BMW M5 E39, E60 und F10
Drei M5-Generationen im Gebrauchtwagen-Check

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Drei Generationen M5: Vom E39 über den E60 bis zum aktuellen F10 reicht die Bandbreite der bajuwarischen Sportlimousine. Wo liegen die Unterschiede – und wo sind die Haken bei den Gebrauchtwagen?

BMW M5 E39, Seitenansicht
Foto: Rossen Gargolov

Sechs, acht, zehn und wieder acht – so einfach könnte man es sich machen. Etwa, wenn man ein nüchterner Zahlenmensch wäre und nur die Zylinder des BMW M5 zählen würde, quasi von gestern bis heute. Alles korrekt, doch dem Anlass völlig unangemessen, schließlich handelt es sich beim BMW M5 um DIE Sportlimousine der BMW M GmbH. M wie Motoren! Nix mit schnöder Großserienware, alles extra für den M5 entwickelte Meisterstücke. Daher tragen die Sportmodelle seit jeher das M im Namen. Dazu die passende Ziffer ans Heck geklebt, fertig. Das versteht jeder.

Unsere Highlights

BMW M5 sorgt seit 1985 für wässrige Münder

Als großer Bruder des M3 sorgt der scharfe Fünfer bereits seit 1985 ununterbrochen für wässrige Münder, zuckende Augenlider und schweißnasse Hände. Ja, genau: 1985, da war AMG noch ein Tuner, Audi hatte gerade mal den Quattro im Programm und bei Porsche glaubte man noch, der 928 würde mal den 911 ablösen. So sind sie eben, die Bayern, konsequent vom Motorsport beeinflusst. Obwohl der BMW M5 auf der Rundstrecke keine erfolgreichen Spuren hinterlassen hat. Speziell im Vergleich zum Abonnementsieger M3.

M5 heißt nicht nur potenter Motor, sondern auch kein Allradantrieb. Das überlässt man gerne Audi, Porsche und seit Kurzem auch AMG. Und der M5 als Kombi? Zweimal warf BMW einen Über-Touring auf den Markt, als sechszylindrigen E34 (1992 bis 1995) sowie als E61 (2007 bis 2010). Die Stückzahlen? Nicht der Rede wert, daher ist der aktuelle F10 wieder nur mit klassischem Stufenheck zu haben.

Der E39, unser Einstiegs-M5, war ebenso wenig als Handwerker-, Familien- oder Freizeitvariante im Angebot. Stimmt nicht, sagen Sie, da war doch mal was? Genau: Einen Prototyp hat BMW mal auf die Räder gestellt, mehr aber nicht.

Der M5 mit 400 PS ließ die anderen stehen

M5 E39 also: Debüt 1998 in Genf, im Herbst bei den Händlern und schon im Frühjahr 1999 beim sport auto-Supertest. Glatte 400 PS, V8-Saugmotor mit fünf Litern Hubraum, Sechsgang-Schaltgetriebe, Differenzialsperre. Eine leckere Mischung, die Audi und AMG alt aussehen ließ.

Unser Fazit damals: „Der neue BMW M5 ist ein automobiltechnischer Meilenstein, der nur schwer vom Sockel zu stoßen sein wird.“ Das macht neugierig, also ab ins Netz, und los geht die Suche. Oh Wunder, das ehemals 140.000 Mark teure Sportgerät wartet heute für deutlich weniger als 10.000 Euro auf neue Besitzer.

Wenige Autos gibt es, keine 50 Angebote zählen wir. 200.000 Kilometer und mehr sind keine Seltenheit, der M5 ist ja auch 15 Jahre und älter. Wer ein Facelift-Modell ab Herbst 2000 mit den neuen Leuchten sucht und einen fünfstelligen Kilometerstand bevorzugt, muss Geduld mitbringen.

Diese seltenen Exemplare liegen meist bei über 20.000 Euro. Unser dunkelblauer BMW M5 E39 stammt vom August 1999 und steht bei Biberach. Besitzer Klaus Mischke: „Erstauslieferung in Holland, daher wohl auch die orangen Felgenringe. Ich habe das Auto seit April 2012 und damals beim Zweitbesitzer 11.250 Euro bezahlt. Rund 10.000 Kilometer bin ich bisher gefahren, jetzt sind es 200.000.“ Im Winter hat der Schwabe sein Schätzchen gar nicht bewegt, Raucher oder Haustiere an Bord waren ebenso tabu. Die Facelift-Scheinwerfer hat der zweite Besitzer aus Stade bei Hamburg umbauen lassen, ebenso die Motorhaube, der das BMW-Zeichen fehlt. „Die Nachlackierung ist nicht optimal“, so Mischke. Sonstige Gebrechen?

Fünfliter-V8 hängt im E39 gierig am Gas

„Vanos macht Probleme, ein typisches Leiden. Es rasselt im Leerlauf. Wenn man den V8 dreht, ist genügend Öldruck da und die Geräusche verschwinden.“ Ja, leider hatte der S62B50, der ja auch im Z8 steckt, hier so seine Probleme. Auch von defekten Zylinderkopfdichtungen ist in den BMW-Foren öfter die Rede.

Beim letzten TÜV-Termin im Mai 2015 ging noch die Einspritzpumpe über die Wupper. Sonst steht der blaue BMW M5 E39 gut da. Reifen vorne neu, hinten etwa 40 Prozent, Rost Fehlanzeige. Das Interieur zeigt sich recht gepflegt, die Vollausstattung beeindruckt. Nur das Radio tut nicht – kalte Lötstelle, auch ein häufiger Defekt. Egal, das bleibt sowieso aus, jetzt macht der Motor die Musik. Erst einmal schön warm fahren, auch das ist beim S65 wichtig, ebenso die Ölqualität, hier sollte man keinesfalls sparen.

Der Fünfliter hängt gierig am Gas, klingt richtig gut und schiebt ordentlich an. Hohe Drehzahlen? Ja, bitte gerne, das mag der V8-Vierventiler. Der Sprint auf Tempo 100 dauerte seinerzeit 5,4 Sekunden. Die Nordschleife umrundete der Viertürer trotz hohem Gewicht von über 1,8 Tonnen in 8.28 Minuten. Mit dem kurz gestuften Sechsganggetriebe lässt sich der Motor schön bei Laune halten. Der Schaltstock ist zwar beleuchtet, aber dunkler und dafür kürzer wäre besser. Lenkung, Fahrwerk, Bremsen? Der erste Eindruck auf der kurzen Testrunde ist okay, aber keiner sollte die Präzision eines Neuwagens erwarten. Die stark belastete Kupplung ist unauffällig. Dafür scheint die Hardyscheibe der Kardanwelle fällig, beim Rückwärtsfahren schlägt der Schalthebel. By the way: Koppelstangen und Traggelenke sind bei der E39-Vorderachse generell nicht sehr haltbar.

BMW M5 E60 ab rund 15.000 Euro

Die Displays im Cockpit zeigen gerne Pixelfehler, und bei den Xenon-Lichtern brechen die Zahnstangen der Verstellmotoren. Was geht beim Preis? Mischke braucht das Geld für eine andere Anschaffung. Sein BMW M5 E39 parkt für VB 9.400 Euro im Netz, „bei 8.500 ist die Schmerzgrenze“.

Für 8.500 Euro bekommt man auch schon den Nachfolger-Fünfer. Aber natürlich nur einen elf Jahre alten Diesel-Kombi mit 300.000 Kilometern aus vierter Hand vom Kiesplatz. Sollte es ein M5 sein, reicht knapp das Doppelte. Bei rund 15.000 Euro geht's los. Unser silbergraues Fotomodell parkt beim Autosalon Thannhausen nahe Günzburg für 24.490 Euro – und zwar auch auf dem Kiesplatz.

Doch das Umfeld stimmt: Keine abgerockten Kisten, sondern Edelware wie M6, X6, AMG, RS 6 und andere Exoten gruppieren sich um den M5. „Zweite Hand, knapp 100.000 Kilometer, keine Mängel, stammt aus Regensburg“, so Geschäftsführer Iven Wieland über den 2007er E60, der seit vier Wochen steht und trotz kalter Jahreszeit viele Interessenten anlockt.

BMW M5 E60, Frontansicht
Rossen Gargolov
Der V10-Motor: Ein wenig Formel-1-Nostalgie schwingt einfach mit.

Ein wenig Formel-1-Nostalgie schwingt einfach mit

Uns auch, speziell weil der Zehnzylinder jetzt im Leerlauf dumpf brummend zur Probefahrt einlädt. Der V10-Motor: Ein wenig Formel-1-Nostalgie schwingt einfach mit. Der E60 debütierte 2005, exakt in dem Jahr, als die Ehe der Bayern mit dem britischen Traditionsrennstall Williams in die Brüche ging. Nicht nur das: Auch die Ära der V10-Heuler neigte sich 2005 dem Ende zu, denn ab 2006 waren nur noch V8-Motoren zugelassen.

Das Motoröl ist warm, also DSC aus, Power-Taste gedrückt, sodass statt 400 PS die vollen 507 Pferdchen galoppieren können. Nicht zu vergessen: Schaltzeiten von gemütlich auf kurz geklickt. Die Landstraße trocken, sogar die Sonne blinzelt, also Vollgas. Yippie, jetzt geht's ab.

Der V10 tönt vollmundig, reagiert dank Eindrosselanlage telepathisch aufs Gas und dreht wie entfesselt bis über 8.000 Touren. Wer angesichts des sägenden V10-Sounds keine Gänsehaut bekommt, findet vermutlich auch AC/DC zu leise. Ein Schnipp am rechten Schaltpaddel und das automatisierte Siebenganggetriebe lädt humorlos und hart den nächsten Gang nach. Vor elf Jahren röhrte unser Supertester mit aktivierter Launch Control in 4,5 Sekunden auf 100 km/h. Auf der Nordschleife nahm er seinem Vorgänger volle 15 Sekunden ab.

Beim BMW M5 E60 besser eine Finanzreserve einplanen

Das Fahrwerk präsentiert sich frisch und präzise, nur ein leichtes Vibrieren der Reifen zeigt, dass der BMW M5 vier Wochen nicht bewegt wurde. Immerhin: Die Dunlop Sport Maxx GT tragen noch reichlich Profil, auch das Bild der Bremsscheiben überzeugt – die rostigen Radschrauben der 19-Zöller weniger.

Am Blechkleid entdeckt man eine Delle und ein paar Kratzer, die Felgen tragen leichte Randsteinspuren. Auf dem hellen Leder leichte Patina, das war's auch schon. Was spricht noch für den M5, Herr Wieland? „Auf Wunsch geben wir eine Topgarantie mit. Ein oder zwei Jahre mit einer Schadenshöhe von maximal 10.000 Euro, das gibt's sonst nirgends.“ Was war eigentlich mit dem Scheckheft? „Verloren gegangen, aber der Vorbesitzer hat alle Wartungen bei BMW erledigt.“ Was Wieland auch beim Händler verifizieren ließ.

Also alles wunderbar? Leider nein, denn der BMW M5 E60 hat auch einige Flecken auf seiner weißen Weste: Der für viele BMW-Jünger fabelhafte S85B50 offenbart etliche Schwächen. Wird er nicht ordentlich warm gefahren, gehen die Pleuellager gerne mal kaputt und klackern laut. Wenn die Drosselklappensteller spinnen, fühlt sich der Motor träge und schwach an. Defekte Leerlaufsteller äußern sich in schwankendem Leerlauf. Und wie beim V8 können die Vanos-Einheiten Ärger machen.

Ein exzessiver Gebrauch der Launch Control macht zwar höllisch Spaß, malträtiert aber die Kupplung. BMW-Werkstätten können auslesen, wie oft der M5 aus dem Stand abgefeuert wurde. Achsgelenke und -gummis altern im Zeitraffer, wenn man den E60 öfters richtig fliegen lässt. Eine gesunde Finanzreserve schadet also beim gebrauchten M5 mit V10-Motor nicht.

M5 F10 mit V8-Biturbo

Wer daheim auf Obstkisten haust, für den dürfte auch Kandidat Nummer drei ausscheiden. Unter 45.000 Euro geht beim aktuellen M5 F10 gar nichts. Der V8-Biturbo leistet 560 PS und wuchert mit 690 Nm.

Im Competition-Modell (ab 10/2012) kommen 15 PS dazu. Das Sondermodell 30 Jahre M5 (seit 5/2014) leistet glatte 600 PS und 700 Nm. Zum Leidwesen vieler weiß-blauer Fans beerdigte BMW beim F10 das lange Zeit kultivierte Hochdrehzahlkonzept. Ganz streng genommen ist der S63B44TÜ auch kein exklusives M-Eigengewächs mehr. Er baut vielmehr auf dem N63 auf, der in zahlreichen harmloseren Autos aus München ebenfalls werkelt.

Probleme gab es dennoch: Wegen einer fehlerhaften Ölpumpe musste BMW weltweit knapp 2.000 M5 und M6 zurückrufen, die zwischen Juli und September 2012 vom Band liefen. Etwa 100 Autos waren auch in Deutschland betroffen. Also sollte man sich den erfolgreichen Austausch vom Gebrauchtwagenhändler bestätigen lassen. Weitere Schwächen: Die Elektronik kann beim F10 immer wieder mal einen Besuch in der Werkstatt nötig machen, egal ob Basis-Diesel oder M5. Je mehr elektrische Features an Bord sind, umso größer die Wahrscheinlichkeit.

Unser Exemplar von Reich-Automobile in Vöhringen soll 49.800 Euro kosten. Der dunkelblaue Tarnkappen-Racer ist „ein gut drei Jahre altes Leasingauto mit 102.500 Kilometern“, so Klaus Reich. Vollausstattung inklusive Soft Close, M Driver's Package, Memory-Sitzen und hellen Lederpolstern, der Vorbesitzer hat es sich gut gehen lassen.

BMW F10, Motor
Rossen Gargolov
Der S63B44 ist kein exklusives M-Kraftpaket mehr, er stammt vom Serien-N63 ab.

Mehr Charisma im M5 E39 und E60

Im Supertest (9/2012) war der Biturbo-M5 ähnlich pickepackevoll ausstaffiert und brachte so 1.963 Kilo auf die Waage – das waren über 100 kg mehr als beim Vorgänger. Die 8.05 Minuten auf der Nordschleife bedeuteten eine Verbesserung von acht Sekunden, was vor allem an der um 10 km/h höheren Vmax auf der Döttinger Höhe lag.

„So ein M5 steht schon mal etwas länger bei mir auf dem Hof“, berichtet Klaus Reich. „535d, 740d oder Diesel-X6 sind schneller weg.“ Fünf Minuten später wundert man sich über das mäßige Interesse der Käufer. Der neueste M5 beschleunigt wie der Teufel: Die zwei im Zylinder-V platzierten Turbos drücken ansatzlos Luft in die Brennräume.

Nach zackigen 4,3 Sekunden war im Supertest Tempo 100 erreicht, nur 13 Sekunden dauerte der Spurt bis zur 200er-Markierung. Ansprechverhalten? Wie bei einem großen Saugmotor. Der Sound bleibt dagegen etwas unverbindlich: Speziell im unteren und mittleren Drehzahlbereich klingt der Biturbo nicht unbedingt so, wie sich sportliche Fahrer einen mit allen Regeln der Kunst aufgeputschten Hochleistungs-V8 vorstellen. Wie im M3 kümmert sich ein siebenstufiges Doppelkupplungsgetriebe darum, die motorische Gewalt zu portionieren.

Selbst wenn sich der F10 mittels verschiedener Tasten genau auf die Vorlieben des Fahrers konfigurieren lässt, so bleibt ein etwas distanzierter Eindruck zurück. Anders gesagt: Die M5-Varianten E39 und E60 hatten unter dem Strich mehr Charisma, der F10 ist fast zu perfekt.

Vertrauensfrage

Ein gebrauchter BMW M5 kostet zwischen 8.500 und 45.000 Euro – im günstigsten Fall. Je nach Zustand und Kilometer kann das favorisierte Modell natürlich auch deutlich teurer ausfallen. Die beiden alten Modelle, der E39 und der E60, haben zahlreiche Problemzonen, die richtig ins Geld gehen können. Wer sich das Auto gerade so leisten kann, könnte beim ersten technischen Ernstfall schnell die Lust am M5 verlieren.

Wie beim Sportwagen oder Oldtimer gilt hier: Lieber beim Kauf einige Euro mehr investieren und die Historie und alle Wartungen penibel überprüfen. Schließlich verlangt schon der normale Unterhalt nach einem soliden finanziellen Background. An der Zapfsäule fällt vor allem das hochdrehende V10-Kraftpaket aus dem Rahmen. Zwischen 15 und 27 Litern ist alles möglich. Bei allen M5-Varianten können einzelne Posten auf der Liste für Ersatz- und Verschleißteile durchaus für lange Gesichter sorgen. No-Name-Reifen vom Discounter verbieten sich von selbst, speziell wenn man auf Performance Wert legt und gerne auf die Rennstrecke geht. Ein Satz 19-Zöller von Michelin für den E60 kommt ohne Montage auf über 1.000 Euro. Da die Versicherungstarife ebenso happig ins Geld gehen können, erscheint ein Vergleich sinnvoll, bevor man sich für eine bestimmte Assekuranz entscheidet.

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Sport Auto 03 / 2022
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Erscheinungsdatum 04.02.2022

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