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Von „Kafka“ bis „3 Body Problem“ – 7 Serien, die Sie über Ostern unbedingt sehen müssen

Joel Basman in „Kafka“ Joel Basman in „Kafka“
Schöner scheitern mit „Kafka“
Quelle: NDR/Superfilm
Feiertage mit oder ohne Familie können schnell hektisch oder langweilig werden. Wir haben sieben Serien gesammelt, in die man sich wunderbar zurückziehen kann – darunter auch die vielleicht beste deutsche Serie seit „Dark“.

Das noch relativ junge Jahr hat schon einiges an neuen Serien zu bieten. Da das Durchwühlen von Mediatheken und Streamingdiensten jedoch mühsam sein kann, haben wir eine kleine Vorauswahl für Sie getroffen – egal, ob Sie es besinnlich oder blutig mögen. Unter anderem mit der Adaption eines der interessantesten Science-Fiction-Romane und der passenden Begleitung zum Kafka-Jahr.

„Kafka“ (ARD)

Jemand musste Franz K. verfilmt haben – und dann auch noch fürs Erste Deutsche Fernsehen, das ja selbst berüchtigt ist für seine kafkaesken Behördenstrukturen! Aber die sechsteilige Mini-Serie „Kafka“ (frei in der ARD-Mediathek verfügbar) ist ein phantastisches Labyrinth, durch das der Zuschauer ebenso neugierig, atemlos und staunend irrt wie die Hauptfigur, die Joel Basman so rätselhaft-frisch spielt, als wäre Franz Kafka ein buchstäblich unbeschriebenes Blatt – befreit vom tragischen Kitsch, welcher die Figur inzwischen wie ein Nebel umhüllt.

Der Schriftsteller und Drehbuchautor Daniel Kehlmann und der Regisseur David Schalko haben ein Entertainment-Kunstwerk geschaffen, das mit dem üblichen deutschen Fernsehrealismus nichts zu tun hat: eine wilde Mischung aus frühem Kino und poppiger Postkartenästhetik, expressionistischem Kammerspiel und surrealistischer Fantasy. Jeder Handlungsstrang sucht sich seine eigene Erzählperspektive – von der Jungmännerfreundschaft zwischen Max Brod und Franz Kafka, einer späthabsburgischen „Bromance“ zwischen Bordell und Beamtenjob, über die düsteren, aber auch slapstickhaft witzigen Familienszenen im Hause Kafka (überragt von Nicholas Ofczarek als titanisch am Esstisch thronendem Vater) bis zur sonnendurchfluteten, aber hochkomplizierten Liebesgeschichte mit Milena (Liv Lisa Fries), die einen Hauch von „Babylon Wien“ in die Serie bringt und die fast schon irrwitzige Modernität der Beziehungsdiskurse der Zwanzigerjahre vorführt.

Max Brod (David Kross) und Franz Kafka (Joel Basman)
Enge Freunde: Max Brod (David Kross) und Franz Kafka (Joel Basman)
Quelle: NDR/Superfilm

Auch Kafka selbst wirkt mit seinen täglichen Workout-Routinen, zwanghaften Ernährung-Ticks und ausgeprägten Work-Life-Schwierigkeiten wie ein um hundert Jahre zu früh gekommener Hipster-Nerd mit Asperger-Symptomatik. War ausgerechnet Kafka – dieser Profi des Unglücks, der ein fast absichtsvoll unvollendetes Werk hinterließ – ein Selbstoptimierer? „Stolpern, das kann ich“, sagt er nicht ohne Stolz, als er als neu eingesetzter Geschäftsführer die väterliche Firma betritt und dabei tatsächlich sehr ungeschickt stolpert. Der Satz aus einem Brief an Felice Bauer, der wie viele Originalzitate erratisch und schön in die Bilderwelt dieser Serie ragt, bringt Kafkas paradoxe und unerreichte Meisterschaft auf den Begriff. Man will gar nicht aufhören, ihm in dieser Serie beim Scheitern zuzuschauen. Andreas Rosenfelder

„3 Body Problem“ (Netflix)

Science-Fiction-Serien, die sich mit philosophischen oder gar theologischen Welträtseln herumplagen, aber gleichzeitig auf große Bilder setzen, gibt es nicht viele. „Devs“ (2020) von Alex Garland fällt einem da ein, dieses langsam und stringent erzählte Meisterwerk über die Gigantomanie des Silicon Valley bezüglich Künstlicher Intelligenz. Nun zieht Netflix mit „3 Body Problem“ nach, einer Verfilmung der „Trisolaris“-Bestseller von Liu Cixin (wobei Liu, wie im Chinesischen üblich, der Nachname ist) durch die Macher von „Games of Thrones“. Definiere Erfolgsrezept, sagt diese Kombination.

Der erste Eindruck weiß zu gefallen: „3 Body Problem“ setzt in den acht Folgen auf eine Bilderwucht, die unter den Serien ihresgleichen sucht. Es entwickelt sich ein unter die Haut gehender Mystery-Thriller, der von der chinesischen Kulturrevolution unter Mao Tse-tung bis ins Großbritannien der Gegenwart reicht. Im Vergleich zur Buchvorlage ist einiges hinzufantasiert und für das Netflix-Publikum aus China Richtung Westen verlegt worden, nicht immer zum Besten der auf die Dauer etwas schwächelnden Erzählung. Wer es pur und vorlagentreuer mag, sollte mit der chinesischen Verfilmung „Three-Body“ (2023) vorliebnehmen, die sich mit ganzen 30 Folgen mehr erzählerischen Spielraum erlaubt und sich auch in Sachen Bildgewalt nicht verstecken muss.

In „3 Body Problem“ fiebert man mit der Menschheit mit. Wird sie noch die Kurve kriegen? Oder gerät alles, wie die Naturgesetze selbst, außer Kontrolle? Am Ende heißt es: Fortschritt oder Barbarei. Mit welchen planetaren oder galaktischen Katastrophen die Erdenbewohner es dabei zu tun bekommen, soll hier gar nicht weiter verraten werden. Ein Osterwunder wird die Menschheit jedenfalls nicht retten, das kann sie nur selber tun. Guter Stoff für die Feiertage. Jakob Hayner

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„The Gentlemen“ (Netflix)

Erben ist eine schwierige Sache. Es kann Segen und Fluch sein. Jemand fühlt sich ungerecht behandelt, ein anderer hat Schuldgefühle wegen seiner komplizierten Beziehung zum Verstorbenen. Für den Soldaten Eddie Halstead ist es noch verworrener. Er erbt nicht nur das große Anwesen seiner adligen Familie in England, sondern eine Haschischplantage samt Eintritt in die Gangsterwelt gleich mit. Eddie wehrt sich gegen seine neue Rolle, doch merkt bald, dass er ein sehr begabter Krimineller ist.

Guy Ritchie ist mit „The Gentlemen“ etwas zwischen „Glass Onion“ und „Peaky Blinders“ gelungen – samt Hommage an „Breaking Bad“, denn Giancarlo Esposito spielt auch hier eine zwielichtige Figur. So kann man sich in der heimeligen Atmosphäre eines Schlosses inmitten der englischen Landschaft erholen, mit Kaminfeuer und Nachmittags-Tee, bevor es dann wieder absurd und brutal wird. Der dunkle Humor sowie die verlässlichen Cliffhanger nach jeder Folge machen die Serie zum perfekten Binge-Watching für die Ostertage. Lena Karger

„True Detective: Night Country“ (Sky/Wow)

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Nomen est omen, auch wenn in diesem Fall eine gehörige Portion Frechheit dazugehörte: 2014 schrieb Nic Pizzolatto, damals ein relativer Serienneuling, eine Krimiserie, die so hieß und ihrem Namen tatsächlich gerecht wurde: „Hochamt des TV-Thrillers“ hat sie ein Kollege neulich genannt. Pizzolatto schrieb auch die (ordentlichen) Staffeln zwei und drei, Staffel vier aber hat HBO in die Hände von Issa López gelegt – eine gute Wahl, wie sich herausstellte.

Jodie Foster als schlechtgelaunte Liz Danvers
Jodie Foster als schlechtgelaunte Liz Danvers
Quelle: Warner

Denn „True Detective: Night Country“ knüpft nicht nur inhaltlich an den ersten Fall an, Staffel vier kann es auch atmosphärisch mit ihr aufnehmen – vielleicht gerade, weil das eiskalte Alaska („gespielt“ übrigens von Island) die schwülheißen Südstaaten ersetzt. Außerdem zu sehen: Eine fantastische und fantastisch schlechtgelaunte Jodie Foster. Wieland Freund

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„Nach dem Attentat“ (Apple)

Seit dem 6. Januar 2021 erzählt sich jede Verschwörung gegen Amerika anders, und so auch diese, die tatsächlich an einem Karfreitag ihren Ausgang nimmt. Am Karfreitag des Jahres 1865 nämlich wurde Präsident Abraham Lincoln in seiner Loge im Ford’s Theater in Washington von einem Attentäter tödlich verwundet – Lincoln starb am Morgen darauf. Der Schütze, ein Schauspieler namens John Wilkes Booth, aber war entkommen – nach einem Mord vor vollem Haus und einem Sprung, bei dem er sich obendrein das Bein gebrochen hatte.

Monica Beletskys True-Crime-Historienserie setzt mit diesem unerhörten Ereignis ein – und weitet die Verschwörung Folge für Folge. Tatsächlich ist hier in düsterbraunen Bildern weit mehr als bloß eine Verbrecherjagd zu sehen. Leider liefert AppleTV+ den nötigen Nachschub nur einmal pro Woche, vier Folgen aber gibt es pünktlich zum Karfreitag schon zu sehen. Wieland Freund

„Oderbruch“ (ARD)

Der Osten ist am wildesten an seiner Ostgrenze. Im Oderbruch, in manchen Gegenden zumindest, sind die Eingeborenen noch unter sich. Allerdings nur so lange, bis die Leichen, die man dort im Keller hat, ans Licht kommen. In „Oderbruch“, der Serie, türmen sie sich eines Morgens im Morast zu einem Hügel, höher als der Oderdeich. Jetzt fallen sie in Krewlow ein, die Fremden aus den Städten, von der Bundespolizei, vom Landeskriminalamt und von anderen, anonymen staatlichen Organen, die im Ort so misstrauisch beäugt werden wie jeder, der die trügerische Ruhe stört.

Einer kehrt heim: Roland, der Polizist, hatte das Dorf verlassen, als er jung war, weil ihm bereits damals vieles nicht geheuer war, vielleicht aber auch, weil ihm Krewlow einfach nur zu klein war. Als Vertrauensmann aus der Region soll Roland (Felix Kramer als gebürtiger Ost-Berliner) den verstockten Ostlern ihre finsteren Geheimnisse entlocken.

TV-Ausblick ARD - «Oderbruch»
Machen einen schaurigen Fund: Haskel (Leonard Kunz) und Sebastian (Sebastian Urzendowsky)
Quelle: picture alliance/dpa/CBS Studios/Syrreal Dogs GmbH/ARD Degeto/Stefan Erhard

Es ist alles da, was man im wilden Osten sehen möchte: Kriegstote aus den epischen Schlachten mit den Russen um Berlin, viel weites Land zu unschlagbaren Preisen, Oldtimer mit Zweitaktantrieb und originale Ostdeutsche. Dafür wurde die alte Defa-Garde aufgefahren: Winfried Glatzeder („Die Legende von Paul und Paula“), Volkmar Kleinert („Zeit der Störche“), André Hennicke („Junge Leute in der Stadt“). Sogar Bettina Wegner spielt mit, die Liedermacherin und Lyrikerin („Kinder (Sind so kleine Hände)“).

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In der achtteiligen Serie weitet sich der Osten über Polen bis nach Transsilvanien (Siebenbürgen). Dass die ARD in ihrer Serie für ihre Mediathek den Mythos der Vampire neu belebt, ist nicht zu viel verraten. Der Vampir war, wie der Werwolf und der Zombie, immer ein Symbol für irgendwas. In „Oderbruch“ steht er für eine dunkle Macht im Osten, was auch immer das bedeuten soll.

Jedenfalls wird über den deutschen Osten gerade mehr geredet als in den vergangenen dreißig Jahren. Deswegen ist er noch längst nicht auserzählt. Nicht nur wer sich mit dem Gedanken trägt, nach Brandenburg aufs Land zu ziehen, sollte „Oderbruch“, die vielleicht beste deutsche Serie seit „Dark“, gesehen haben. Michael Pilz

„Expats“ (Amazon Prime)

Es dauert nur eine Sekunde, um das Leben aus der Spur zu werfen. Mercy schaut auf ihr Handy, um eine Nachricht zu lesen, währenddessen verschwindet der Junge, auf den sie achtgeben soll, gerade war er noch da, jetzt hat ihn die Erde verschluckt. Sechs Folgen lang sieht man in „Expats“ dem Unglück dabei zu, wie es sich immer weiter ausbreitet und immer tiefer in die Seelen frisst: Ehen, Freundschaften, Zukunftspläne zerbrechen, ganz nebenbei auch die Illusion der höheren Stände, es könne zwischen den Klassen so etwas wie Frieden und Familiarität geben.

Lulu Wangs Serie über die Schicksale dreier Amerikanerinnen in Hongkong (zwei von ihnen sind sehr reich und sehr privilegiert) ist das Gegenteil von Wohlfühl-Fernsehen. Doch wer sich auf sie einlässt, fühlt sich dennoch beglückt: weil man drei großartigen Schauspielerinnen zusieht, weil man merkt, dass Nicole Kidmans Gesicht in Großaufnahme aufregender ist als jede noch so luxuriöse Kulisse, in die man sie stellt. Und weil man lernt, dass das größte Unglück im Leben darin besteht, keine Aufgabe und keine Hoffnung zu haben – eine Botschaft, die gut zu Ostern passt. Peter Praschl

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