Köln. Millionen kennen Lutz van der Horst als dreisten Reporter in der ZDF-„heute-show“. Nun verkuppelt er in „Hotel Herzklopfen“ Senioren.

Neulich ist Lutz van der Horst von Köln in die Schweiz gereist. Inmitten grüner Wiesen bezog der Komiker ein Berghotel und gab den freundlichen Reiseleiter für 24 deutsche Senioren. Eine ungewohnte Rolle für den Mann, der es aus der ZDF-„heute-show“ gewohnt ist, derart dreist aufzutreten, dass die Zuschauer zwischen Fremdschämen und Bewunderung schwanken. Dabei ist er ein höflicher und mitunter melancholischer Mensch.

„Ich habe schon seit Längerem keine Großeltern mehr“, erzählt er. „Diesen Austausch mit älteren Menschen vermisse ich, denn sie haben aufgrund ihrer Lebenserfahrung viel zu erzählen.“ Klingt ein bisschen nach Selbstfindungstrip, aber wie fast alles, was er macht, hatte auch die Reise in die Schweiz mit dem Fernsehen zu tun: Der 42-Jährige drehte eine neue Show, die Sat.1 ab Sonntag (17.55 Uhr) ausstrahlt: Im „Hotel Herzklopfen“ verkuppelt er alleinstehende Senioren.

Strubbelkopf macht herrlich garstige Interviews

Und wer sich darauf einlässt, wird gut unterhalten. Van der Horst sticht neben den eher unbekannten Daniel Boschmann (37) und Sarah Mangione (27) unter den drei Moderatoren hervor. Wird er die neue Vera Int-Veen, in deren RTL-Show „Schwiegertochter gesucht“ die zu vermittelnden Sin­gles häufig schlecht wegkommen? Eher nicht. Der Moderator gibt sich betont nett: „Mir war wichtig, dass es eine Show ohne Zynismus wird. Ich wollte auf keinen Fall hämisch auf die Kandidaten blicken.“

Wer mit ihm, dem vermeintlichen Frechling spricht, wundert sich über manche auffallend harmlosen Sätze. Seine Ambitionen kommentiert er so: „Ich mache gerne unterschiedliche Sachen im Fernsehen und habe gerne eine große Bandbreite.“ Den Spitzenpolitikern, die der junge Kerl mit dem Strubbelkopf in der „heute-show“ mit herrlich garstigen Interviews entlarvt, würde er solche Allgemeinplätze jedenfalls nicht durchgehen lassen.

Freundschaftliches Verhältnis zu Claudia Roth von den Grünen

So sieht es aus im „Hotel Herzklopfen“ bei Sat.1.
So sieht es aus im „Hotel Herzklopfen“ bei Sat.1. © Sat.1 | SAT.1

Seit er vor neun Jahren zum ZDF-Ensemble stieß, hat er seine Fragetechnik perfektioniert: Die rhetorisch geschulten Minister und Abgeordneten fängt er auf dem Parkplatz oder dem Weg zur Kantine ab, um die Überraschung auf seiner Seite zu haben. Mit FDP-Mann Wolfgang Kubicki oder Claudia Roth von den Grünen hat er mittlerweile ein beinahe freundschaftliches Verhältnis. Den ehemaligen Außenminister Klaus Kinkel hingegen hat van der Horst so gegen sich aufgebracht, dass der ihm mit juristischen Konsequenzen drohte.

Er hat der „heute“-Show viel zu verdanken, aber er will mehr – eine eigene große Sendung. Sogar eine Neuauflage von „Wetten dass..?“ würde er sich zutrauen, sagt er. Was treibt ihn an?

Einschreibung für Studienfächer Germanistik und Anglistik

So unbedarft van der Horst in seiner Reporterrolle auch wirkt, dahinter steckt ein Mensch mit klaren Zielen. „Ich wollte schon als Kind Moderator werden. In meinem Kinderzimmer habe ich meinen Eltern und meinem Bruder etwas vormoderiert“, erzählt der gebürtige Kölner. „Ich habe mir immer meine eigenen Shows ausgedacht. Eine hieß ‚Quatsch mit Soße‘. An das Konzept kann ich mich nicht mehr erinnern, aber der Titel war toll.“

An seinem Traum hielt er auch fest, als er sich nach der Schulzeit für die Studienfächer Germanistik und Anglistik einschrieb. „Mein Studium war eine Verzweiflungstat“, schildert er. „Ich wollte meinen Eltern signalisieren, dass sie sich keine Sorgen machen müssen. Dass ich etwas Vernünftiges mache.“

Stefan Raab erfüllte ihm den Traum

Doch statt an seinem Abschluss zu arbeiten, heuerte er als Autor bei der Produktionsfirma Brainpool an und wurde so von Stefan Raab entdeckt, der ihn 2001 erstmals bei „TV Total“ auftreten ließ. Van der Horst musste ein rosa Kostüm anziehen und als sogenannter Blasehase Passanten veralbern. Andere hätten das peinlich gefunden, doch er erkannte seine Chance: Endlich wurde der Traum vom Fernsehen wahr.

Seit 17 Jahren tritt er in Shows auf, aber über sein Privatleben gibt er wenig preis. Das hat er mit seinem Entdecker Raab gemeinsam, der ebenfalls darauf bedacht ist, wenig von sich zu erzählen. Er sei schüchtern, sagt van der Horst. „Sobald die Kamera eingeschaltet ist, bin ich mutiger.“ Insofern habe „die Kamera eine Therapiefunktion für mich. In meinem Freundeskreis bin ich nicht der Lauteste. Da bin ich froh, wenn die anderen was sagen.“ Vielleicht hätte sich mit einem Germanistik-Studium sogar ein Beruf für ihn gefunden, der besser zu seiner Schüchternheit passt. Aber der Kindheitstraum war offenbar einfach stärker.