Pressefreiheit: Prozess wegen Verlinkung von Internetarchiv gestartet

Hat sich ein Journalist von Radio Dreyeckland durch die Verlinkung auf ein Internetarchiv strafbar gemacht? Das soll nun das Landgericht Karlsruhe klären.

Artikel veröffentlicht am , /dpa
Vor dem Landgericht Karlsruhe wird der Fall gegen den Redakteur verhandelt.
Vor dem Landgericht Karlsruhe wird der Fall gegen den Redakteur verhandelt. (Bild: Sitacuisses/CC-BY-SA 3.0)

15 Monate nach der Durchsuchung von Radio Dreyeckland hat der Strafprozess gegen einen Redakteur des Freiburger Senders begonnen. Dem 38-Jährigen wird vorgeworfen, mit dem Verlinken einer Internetseite weiteres Handeln einer verbotenen Vereinigung unterstützt zu haben. Ein Gutachten des Fraunhofer-Instituts für Sichere Informationstechnologie (SIT) soll hingegen zu dem Schluss kommen, dass die Existenz des verlinkten Internetarchivs kein Indiz für den Fortbestand der verbotenen Vereinigung gewesen sein müsse. Das Verfahren, das nach Ansicht der Verteidigung grundsätzliche Bedeutung für die Pressefreiheit in Deutschland hat, soll bis Anfang Juni dauern.

Der Redakteur des nicht kommerziellen Senders sagte vor Gericht, er habe den beanstandeten Bericht im Juli 2022 geschrieben. Laut Vorwurf der Ermittler enthielt der auf der Sender-Homepage veröffentlichte Artikel einen Link auf ein Archiv der verbotenen Vereinigung Linksunten.Indymedia. Der Link findet sich weiterhin in dem Artikel. Auch Golem.de verlinkte in der Vergangenheit auf das Archiv.

Der Anklage zufolge findet sich in diesem Archiv unter anderem eine Anleitung zum Bau von Molotowcocktails. Die Vereinigung Linksunten.Indymedia war im August 2017 vom Bundesinnenministerium nach Krawallen am Rande des G20-Gipfels in Hamburg verboten und aufgelöst worden.

Hat die Vereinigung überhaupt noch existiert?

In dem Prozess werde es unter anderem um die Frage gehen, ob es nach dem Verbot überhaupt noch eine aktive Vereinigung gegeben habe, sagte die Verteidigerin des Angeklagten, Angela Furmaniak. Der Landesbezirksleiter der Gewerkschaft Verdi, Martin Gross, teilte per Erklärung mit, der beanstandete Artikel habe zu einer unverhältnismäßigen Reaktion der zuständigen Staatsanwaltschaft geführt: "Dies ist nicht nur ein Angriff auf die Arbeit eines lokalen Radiosenders und einen seiner Redakteure. Dies ist ein massiver Eingriff in die Pressefreiheit", kritisierte Gross.

Radio Dreyeckland hat eine lange Tradition als links-alternativer Sender. Ermittler durchsuchten im Januar 2023 zwei Mitarbeiterwohnungen – auch die des angeklagten Redakteurs – und Redaktionsräume. Der Angeklagte kritisierte vor dem Prozess einen "eklatanten Angriff auf die Presse- und Rundfunkfreiheit durch die Karlsruher Staatsanwaltschaft und den Freiburger Staatsschutz". Das Unterstützen einer verbotenen Vereinigung kann laut Strafgesetzbuch mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren geahndet werden.

Nach Angaben des Portals Legal Tribune Online (LTO) kommt der Informatiker York Yannikos vom Fraunhofer SIT in seinem Gutachten für das Landgericht Karlsruhe zu dem Schluss, dass jede Person, die einigermaßen programmieren könne, das Archiv habe veröffentlichen können. Dazu sei es lediglich erforderlich gewesen, vor dem Verbot die rund 830.000 Texte zu sichern. Dies wäre also nicht nur der Gruppe selbst möglich gewesen, sondern auch einer fremden Einzelperson.

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