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Sanofi baut noch 320 Stellen ab

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Arbeitnehmervertreter und Geschäftsführung haben sich nach monatelangen Verhandlungen auf einen Sozialplan geeinigt. 320 Beschäftigte müssen bis Ende 2020 das Pharmaunternehmen in Frankfurt verlassen.

Im März war noch die Rede von 480 Stellen, die der Pharmariese Sanofi an seinem größten und wichtigsten Insulin-Standort in Frankfurt streichen wollte. Nach monatelangen Verhandlungen zwischen Betriebsrat und der Geschäftsleitung im Industriepark Höchst stieg gestern weißer Rauch aus der Zentrale auf. Die Arbeitnehmer haben einen freiwilligen Sozialplan beschlossen. Vom Management kam prompt grünes Licht. Damit kann das Abbau-Prozedere, das Ende 2020 abgeschlossen sein soll, starten. Auf betriebsbedingte Kündigungen wird das Unternehmen verzichten.

Inzwischen haben sich bereits eine Menge Mitarbeiter freiwillig von Sanofi verabschiedet, so dass sich die Zahl der Arbeitsplätze, die noch gekappt werden müssen, auf 320 reduziert hat. „Davon sind die Hälfte befristete, die andere Hälfte unbefristete Jobs“, erklärte Betriebsratsvorsitzender Michael Klippel im Gespräch mit dieser Zeitung. Von den 9000 Menschen, die der französische Pharmakonzern in Deutschland beschäftigt, arbeiten gut 7000 am Standort Frankfurt.

Der Personalabbau bedeute keineswegs, dass die Bedeutung Frankfurts im Konzernverbund schrumpfe, betonte Sanofi-Vorstand Stefan Oelrich. Der Manager leitet seit Oktober die globale Geschäftseinheit Diabetes und Herzkreislauferkrankungen. „Ein Geschäftsbereich von entscheidender Bedeutung für den Konzern“, unterstreicht Oelrich. Er gilt als „deutsche Stimme in der Führungsspitze in Paris.“

Mit dem ausgehandelten Sozialplan ist Betriebsrat Klippel zufrieden: „Wir haben in konstruktiven Gesprächen im Rahmen der Vorgaben ein gutes Ergebnis erzielt.“ Die Abmachung beinhaltet, dass Mitarbeiter ab dem 56. Lebensjahr in Vorruhestand gehen können. Jüngeren steht die Möglichkeit eines Aufhebungsvertrages mit großzügigen Abfindungsregelungen offen. Vom Abbau sind fast alle Bereiche betroffen. Die ersten, die gehen werden, seien aus der Insulin-Fertigung. Termin sei der 1. Juli 2018. Es folgten die Bereiche biologische und onkologische Produkte. Am Ende der Reihe stehe der Kantinenbetrieb und die Chemieproduktion. Als Grund für den personellen Aderlass nannte Klippel einen notwendigen „Technologie-Change“. Einige neue Anlagen erforderten weniger Personal.

Lantus ohne Patentschutz

Die Maßnahme hängt aber auch mit dem ungünstigen Geschäftsverlauf des Insulins Lantus zusammen. Das Arzneimittel für Zuckerkranke hat Sanofi stetige Umsatzzuwächse gebracht. Der Blockbuster spielte Milliarden ein. Doch nach Ablauf des Patentschutzes sieht sich Lantus in den USA einem Preisverfall und einem Delisting großer Krankenkassen ausgesetzt. Unterm Strich sinken die Lantus-Umsätze weltweit um mehr als zehn Prozent. Das Nachfolge-Präparat Toujeo ist aber noch nicht in der Lage, diese gewaltige Umsatzlücke zu schließen.

Das hat Folgen für den Insulin-Standort Frankfurt. Im Industriepark werden Sanofis Diabetes-Wirkstoffe erforscht, entwickelt und auch hergestellt. Mittelfristig prophezeit Oelrich der traditionsreichen Arznei-Sparte jedoch eine vielversprechende Zukunft. Denn die Zahl der Diabetes-Erkrankten steige rasant an – vor allem in den Schwellenländern, in denen das Wohlstandsniveau wächst. Heute litten weltweit etwa 200 Millionen Menschen an Diabetes, so der Sanofi-Manager. In 30 Jahren werde sich die Zahl verdoppeln.

Oelrich gibt zu, dass Sanofi den Einbruch nach dem Lantus-Patentauslauf unterschätzt habe. Doch mittlerweile seien Gegenmaßnahmen eingeleitet worden, die aber erst mittelfristig wirkten. Mit der Trendwende im Diabetes-Geschäft rechnet er daher auch erst innerhalb der nächsten zehn Jahre.

Doch die Forscher im Industriepark Höchst haben einige Nachfolgepräparate in der Pipeline. Das interessanteste Produkt sei ein Wirkstoff für übergewichtige Patienten, so Oelrich. „Der Stoff wirkt im Darm, er senkt sowohl Diabetes als auch das Gewicht.“ Der deutsche Sanofi-Manager betonte, dass es damit gelingen könnte, den berüchtigten Jojo-Effekt beim Abnehmen auszutricksen. Die entscheidende Testphase für diesen Wirkstoff beginne Mitte 2018. Bei positivem Verlauf sei 2020/21 an eine Markteinführung zu denken. Daraus könne ein Blockbuster werden, der als Umsatz-Milliardär die Sanofi-Bilanz wieder aufpoliere.

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