Bildschirmzeit: Wie Kinder mit Minecraft programmieren lernen

In vielen Familien ist es ein Streitthema: Wie viel Fernsehen, wie viele Videospiele sind erlaubt? Kein Problem, wenn die Screentime zugleich Lernzeit ist.

Die Zeit vor dem Bildschirm ist besonders sinnvoll, wenn das Kind etwas lernt.
Die Zeit vor dem Bildschirm ist besonders sinnvoll, wenn das Kind etwas lernt.Roshanak Amini für Berliner Zeitung am Wochenende/Bilder: imago

Für viele Eltern ist die Frage, wie viel Zeit die Kinder vor Fernseher, Handy und Tablet verbringen, schwer zu beantworten. Die Angst, das Kind könne verdummen, ist groß. Und tatsächlich ist die Berieselung durch YouTube und Co. meistens weniger förderlich als das freie Spiel.

Beim Spielen im Sand, mit Puppen und Autos, beim Klettern und Rennen werden Kinder kreativ, es werden neue Hirnverbindungen geknüpft. Es ist ein echter Booster für die kindliche Entwicklung, sowohl psychisch als auch körperlich.

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Zur Wahrheit gehört aber auch, dass viele Eltern aufgrund von Alltagszwängen manchmal gar nicht anders können, als die Bildschirmzeit gezielt einzusetzen, um wenigstens einmal in Ruhe die Einkaufsliste zu schreiben oder Staub zu wischen.

Und auch wenn Fachleute davor warnen, digitale Medien als Babysitter zu nutzen, so ist es doch – absichtlich oder nicht – Alltag in den meisten Familien.

Natürlich gibt es Inhalte, die besser sind als andere, wo die Kinder etwas lernen. Und je älter ein Kind ist, desto wichtiger ist es letztlich auch, den Umgang mit Smartphone und Tablet zu üben.

„Es ist ein Unterschied, ob man einfach nur durchs Netz scrollt oder am Bildschirm selbst etwas gestaltet“, sagt Amanda Maiwald. Aus ihrer eigenen Schulzeit und durch ihre Arbeit weiß die 31-Jährige, dass der Computerunterricht an Schulen vielfach zu kurz kommt. „Und dabei ist der Umgang mit Computer, Tablet und Handy eine Schlüsselqualifikation, heute und vor allem in Zukunft.“

Amanda Maiwald
Amanda MaiwaldComplori

Deshalb hat die gebürtige Tempelhoferin eine Firma gegründet, die Kindern spielerisch das Programmieren beibringt: Bei Complori können Kinder zwischen 7 und 16 Jahren den Umgang mit Programmiersprachen lernen, zum Beispiel anhand des beliebten Spiels Minecraft.

Complori wurde vor drei Jahren gegründet. Es ist eine Wortzusammensetzung aus Computer und Plumplori, eine im südostasiatischen Regenwald lebende Halbaffenart.

Das Dschungelthema wählten Amanda Maiwald und ihr Mitgründer, weil die Welt des Programmierens von außen zwar wie ein Dschungel anmutet, in Wahrheit aber voller Facetten, Leben und Möglichkeiten steckt.

Das Unternehmen bietet eine digitale Lernplattform mit fortlaufenden Programmierkursen, aber ebenso spezielle Ferienworkshops an.

Auch kostenlose Schnupperstunden kann man mehrmals pro Woche buchen; je nach Alter sind es täglich drei Nachmittagstermine. Alles, was man dafür braucht, sind ein Computer oder Tablet mit Tastatur, gegebenenfalls eine Maus, schnelles Internet sowie die Software, also beispielsweise Minecraft.

Programmieren lernen mit Minecraft

Mit Minecraft kann man sich virtuell ganze Städte bauen: Bauernhöfe, Bibliotheken, Türme, Badebecken, Türen, Fenster, Beleuchtung. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Das Bett neben dem Schweinestall, die Bücherwand bei den Wasserschildkröten? Kein Problem.

Die Darstellung ist grobpixelig und relativ abstrakt, macht Kindern aber stundenlang Spaß. Dass sie sich so ewig damit beschäftigen, liegt unter anderen daran, dass sie Stein auf Stein setzen müssen, per Fingerzeig ein Fenster einmontieren, Wege pflastern und alles genau definieren müssen.

„In unseren Kursen zeigen wir den Kindern beispielsweise, wie man das Programmierkonzept der Schleife nutzt, um in Minecraft noch bessere Welten zu bauen“, sagt Maiwald. „Das heißt, sie lernen zunächst den Befehl, ein Haus zu bauen. Und dieses soll dann mehrfach in exakt der gleichen Weise gebaut werden.“

Dadurch haben die Kinder ein sehr schnelles Erfolgserlebnis. Und das macht Lust auf mehr. Das Programmieren ist bei Complori und auch anderen Anbietern wie die Berlitz Digital School Berlin, Code it oder Hacker School kein stumpfes Pauken, sondern eine lebensnahe Vermittlung von Fähigkeiten. Selbst die Sendung mit der Maus bietet kleine Programmiereinheiten an.

Diese können immer weiter ausgebaut werden, sodass Kinder tatsächlich eine Programmiersprache lernen, die sie später auch auf anderen Gebieten anwenden können. Zwei Fliegen mit einer Klappe, wenn man so will: Das Kind lernt mit ganz viel Spaß an der Freude.

Wochenseminare, Ferienkurse: Kinder lernen am Computer

„Bei unseren fortlaufenden Seminaren ist es so, dass alle auch die Kamera an haben. Dadurch entsteht ein echtes Gruppengefühl“, erklärt die Complori-Chefin. Die wöchentlich stattfindenden Kurse dauern jeweils eine Stunde und kosten ab 67 Euro pro Monat.

Sie laufen über mindestens drei Monate, „weil die Seminare als Lernprodukt konzipiert sind“, sagt die Berlinerin. „Wir haben moderne Didaktik-Konzepte in unsere Kurse integriert.“

Kompakte Ferienkurse kosten 139 Euro, finden dann über eine Woche täglich jeweils eine Stunde lang statt. Man kann alters- und interessengerecht auswählen. In der Regel sind die Gruppen altersmäßig gestaffelt und klein (max. zehn Kinder; bei anderen Anbietern bis zu zwölf).

Um an Programmierkursen – egal, bei welchem Anbieter – teilnehmen zu können, brauchen Kinder normalerweise keine Vorkenntnisse. Es gibt verschiedene Niveaus, sodass auch Anfängerinnen und Anfänger starten können. „Das Aha-Erlebnis kommt sehr schnell“, weiß Maiwald.

Das Schöne sei, dass die „Kinder nicht nur konsumieren, sondern gestalten“, sagt die Digital-Fachfrau. „Und deswegen ist das Programmieren auch keine böse Screen time, wenn man so will, sondern tatsächlich das Erlernen einer Fähigkeit, die später im Leben wichtig wird.“ Immerhin seien „die Kinder von heute die Gestalter der digitalen Zukunft“.

Am Anfang sollte ein Elternteil bei den Kleineren dabei sitzen, um bei Unsicherheiten helfen zu können. Aber nach einer oder zwei Stunden kann das Kind selbstständig mit den anderen Kursteilnehmenden lernen und spielen.

Angeleitet werden die digitalen Live-Seminare von Fachkräften; es wird miteinander kommuniziert und gelacht, Fragen werden besprochen, Lösungen gesucht.

Für ältere Kinder gibt es – abhängig vom Anbieter – auch die Möglichkeit, eigene Spiele zu designen, Webseiten zu erstellen, an Apps zu basteln. Wer hier aus seiner Minecraft-Zeit schon Wissen und Fertigkeiten mitbringt, kommt umso schneller rein ins neue Interessengebiet.

Vielleicht ist so auch der Grundstein für die spätere Karriere gelegt. Und wenn nicht, so ist es doch ein schönes, überaus kreatives Hobby – im Übrigen eines, für das Eltern ihre Kinder nicht durch die Gegend kutschieren müssen.