IWF über Deutsche Bank:Ein Satz geht um die Welt

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Auch IWF-Chefin Christine Lagarde hat eine Meinung zur Deutschen Bank. Das Geldhaus müsse "jetzt wie viele andere Banken ihr Geschäftsmodell überprüfen", sagte sie auf der Herbsttagung des IWF in Washington. (Foto: Dan Kitwood)

Ist die Deutsche Bank die gefährlichste Bank der Welt? Der Internationale Währungsfond distanziert sich von dem Geldinstitut.

Von Claus Hulverscheidt und Meike Schreiber, Frankfurt/New York

Wohl keine Aussage einer Institution hat die Deutsche Bank zuletzt derart getroffen wie eine Studie des Internationalen Währungsfonds (IWF) vom Juni. Darin hatten die Washingtoner dem Frankfurter Konzern angeblich bescheinigt, das gefährlichste Finanzinstitut der Welt zu sein. Nicht nur in den Frankfurter Doppeltürmen sorgte das für Wut, es verärgerte auch europäische Bankenaufseher. Tatsächlich kam das IWF-Verdikt zum denkbar schlechten Zeitpunkt.

Denn die Bank hat schon genügend Probleme. Offiziell will man beim IWF dazu nichts sagen. Schließlich hat der Fonds in den vergangenen Wochen Prügel genug dafür bezogen, dass er sich überhaupt öffentlich zum Problemfall Deutsche Bank geäußert hat. Finanzminister Wolfgang Schäuble, Bundesbankpräsident Jens Weidmann - die Liste derer, die sich erregten oder zumindest vor einer Fehlinterpretation der IWF-Aussagen warnten, ist lang und prominent besetzt. Nur so viel lässt sich ein IWF-Sprecher deshalb entlocken: "Wir haben die Deutsche Bank nie als 'die gefährlichste Bank der Welt' bezeichnet."

Tatsächlich ist in dem Dokument, aus dem der kritisierte Satz stammen soll, dieser Wortlaut nicht zu finden. Vielmehr stellt der IWF in seinem Bericht zur Stabilität des deutschen Finanzsektors der Branche ein insgesamt zufriedenstellendes Zeugnis aus. Die Expertise wird alle paar Jahre erstellt, die letzte Analyse für Deutschland stammt aus dem Jahr 2011. Dass der neue Bericht ausgerechnet zu einem Zeitpunkt erscheint, da es bei der Deutschen Bank an allen Ecken und Enden brennt, ist Zufall. In dem 117 Seiten langen Papier werden auch Risiken angesprochen, denen die Branche ausgesetzt ist, etwa die extrem niedrigen Zinsen. Im Fall der Deutschen Bank wird zudem darauf verwiesen, dass sie so eng mit anderen Finanzinstituten verwoben ist wie kaum ein anderes Geldhaus auf der Welt. Die Deutsche Bank sei deshalb "eine der bedeutendsten Quellen für systemische Risiken im globalen Finanzsystem". Aus dieser Aussage entstand in der Berichterstattung das Schlagwort von der "gefährlichsten Bank der Welt", der sich schnell verbreitete; er stand auch in der SZ.

Beim IWF schüttelt man hinter verschlossenen Türen noch heute den Kopf über diese Interpretation. "Dass eine Bank groß und stark vernetzt ist, heißt, dass sie ein größeres Risiko für sich selbst und für das gesamte Finanzsystem darstellt - aber noch lange nicht, dass sie gefährlich ist", heißt es in IWF-Kreisen. Genau um dieses Systemrisiko zu beschreiben, benutzen manche Ökonomen allerdings durchaus das Wort "gefährlich". Doch natürlich, und das betont auch der IWF, sei dies keine Aussage darüber, wie es einem Institut betriebswirtschaftlich gehe. Zwar sei die Deutsche Bank wie viele andere Investmentbanken noch dabei, Risikopositionen in ihrer Bilanz abzubauen, frühere Rechtsverstöße aufzuarbeiten und die Investoren von einer neuen Strategie zu überzeugen. Der Währungsfonds sei jedoch zuversichtlich, dass das gelingen werde.

© SZ vom 08.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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