Markus Salcher

Paraski-WM: Goldene Medaille mit hohen Stellenwert

Herr Sechsfachweltmeister Markus Salcher, herzliche Gratulation zum Gewinn der Goldmedaillen bei der Paraski-WM in Abfahrt und Super-G. Aber lassen Sie uns zu Beginn gedanklich nochmals zurück zu vergangenem Freitag hinauf vor das WM-Starthaus gehen. Was ist Ihnen da, bevor Sie Ihren goldenen Lauf gestartet haben, durch den Kopf gegangen?
MARKUS SALCHER: In dieser Phase denkt man nicht mehr viel nach. Ich war voll auf die ersten Tore fokussiert, um diese richtig perfekt zu fahren. Denn ich habe vom Training her gewusst, was ich kann und zu machen habe. Ich war durch die frühe Anreise am 4. Jänner perfekt auf Licht und Schnee eingestellt und etwas gepusht habe ich mich schon noch.

Als im Ziel der Einser aufleuchtete, haben die Gedanken schon zu arbeiten begonnen?
Zuerst nicht so sehr. Erst als der große Favorit, der Franzose Arthus Bauchet sein Rennen aufgenommen hat. Da stieg mein Puls leicht an und ich zitterte etwas mit. Es hielt sich aber in Grenzen, denn schlussendlich habe ich für diese WM nicht damit gerechnet, Abfahrtsgold zu gewinnen.

Und nachdem Bauchet als Zweitplatzierter mit 38 Hundertstel Rückstand abgeschwungen war?
Da habe ich mir erstmals gedacht, heute könnte es Gold werden. Als meine fünfte goldene WM-Medaille Realität war, gab es nur noch Freudengedanken. Bei der Siegerehrung habe ich, trotzdem dass dank der bisherigen 14-fachen internationalen Ehrungen etwas Routine in der Luft lag, das Abspielen der österreichischen Bundeshymne richtig genossen. Ich war stolz für mein Land wieder ganz oben auf dem Podest zu stehen und sog einfach die Momente auf, wofür wir Sportler so hart trainieren und mit solchen Minuten belohnt werden.

Samstag haben Sie dann im Super-G wieder mit Platz eins und Gold abermals nachgelegt. Welchen Stellenwert haben diese beiden Medaillen in Ihrer insgesamt 10-fachen WM-Edelmetallsammlung?
Die Abfahrtsgoldene hat einen extrem hohen Stellenwert für mich. Denn diesmal habe ich mich vom Training zum Rennen hin enorm gesteigert. Der Super-G wird in die Kategorie "Unerwartete Draufgabe durch eine smarte Leistung" eingeordnet. Aber die emotionalste wird weiterhin das Paralympische Abfahrtsgold von Sotschi im Jahr 2014 bleiben.

Sind Sie jetzt Weltmeister aller körperlich beeinträchtigten alpinen Sportler?
Nein, denn in unserer Sportart wird zwischen den Beeinträchtigungen unterschieden und zugeordnet. Gewertet wird in dem Kategoriensystem stehend, sitzend (Querschnitt) und blind (Sehbehinderung). Daher gibt es weiblich wie männlich jeweils drei Weltmeister. Exakt gesagt bin ich daher Abfahrts- und Super-G-Weltmeister der insgesamt 65 stehend gestarteten WM-Rennläufer.

Wie hoch ist die Spitzengeschwindigkeit bei einem Para-Abfahrtslauf? Wie können Sie dies mit Ihrer halbseitigen Körperlähmung bewerkstelligen?
An die 120 km/h. Halbseitig gelähmt heißt nicht, dass meine gesamte rechte Körperhälfte funktionsunfähig ist. Nur, dass ich einzelne rechtsseitige Muskelpartien wie die Wade, das Sprunggelenk oder die Hand mit meinem Gehirn nicht ansteuern kann. Muskel und Gelenk sind aber vorhanden. Daher muss ich Oberschenkel, Wade und Finger anders ansteuern, damit ich zum gewünschten Ergebnis komme und mit 120 km/h hinunterbrettern kann. Aber ganz so einfach ist es in der Realität leider doch nicht. Es bedarf dazu viel Muskelkraft durch Kniebeugen oder Hanteltraining, damit ich mein Manko an Feinmotorik kompensieren kann. Feinmotorik, wie zum Beispiel das Anheben meiner Fußschaufel oder das Halten eines Skistockes. Beides ist für mich permanent unmöglich.

Trainingseinheiten, die in den nächsten Tagen Fixpunkt beim Krafttanken sein werden. Die Paralympics starten Anfang März. Ihr nächstes Großereignis, darf wieder mit Gold spekuliert werden?
Auf keinen Fall. Ich wäre über jede Medaille glücklich, egal welche Farbe sie hat. Peking ist kein Wunschkonzert. Es werden sehr viele ausgezeichnete Rennläufer als Edelmetallanwärter am Start sein.

Wie werden Sie die Tage bis Peking 2022 verbringen?
Am Mittwoch steht noch der WM-Riesentorlauf an und danach kommen noch einige Weltcuprennen, ganz viel Training und wenig bis gar nicht feiern. Nur mit meiner Lebensgefährtin Lisa und im engsten Kreis meiner Liebsten wird angestoßen.