Syke. Gehe nie zu deinem Fürst, wenn du nicht gerufen wirst, heißt es in einer Volksweisheit. Dem Ruf, zum Neujahrsempfang zu kommen, folgten am Sonnabend so viele Syker Bürger, dass der größte Teil von ihnen stehend im Ratssaal die eineinhalb Stunden der Veranstaltung durchhalten musste. Es waren nicht genug Stühle da. Landrat Cord Bockhop versprach bei seinen Neujahrsgrüßen, sich für die Wiedereinführung des alten Syker KFZ-Kennzeichens stark zu machen und riet, sich nur die Dinge im neuen Jahr vorzunehmen, die man auch erreichen kann.
Dass es auch etwas Sportliches sein könnte, zeigten Schüler des sechsten Jahrgangs der Syker Haupt- und Realschule GTS 2001 mit einer Akrobatikeinlage, die mit einem Schuss aus der Konfettikanone goldflitternd beendet wurde. Bürgermeisterin Suse Laue fasste zusammen, was geleistet worden war und was die zukünftigen Monate bringen werden. Erfreulich war für sie, dass die Syker Einwohnerzahl auf 25 648 gestiegen ist. Von fünf zusätzlichen Gruppen im Kindergartenbereich, über die Ganztagsbetreuung der Schüler in Barrien und Heiligenfelde, der Notwendigkeit, bezahlbare Wohnungen zu schaffen, dem Bau des Feuerwehrgerätehauses in Gessel bis zum Arbeitskreis, der sich zur Sanierung des Hallenbads Gedanken machen soll, schlug sie den Bogen. Der Wegfall der Kita-Gebühren sei für Eltern erfreulich, bedeute aber für die Kommunen Mehrkosten. Laue mahnte zur Geduld bei Straßensanierungen, bis besseres Wetter herrsche, und trug explizit dem Landrat den Wunsch vor, wieder eine Geburtshilfestation einzurichten. Sie vergaß nicht, das Ehrenamt lobend zu erwähnen und die Feuerwehr. Den immer raueren Umgangston in allen Bereichen des menschlichen Beisammenseins beklagte sie vehement, und das passiere nicht nur in den sozialen Medien. Mehr Respekt sei vonnöten, so ihr Appell. Mit Blick auf die große Politik ruhe ihre Hoffnung auf dem Zustandekommen von Koalitionsverhandlungen, damit Deutschland ein verlässlicher Partner sei für Europa, Amerika und den arabischen Raum. Einer Minderheitsregierung traue sie das nicht zu. Bei Neuwahlen warnte sie vor dem Erstarken der AfD.
Schüler der Sprachlernklassen der GTS 2001 trauten sich auf Vorschlag ihrer Lehrerin Brenda Schulze Dieckhoff ans Mikrofon und berichteten von ihrer Odyssee, auf welchen Wegen sie von Afghanistan zu uns gelangt sind. Wie gut sprechen sie schon Deutsch, und wie berührend war ihr Dank, dass sie hier zur Schule gehen dürfen und den Bomben in ihrer Heimat entronnen sind.
Odyssee der Sprachlernschüler
Die ehrenamtliche Bürgermeisterin Gabriele Beständig berichtete von der ersprießlichen Zusammenarbeit seit 45 Jahren mit der französischen Partnerstadt La Chartre und gab der Hoffnung Ausdruck, auch die zehnjährige Freundschaft mit den Menschen im polnischen Wabrzezno diene weiter der Verständigung zwischen den Völkern. „Turn The World Around“ lautete einer der Titel des Chors Living Voices vom Gesang- und Theaterverein Heiligenfelde, der die Veranstaltung mit seinen Liedern untermalte. Thematisch passend. Manchmal wäre es sicherlich gut, die Welt ein wenig zu drehen, oder wenigstens eine neue Sichtweise auf die Dinge an den Tag zu legen
„Fragt nicht, was euer Staat für euch tun kann, fragt, was ihr für euren Staat tut, wobei man Staat auch durch Mensch ersetzen kann.“ Mit diesem Ausspruch John F. Kennedys leitete die ehrenamtliche stellvertretende Bürgermeisterin Edith Heckmann über, um das Geheimnis zu lüften, wer Bürger des Jahres 2018 ist. In diesem Jahr fiel die Wahl auf das Ehepaar Luise und Johann Weber aus Henstedt. Das Landwirtspaar bearbeitete früher einen Milchviehbetrieb, zog acht Kinder groß und bringt sich von jeher im Dorfleben ein. 24 Jahre lang fuhr Johann Weber die Milch zur Molkerei. Die beiden Eheleute sind rührig im Schützenverein und der Feuerwehr, helfen unermüdlich bei der Gestaltung von Festen und den Jugendlagern.
„Ohne die Hilfe der Webers geht gar nichts“, so die Begründung, sie zu nominieren. Blumen gab es und einen Reisegutschein, und ihr Foto kommt im Rathaus in die Galerie der Vorgänger. Darauf angesprochen, wie Johann Weber denn von der Auszeichnung erfahren habe, meinte er: „Jo, do wör son Breev, do heb ik dacht, dat hat wat met de Senioren to don un heb em erstmol wegleggt.“ Erst Sohn Herbert hätte gesagt, sie müssten unbedingt zum Vorgespräch ins Rathaus gehen. „Wat schall wi do?“, hätte er dann noch mal abgewiegelt. Aber er freue sich nun doch, dass er und seine Frau so geehrt wurden, obwohl das ja gar nichts Besonderes wäre, was sie machen.