Wer schon mal beim Rugby zugeschaut hat, wird wissen, dass ein saftiges, schönes Grün zum Spiel gehört wie das Ei zur Henne. Besonders dann, wenn man an ein Spiel in der höchsten deutschen Liga denkt. Doch in Hamburg lief es im vergangenen Sommer anders: "Wir mussten im Stadtpark auf der Wiese trainieren, wenn Platz war. Das haben wir uns selbst abgesteckt. Sogar Bezirksligisten auf dem Dorf geht es da besser", sagt Carsten Segert, Trainer des Hamburger Rugby Club, einem Erstligisten.

2018 war es überall heiß, Plätze verdorrten und es half oft nur eine Maßnahme: sie zu sperren. Doch bei Segerts Konkurrenten, in Hannover oder Berlin wurde trainiert. Auf richtigem Rasen. "Dass der Platz regeneriert, ist durchaus in Ordnung und notwendig, aber wir erhalten keinen Ausweichplatz. Wir spielen mit den besten Deutschlands, doch haben kein Spielfeld." Statt Saisonvorbereitung also Platzsuche. Dementsprechend setzte in der Bundesliga reichlich Niederlagen. Segerts Team ist derzeit Vorletzter, im März geht die Saison weiter.   

Erste Liga, wenn's gerade passt

Natürlich wandte sich der Rugbyclub vor zwei Jahren an die Stadt, die verwies auf den Verband und der darauf, dass sie nicht mehr Kapazitäten hätten. Das wirkt sich aber nicht nur negativ auf die Form aus, sondern auch aufs Außenbild. "Wie soll man ein Publikum gewinnen, wenn niemand eine Woche vorher weiß, ob das Spiel stattfindet." Plakate wie "Erste Liga! (also wenn’s passt)" dürften keine Massen anlocken.

Ohne Zuschauer kommen keine Medien, keine Sponsoren, kein Geld und die Professionalisierung setzt nicht ein. Die übliche Geschichte der Underdog-Sportarten in Deutschland, trotz persönlichem Einsatz auf Profiniveau. Segert formuliert deswegen auch ziemlich eigene Ziele: "Als Bundesligist kämpfen wir derzeit nicht um den ersten Platz, sondern um einen eigenen."

Was nur der Sport kann

Dabei täte die Stadt Hamburg gut daran, die verbliebenen Erstligaclubs zu umsorgen. Im Juli 2018 hatte die Stadt 67 Erstligisten, zwanzig davon in olympischen Disziplinen. Alle von ihnen könnten Werbetafeln für die Stadt sein. Denn eine Metropole wird daran gemessen, was sie Bewohnern und Touristen bieten kann. Die pure Masse an Menschen genügt da nicht: Es braucht Infrastruktur, Geschichte und Entertainment. Es braucht den Beweis, dass die Stadtgemeinschaft in der Lage ist, eine Umgebung zu schaffen, um Großartiges zu leisten. Das können Politiker, Schauspieler oder Literaten zeigen – oft aber auch: Sportler. 

Denn Leistungssport ist spektakulär – und nebenbei ist es recht einfach, die Besten zu identifizieren. Menschen und Metropolen gieren also nicht bloß nach Entertainment, sondern nach Sports entertainment. "Der Wert einer Marke wird von zwei zentralen Komponenten determiniert: Bekanntheit und Image. Die Marke ‚Hamburg‘ wird bekannter, wenn die besten Teams medial sichtbarer sind", sagt Michel Clement, Professor am Lehrstuhl für Marketing und Medien der Universität Hamburg.

Schlechtem kein Geld hinterherwerfen

Und da liegt das Problem: Hamburger Bürger müssen woanders hinfahren, um Bundesliga-spitzensport in den großen Publikumssportarten zu sehen. Der HSV hat es endlich geschafft abzusteigen, Sankt Pauli ist seit Jahren Zweitligist. Die Handballer waren Champions-League-Sieger, gingen dann insolvent in die dritte Liga. Dem US-Investor, der den Eishockeyclub Hamburg Freezers sein Geld gab, verging irgendwann die Lust. Die Hamburg Crocodiles, derzeit in der dritten Liga und damit das beste Eishockeyteam der Stadt, haben vor Kurzem Insolvenz angemeldet, es fehlen 250.000 Euro. Und als sich das Basketballprojekt der Hamburg Towers 2014 per Wildcard in die Bundesliga katapultieren wollte, scheiterte es – natürlich wieder am Sponsor. Diese Saison könnten sie allerdings aufsteigen, also sportlich.

"Ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass zuallererst die Vereine verantwortlich für den wirtschaftlichen Erfolg sind", sagt Marketingexperte Clement. Nur scheinen Geld und Sport in der Unternehmerstadt Hamburg nicht richtig zusammenzufinden. "Entweder wurden keine, zu wenige oder die falschen Geldgeber gefunden. Die Stadt kann da nicht einspringen – sie muss aber Rahmenbedingungen schaffen. Es wäre fatal, wenn sie gutes Geld Schlechtem hinterherwirft. Wenn Clubs wie der HSV jahrelang miserabel gemanagt werden, steigen sie zu Recht ab."