laut Experten zu Verbrauchssteigerungen von rund 22% gegenüber den NEFZ-Werten. Weil die Autobauer für diese Änderung der gesetzlichen Vorgaben nicht bestraft werden sollen, können sie die WLTP-Ergebnisse in einen NEFZ-Wert umrechnen – womit die sehr strengen CO2-Emissions-Vorgaben von 95 g/km ab 2021 nicht noch zusätzlich verschärft werden.
Mit dem gleichzeitig neu eingeführten Strassentest RDE (Real Driving Emissions) wird sichergestellt, dass die Euro-6-Grenzwerte für Stickoxide und Feinstaub auch in der Realität eingehalten werden. Die Strassenmessung mit am Fahrzeugheck befestigtem Messgerät (Portable Emissions Measurement System, Pems) dauert rund zwei Stunden und soll sich zu je einem Drittel aus Stadt-, Überland- und Autobahnabschnitten zusammensetzen.
Was die Fahrzeughersteller in den nächsten Monaten an Test- und Organisationsaufwand erwartet, ist immens. Die Prüfungen sind viel aufwendiger geworden, schon weil nicht mehr wie bisher nur die Basisvariante eines Modells getestet wird, sondern auch die Zusatzausstattungen berücksichtigt werden.
Wie das Bundesamt für Umwelt (Bafu) erläutert, werden unter dem Begriff Stickoxide (NOx) die Verbindungen Stickstoffdioxid (NO2) und Stickstoffmonoxid (NO) zusammengefasst. Sie entstehen beim Verbrennen von Brenn- und Treibstoffen, insbesondere bei hohen Verbrennungstemperaturen, wie sie in Dieselmotoren herrschen. Als Hauptquelle für die Bildung von Stickoxiden gilt der Strassenverkehr.
Da NO rasch zu NO2 oxidiert, werden die Emissionen gesamthaft als Äquivalente für Stickstoffdioxid (NO2) angegeben. Das Bafu weist darauf hin, dass NOx eine wichtige Vorläufersubstanz für die Bildung von sauren Niederschlägen, sekundärem Feinstaub und – zusammen mit den flüchtigen organischen Verbindungen – von Ozon bzw. Sommersmog darstellt.
Stickstoffdioxid (NO2) ist ein Reizgas, das die Atemwege angreift. Es wird deshalb mit Asthma oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung gebracht. Stickstoffdioxid entsteht durch die Verbrennung fossiler Energieträger. Seit 2010 gilt in der EU ein Grenzwert von 40 Mikrogramm NO2 pro Kubikmeter Luft, gemittelt übers Jahr. Dazu kommt ein Ein-Stunden-Grenzwert von 200 Mikrogramm pro Kubikmeter, der höchstens an 18 Stunden im Jahr übertroffen werden darf.
Die Grenzwerte sind so gesetzt, dass besonders gefährdete Gruppen wie Asthmatiker, Kinder oder ältere Menschen keine Schäden erleiden. Bei Festlegung der Werte spielen aber immer auch politische Erwägungen eine Rolle. In den USA etwa liegt der Grenzwert für das Jahresmittel bei 100 Mikrogramm NO2 pro Kubikmeter, in der Schweiz dagegen sind nur 30 Mikrogramm erlaubt.
Der Grenzwert am Arbeitsplatz ist dagegen viel höher: In der Industrie oder im Handwerk lautet er auf 950 Mikrogramm NO2 pro Kubikmeter in der EU, in der Schweiz sogar auf 6000 Mikrogramm – also 150-mal so viel wie für die Aussenluft in der EU. Diese Werte gelten für gesunde Erwachsene.
Laut dem Arbeitsmediziner Hans Drexler von der Universität Erlangen-Nürnberg sind in Tierversuchen mit bis zu 4000 Mikrogramm NO2 pro Kubikmeter Luft keine Wirkungen feststellbar. Bei Menschen, die im Kohlebergbau gearbeitet haben, gebe es bei einer Belastung bis 950 Mikrogramm keine klaren Effekte. Ratten, die man monatelang 9500 Mikrogramm ausgesetzt habe, zeigten erste Veränderungen an der Lunge.
Um die 40 Mikrogramm oder den Kurzzeitgrenzwert von 200 Mikrogramm einzuordnen, hilft der Vergleich mit Alltagssituationen. Der Ingenieur Thomas Koch vom Institut für Kolbenmaschinen am Karlsruher Institut für Technologie sagt, dass man 500 Mikrogramm NO2 pro Kubikmeter Luft ausgesetzt sei, wenn man den Grill anwerfe, und bis zu 1000 Mikrogramm, wenn man ein Steak brate.
Laut dem deutschen Umweltamt ist der Grenzwert für den Ausstoss von Kohlenmonoxid seit 1992 für Benziner um 68% und für Diesel um 84% gesunken. Die Schwelle für Stickstoffdioxid-Emissionen wurde zugleich seit dem Jahr 2000 für Benziner um 60% und für Diesel um 84% reduziert. Darüber hinaus beschloss die EU vor einigen Jahren (vereinfacht gesagt) einen durchschnittlichen Grenzwert für den Kohlendioxidausstoss (CO2) auf Basis der Flotte eines Herstellers von 130 g/km, der 2021 um mehr als einen Viertel auf 95 g/km reduziert wird.
Die Festlegung solcher Schwellen basiert zwar auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, beruht aber auch auf politischen Erwägungen und unterliegt ferner dem Einfluss von Lobbygruppen. Vorsichtig sollte man darüber hinaus mit der Unterstellung von Kausalitäten sein, zum Beispiel wenn es in Studien heisst, dass Autoabgase jedes Jahr für Tausende «vorzeitige Todesfälle» verantwortlich seien. Verbindungen von Ursache und Wirkung sind komplex, und man kann wohl bestenfalls auf Tendenzen schliessen. Dies gilt auch für eine neue Studie des deutschen Umweltamts. Laut ihr soll NO2 im Jahr 2014 in Deutschland für 6000 vorzeitige Todesfälle verantwortlich gewesen sein, wobei die tatsächliche Zahl mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% zwischen 2000 und 10 000 liegen soll. Solche Schätzungen sind daher mit hoher Unsicherheit behaftet.
Wenn man die öffentliche Diskussion verfolgt, könnte man meinen, dass sich die Situation fortwährend verschlechtert habe. Doch das Gegenteil ist der Fall, wie die Grafik für Stickstoffoxid zeigt.
Das heisst gleichzeitig nicht, dass schon alles zum Besten stünde. Berühmt-berüchtigt ist die Messstation am Neckartor in Stuttgart, einer Kreuzung, über die jeden Tag 70 000 Fahrzeuge fahren. Dort wird der Grenzwert von 40 Mikrogramm NO2 je Kubikmeter Atemluft immer noch deutlich verletzt – im Jahr 2017 wurden 73 Mikrogramm registriert. Als die Messstation 2006 aber aufgestellt wurde, wurden dort im Jahresschnitt 121 Mikrogramm gemessen. Die Abnahme beträgt also 40%. Noch stärker zeigt sich die Verbesserung bei der Spitzenbelastung: 2006 wurde am Neckartor an 853 Stunden der heute gültige Kurzzeitgrenzwert von 200 Mikrogramm überschritten – 2017 waren es lediglich 3 Stunden; erlaubt sind 18.
Richtig ist zwar auch, dass trotz den Verbesserungen immer noch bei fast jeder zweiten verkehrsnahen Messstation der Grenzwert von 40 Mikrogramm nicht eingehalten wird. Deutliche Überschreitungen (Werte über 50 Mikrogramm) gibt es aber nur etwa an jeder zehnten. Man sollte ferner nicht vergessen, dass die Belastung schon nur wenige Meter vom «Hotspot» entfernt deutlich geringer ist. Misst man auf dem Dach des Gebäudes, vor dem die Messstation am Neckartor steht, kommt man laut dem Ingenieur Thomas Koch vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) noch auf 20 Mikrogramm, im Gang des ersten Stockes auf 29 Mikrogramm.
Kritiker des Diesels wenden nun ein, dass die Emissionswerte auf der Strasse viel höher seien als auf dem Prüfstand. Die Typenprüfung wurde von den Ingenieuren aller Marken so optimiert, dass die Emissionsnorm im Labor gerade noch erfüllt wird. VW ging noch weiter und nahm bei illegalen Abschalteinrichtungen Zuflucht (vgl. Frage 1). Im Gegensatz zum Diesel fällt beim Benziner die Diskrepanz zwischen Labor und Fahrt auf der Strasse kaum ins Gewicht.
Die deutschen Ingenieure haben aber mittlerweile eine Lösung ausgetüftelt, so dass der Katalysator für die NOx-Behandlung direkt hinter dem Motor angesiedelt ist. Damit kommt er rascher auf die notwendige Betriebstemperatur. Mit Autos der Abgasnorm Euro 6d Temp und ab 2020 Euro 6d, bei denen die Fahrzeuge auch im Realbetrieb getestet werden müssen, werden die NO2-Emissionen somit stark reduziert. Würde man die heutige Dieselflotte durch Autos mit dem modernsten Abgasreinigungssystem ersetzen, sänke der Beitrag der Dieselautos am Neckartor von 22 Mikrogramm auf 3 Mikrogramm NO2 je Kubikmeter, rechnet Koch vom KIT vor. Auch ohne drastische Eingriffe wie ein Fahrverbot wird die Luft in den Städten somit besser. Durch die Partikelfilter, die seit der Norm Euro 5 Pflicht sind, ist ferner Feinstaub von Dieselfahrzeugen kein Problem mehr. Ein moderner Dieselmotor produziere weniger Feinstaub als ein Velo durch den Abrieb beim Bremsen, sagt Koch.
Vergleicht man Diesel- und Benzinmotoren, muss man, um die Umweltverträglichkeit zu bestimmen, zwischen Klimagas- und Luftschadstoffausstoss unterscheiden. Klimagase wie Kohlendioxid und Luftschadstoffe wie Feinstaub oder Stickoxide können nicht direkt miteinander verglichen oder gegeneinander aufgerechnet werden. Dieselmotoren sind im Gegensatz zu Benzinmotoren eine relevante NOx-Quelle. Bei neuen Dieselmotoren der Norm Euro 6 kann ein aktives Abgasnachbehandlungssystem (zum Beispiel selektive katalytische Reduktion mittels Adblue in einem SCR-Katalysator) den NOx-Ausstoss signifikant senken.
Partikel werden beim Dieselauto mit einem Partikelfilter hinreichend aus dem Abgas entfernt. Bei Benzinfahrzeugen stellte sich das Partikelproblem in Bezug auf Luftschadstoffe lange nicht; auch Partikelfilter waren nicht nötig. Mit der Einführung direkteinspritzender Benzinmotoren emittieren aber Benzinfahrzeuge oftmals mehr Partikel als Dieselautos. Sie können jedoch über Partikelfilter effizient reduziert werden, was nach neuster Euro-6-Norm auch Pflicht ist.
Doch auch wenn der Benziner weniger Stickoxid und mit der jüngsten Abgasnorm vergleichbar wenig Feinstaub emittiert, bleibt gegenüber dem Diesel ein Nachteil: Bei vergleichbarer Motorleistung verbraucht der Benzinmotor gegenüber dem Diesel mehr Treibstoff und emittiert entsprechend mehr CO2. Kompensieren lässt sich das Manko teilweise durch den Einsatz von Fahrzeugen, deren Benzinmotor auch für die Verwendung von Erdgas (Compressed Natural Gas, CNG) ausgerüstet ist. CNG sorgt für deutlich weniger CO2-Ausstoss, was Erdgasfahrzeuge zu besonders umweltfreundlichen Verbrennern macht.
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat Ende Februar 2018 ein wegweisendes Urteil gefällt. Es hat Gemeinden erlaubt, zu Fahrverboten zu greifen, falls die Stickstoffdioxidwerte den Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft überschreiten. Die Deutsche Umwelthilfe hatte gegen Stuttgart und Düsseldorf geklagt. Die Luftreinhaltepläne für die beiden Städte müssen nun überarbeitet werden. Gleichzeitig pocht das Gericht aber auch auf eine gewisse Verhältnismässigkeit. Im Fall von Stuttgart dürfen zunächst nur Fahrverbote gegen Dieselautos ausgesprochen werden, die die Abgasnorm Euro 4 und niedriger erfüllen. Den Dieselautos mit Euro 5, die noch bis August 2015 verkauft wurden, darf dagegen frühestens auf September 2019 die Einfahrt verwehrt werden.
Es soll zudem Ausnahmen geben, etwa für Handwerker. Aus dem Schneider sind wohl Besitzer von Dieselfahrzeugen mit Abgasnorm Euro 6, doch das ist noch eine Minderheit. Allein von den Euro-5-Dieseln sind 5,8 Mio. auf deutschen Strassen unterwegs. Die Umwelthilfe hat bisher gegen gut ein Dutzend Städte wegen der Verletzung der Grenzwerte geklagt. Die Städte werden zuerst versuchen, mit anderen Massnahmen die Schwellenwerte einzuhalten, wie mit einer Verflüssigung des Verkehrs oder der Umrüstung von Bussen. Verbote schränken nicht nur die Nutzung der Autos ein, diese verlieren schon jetzt an Wert. Das Gericht argumentiert jedoch, es gebe keinen Anspruch, überall hinfahren zu können, ergo auch keinen Anspruch auf Entschädigung. Gewisse Wertverluste seien hinzunehmen, heisst es in der Entscheidung.
Mehrere deutsche Städte haben Fahrverbote für Dieselfahrzeuge eingeführt. Auch in anderen Länder gelten entsprechende Massnahmen. Laut einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur müssen etwa in Barcelona Diesel, die vor 2006 zugelassen wurden, stehen bleiben, falls die Grenzwerte für Stickoxide deutlich überschritten werden. Kopenhagen will ab 2019 keine Dieselautos mehr in die Umweltzone fahren lassen, Stockholm hat für 2020 ähnliche Pläne, wobei sich diese auf Diesel mit Abgasnorm Euro 5 und niedriger beziehen. Paris will Dieselautos ab 2024 – und damit pünktlich zu den Olympischen Sommerspielen in der französischen Kapitale – aus der Stadt verbannen.